Angesichts der wachsenden Zahlen von Flüchtlingen stellt sich für Arbeitgeber die Frage, unter welchen Voraussetzungen sie Flüchtlinge in Deutschland rechtmäßig beschäftigen können. Die anwendbaren Vorschriften sind oft unübersichtlich; zudem gab es in den letzten Jahren mehrmals Änderungen, zuletzt durch das zum 24.10.2015 in Kraft getretene Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz. Dieser Beitrag soll Arbeitgebern einen aktuellen Überblick über die Anforderungen an die rechtmäßige Beschäftigung von Flüchtlingen in Deutschland geben.
Bedeutung des Aufenthaltsstatus für die Aufnahme einer Beschäftigung
Die Voraussetzungen für die rechtmäßige Beschäftigung von Flüchtlingen hängen maßgeblich vom jeweiligen Aufenthaltsstatus eines Flüchtlings ab. Ab Stellung des Asylantrags ist ein Flüchtling Asylbewerber und erhält bis zum Abschluss des Asylverfahrens eine Aufenthaltsgestattung. Während der ersten drei Monate der Aufenthaltsgestattung ist eine Erwerbstätigkeit generell ausgeschlossen. Abgesehen von dieser dreimonatigen Wartezeit ist es einem Asylbewerber zudem untersagt, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, solange er noch in einer Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge wohnt. Danach kann Asylbewerbern mit einer Aufenthaltsgestattung die Ausübung einer Beschäftigung in Deutschland von der örtlich zuständigen Ausländerbehörde erlaubt werden. Dies gilt auch für Asylbewerber, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber dennoch nicht abgeschoben werden dürfen, weil sie eine „Bescheinigung für die Aussetzung einer Abschiebung“ (Duldung) erhalten haben. Sobald ein Flüchtling hingegen als Asylberechtigter anerkannt worden ist, erhält er einen Aufenthaltstitel für die Dauer von einem bis zu drei Jahren, der grundsätzlich während der Aufenthaltsdauer uneingeschränkt zur Beschäftigung berechtigt.
Grundsatz der Erlaubnispflicht
Ausländer ohne gültigen Aufenthaltstitel unterliegen in Deutschland nach § 4 Abs. 2, Abs. 3 AufenthG einem Beschäftigungsverbot. Abweichend hiervon kann die Ausländerbehörde einem Asylbewerber/Geduldeten gem. § 61 Abs. 2 S. 1 AsylG eine Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung erteilen. Erlaubnispflichtig sind nur Beschäftigungen im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV. Hierunter fallen in der Regel auch Praktika und Probeschäftigungen. Reine Hospitationen, bei denen der Hospitant nicht in die betrieblichen Abläufe eingebunden wird, sind dagegen keine sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungen und ohne Erlaubnis zulässig.
Dreimonatige Wartezeit/Beschäftigungsausschluss
Eine Beschäftigungserlaubnis kann erst erteilt werden, wenn der Asylbewerber/Geduldete sich seit drei Monaten ununterbrochen in Deutschland aufgehalten hat. Überdies ist zu beachten, dass Asylbewerber nach § 61 Abs. 1 AsylG nicht erwerbstätig sein dürfen, solange sie in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen. Dies gilt auch, wenn die dreimonatige Wartezeit bereits überschritten ist. Zu beachten ist ferner, dass Asylbewerber/Geduldete aus sicheren Herkunftsstaaten (aktuell: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal, Serbien), die nach dem 31.08.2015 einen Asylantrag gestellt haben, generell nicht in Deutschland arbeiten dürfen, § 61 Abs. 2 S. 4 AsylG, § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG.
Beschäftigung als Leiharbeitnehmer
Nach dem Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes ist die Beschäftigung von Asylbewerbern/Geduldeten als Leiharbeitnehmer während der ersten vier Jahre des Aufenthalts in Deutschland nicht mehr generell ausgeschlossen. Die Ausländerbehörde kann Asylbewerbern/Geduldeten nunmehr die Beschäftigung als Leiharbeitnehmer erlauben, wenn der Ausländer sich seit 15 Monaten ununterbrochen erlaubt, gestattet oder geduldet in Deutschland aufhält oder ggf. früher, wenn er in einem Mangelberuf (z. B. Ingenieure, IT-Berufe) tätig werden soll.
Verfahren bei der Ausländerbehörde/Bundesagentur für Arbeit (BA)
Asylbewerber/Geduldete müssen die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde beantragen. Die Erteilung der Erlaubnis steht im Ermessen der Ausländerbehörde; ein Anspruch auf die Erlaubnis besteht nicht. In der Regel muss die Ausländerbehörde die Zustimmung der BA einholen, es sei denn dies ist ausnahmsweise entbehrlich, so bei Berufsausbildungen oder hochqualifizierten Beschäftigungen i. S. v. § 19a AufenthG. Das Zustimmungserfordernis entfällt gem. § 32 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 Nr. 5 BeschV auch, sobald ein Ausländer sich seit vier Jahren rechtmäßig in Deutschland aufgehalten hat. Falls die Zustimmung der BA erforderlich ist, wird diese erteilt, wenn der Arbeitgeber den Asylbewerber/Geduldeten nicht zu ungünstigeren Bedingungen beschäftigen wird als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer und wenn keine bevorrechtigten Arbeitnehmer mit deutscher Staatsangehörigkeit oder mit der Staatsangehörigkeit eines EU-Staats am Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen (Vorrangprüfung). Die Vorrangprüfung entfällt, sobald sich ein Asylbewerber/Geduldeter seit 15 Monaten ununterbrochen rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhält sowie stets bei Beschäftigungen in Mangelberufen.
Praxisempfehlung
Arbeitgeber sollten Flüchtlinge vor ihrer Einstellung stets auffordern, ihren Aufenthaltsstatus durch Vorlage des entsprechenden Dokuments – Aufenthaltstitel/ Aufenthaltsgestattung/Duldung – nachzuweisen. Sofern ein Flüchtling keinen Aufenthaltstitel als Asylberechtigter hat und die Aufnahme einer Beschäftigung begehrt, muss der Arbeitgeber darauf hinwirken, dass der Asylbewerber/Geduldete eine Erlaubnis bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde beantragt. Beim Einsatz von Flüchtlingen als Leiharbeitnehmer sollten Entleiher Verleiher auffordern, den aufenthaltsrechtlichen Status zu klären und das Vorliegen einer gültigen Arbeitserlaubnis für jeden Flüchtling sicherzustellen.
Weitere Hinweise zum Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für Flüchtlinge finden sich auf den Websites des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.
Sehr geehrte Frau Dr. Husmann,
wie verhält es sich bei Praktikumsanfragen? Wir haben die Anfrage nach einem 4-wöchigen Praktikum, da ein Syrer in seiner Heimat ein IT-Studium begonnen/absolviert hat und später in der IT-Branche arbeiten möchte.
Sehr geehrte Frau Altmann,
vielen Dank für Ihre Frage zu unserem Blog-Beitrag hinsichtlich der Beschäftigung von Flüchtlingen, die wir gerne hier (sowie ergänzend und vertiefend per e-Mail) beantworten.
Auch Praktika von Asylbewerbern (und Geduldeten) bedürfen der Erlaubnis durch die örtlich zuständige Ausländerbehörde, da sie regelmäßig ein Mindestmaß an Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers erfordern. Es handelt sich daher bei einem Praktikum grundsätzlich um ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 SGB IV und damit auch um eine Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs. 2 AufenthG. Eine reine Hospitation, bei der der Hospitant nicht in die betrieblichen Abläufe eingebunden wird, wäre hingegen erlaubnisfrei möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Team von Arbeitsrecht. Weltweit.