Die sog. Anti-Terror-Verordnungen der Europäischen Union (EU) untersagen umfassend Geschäftskontakte zu terrorverdächtigen Personen und Organisationen. Auch Mitarbeiter können in den Anti-Terror-Verordnungen gelistet sein. Darf bzw. muss der Arbeitgeber daher die Daten seiner Mitarbeiter mit den Daten der in den Anti-Terror-Verordnungen gelisteten Personen abgleichen? Wie ist aus Arbeitgebersicht auf einen „Treffer“ beim Screening zu reagieren?
Arbeitsrecht in der Pflicht zur Terrorabwehr?
Die Einhaltung der Anti-Terror-Verordnungen 2580/2001 EG, 881/2002 EG und 753/2011 EG ist für alle Arbeitgeber in Deutschland verpflichtend. Dabei richten sich die Verordnungen nicht nur an exportierende, sondern an alle in der EU tätigen Unternehmen. Verboten ist jede Art der Bereitstellung von finanziellen Mitteln oder wirtschaftlichen Ressourcen an die von den Verordnungen erfassten Personen und Vereinigungen (sog. „Bereitstellungsverbot“). Damit sind auch Gehaltszahlungen an Mitarbeiter, die in den Anti-Terror-Verordnungen gelistet sind, unzulässig. Ob es sich um Angestellte, Arbeiter, freie Mitarbeiter, Werksstudenten oder Praktikanten handelt, spielt keine Rolle. De facto resultiert hieraus ein Beschäftigungsverbot gelisteter Mitarbeiter, das den Arbeitgeber zu einer personenbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigten kann. Bei Verstößen gegen die Anti-Terror-Verordnungen drohen den Unternehmen und den verantwortlich handelnden Personen erhebliche – auch strafrechtliche – Konsequenzen. Der Nachweis eines regelmäßigen Screenings ist schließlich erforderlich, um den Status als „Zugelassener Wirtschaftsbeteiligter“ (Authorized Economic Operator – AEO) und damit zollrechtliche Erleichterungen zu erlangen. Arbeitgeber müssen daher die Daten ihrer Mitarbeiter mit denen der gelisteten Personen abgleichen. Ein solches Screening sollte mindestens einmal jährlich durchgeführt werden. Das Screening ist nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zulässig.
Bereitstellungsverbot
Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter, der in einer der Anti-Terrorlisten aufgeführt ist, sind sämtliche Zahlungen an den Mitarbeiter untersagt. Dies betrifft neben der Gewährung des Grundgehalts auch variable Vergütungsbestandteile wie Boni oder sonstige geldwerte Vorteile (z. B. Dienstwagen). Ausnahmen von dem Bereitstellungsverbot bedürfen einer Genehmigung, die u. a. dann erteilt werden kann, wenn die Vermögenswerte für bestimmte Grundausgaben wie die Bezahlung von Nahrungsmitteln, Miete, Medikamenten oder für öffentliche Versorgungsleistungen notwendig sind. Eine Genehmigung kann in Deutschland bei Geldern allein durch die Deutsche Bundesbank und hinsichtlich wirtschaftlicher Ressourcen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erfolgen.
Beschäftigungsverbot
Ein in Unkenntnis der Erwähnung eines Mitarbeiters auf den Anti-Terrorlisten abgeschlossener Arbeitsvertrag ist nicht gemäß § 134 BGB nichtig, sondern unter Beachtung der allgemeinen Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes kündbar. Zwar ist die Entgegennahme der Arbeitsleistung von Terrorverdächtigen nicht per se verboten. Da sie allerdings die Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Vergütung nach sich ziehen würde, wirken die Bereitstellungsverbote der Verordnungen de facto wie ein allgemeines Beschäftigungsverbot. Insofern ist es gerechtfertigt, die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze heranzuziehen und dem Arbeitgeber ein Kündigungsrecht einzuräumen.
Konsequenzen von Verstößen
Vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen die Bereitstellungsverbote der Verordnungen werden mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, § 18 Abs. 1 Nr. 1 a Außenwirtschaftsgesetz. Eine außenwirtschaftliche, d. h. grenzüberschreitende Tätigkeit ist nicht erforderlich. Daneben drohen dem Unternehmensinhaber bzw. den vertretungsberechtigten Organen Geldbußen wegen des Unterlassens erforderlicher Aufsichtsmaßnahmen, die im Fall vorsätzlichen Handelns bis zu 1 Mio. € und bei Fahrlässigkeit bis zu 500.000 € betragen können. Auch kann die Missachtung der Anti-Terror-Verordnungen zu einer Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit und einem Eintrag in das Gewerbezentralregister führen. Schließlich sind Image- und damit verbundene Kundenverluste nicht auszuschließen.
Form und Inhalt des Datenabgleichs
Um Verstöße gegen das Bereitstellungsverbot zu vermeiden, bleibt dem Arbeitgeber letztlich nur die Durchführung eines regelmäßigen Personaldatenabgleichs mit den Terrorlisten. Nur so kann verhindert werden, dass einem auf einer Terrorliste vermerkten Mitarbeiter Entgelt ausgezahlt wird. Zur Frequenz des Datenabgleichs enthalten die Verordnungen keine Vorgaben. Als Richtschnur wird man sich an der Dienstvorschrift „Zugelassener Wirtschaftsbeteiligter – AEO“ des Bundesfinanzministeriums orientieren können, die es für die Gewährung des Status als AEO ausreichen lässt, wenn eine Überprüfung mindestens einmal im Jahr erfolgt. In sicherheitsrelevanten Bereichen, z. B. im Kriegsschiffbau, sowie bei erhöhter Risikolage kann – unter Berücksichtigung von Größe, Art und Struktur des Unternehmens – allerdings auch eine abweichende Prüffrequenz geboten sein. Der Praxis stehen Computerprogramme zur Verfügung, die einen automatisierten Abgleich der Mitarbeiterdaten mit den Anti-Terrorlisten der EU durchführen. Ebenso zulässig ist eine manuelle Überprüfung, wenngleich dies allenfalls in kleineren Unternehmen praktikabel sein dürfte.
Datenschutz
Der Datenabgleich ist mit dem Bundesdatenschutzgesetz vereinbar. Nach § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben werden, wenn dies für die Begründung oder die Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Aufgrund der aus den Anti-Terror-Verordnungen folgenden Verpflichtung zur Überprüfung der Mitarbeiter ist der Datenabgleich erforderlich, um den Mitarbeiter überhaupt bezahlen zu können. Damit ist das Screening auch im Sinne des § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG erforderlich.
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Zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Abgleichs sowie den hieraus resultierenden Anforderungen und Problemen siehe auch der Folgebeitrag „Datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Terrorlisten-Screenings“ von Bröckner.
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