Selbst die besten präventiven Mechanismen bei der Einstellung von Arbeitnehmern können häufig nicht verhindern, dass es später begründeten Anlass zur Unzufriedenheit mit der Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers gibt. Dann lautet die Frage des Arbeitgebers häufig nur: Kündigung oder „Gewährenlassen“ des Low Performers? Eine dritte Option wird häufig außer Acht gelassen. Auch die Gestaltung der Vergütung bietet Mittel, um eine Low Performance zu verhindern oder jedenfalls adäquat darauf zu reagieren.
Gestaltungsoptionen
Der Arbeitgeber kann proaktiv sein Vergütungssystem so gestalten, dass Leistung (oder deren Fehlen) die Vergütungshöhe (mit) bestimmt. Auf diese Weise kann in Low Performance-Fällen automatisch oder jedenfalls durch die Ausübung von Gestaltungsrechten die Vergütung reduziert werden.
In der Praxis häufiger ist aber noch der Fall, dass die Vergütungssystematik dem „traditionellen“ Schema aus Grundvergütung und nur geringer Leistungskomponente folgt. Hier stellt sich die Frage, ob und wie der Arbeitgeber dennoch die Vergütung anpassen kann, um Leistung und Gegenleistung (Vergütung) wieder in ein angemessenes Verhältnis zu bringen.
Ursachenforschung: Low Performance ist nicht gleich Low Performance!
Der gut beratene Arbeitgeber wird in Low Performance-Fällen stets Ursachenforschung betreiben. Das wahrgenommene Ergebnis „schlechte Arbeitsleistung“ kann vielfältige Gründe haben: unzureichende Ausstattung des Arbeitsplatzes, fehlende Qualifikationsmaßnahmen des Arbeitgebers oder gar schlechte Mitarbeiterführung. Genauso gut kann aber auch der Mitarbeiter faul, leistungsunwillig oder schlicht ungeeignet für die Tätigkeit sein.
Wenn sich die Betrachtung auf die Person oder das Verhalten des Mitarbeiters verengt, und keine anderen Gründe für die Low Performance ersichtlich sind, bleibt eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch noch immer die ultima ratio, das letzte Mittel. Weniger einschneidend kann eine leistungsgerechte Anpassung der Vergütung sein.
Leistungsorientierte Ausgestaltung der Grundvergütung
Die Grundvergütung kann leistungsorientiert gestaltet werden, wo es eine arbeitswissenschaftlich definierte Normalleistung gibt (siehe etwa Akkord- und Prämienlohnsysteme in der Industrie). Das System stößt jedoch dort an seine Grenzen, wo eine Normalleistung nicht messbar ist, insbesondere im indirekten Bereich (Verwaltung, Supportfunktionen etc.).
Weiter kann Vergütung in gewissen Grenzen freiwillig oder widerruflich ausgestaltet werden. Freiwillige Jahressonderprämien kann der Arbeitgeber beispielsweise mit Wirkung für die Zukunft einstellen. Auch unter Widerrufsvorbehalt gewährte Sonderzahlungen können beendet werden, jedenfalls wenn sie nicht mehr als ca. 25-31% des Entgeltes ausmachen (BAG 13. Mai 1987, 5 AZR 125/86). Voraussetzung ist aber in beiden Fällen ein wirksam vereinbarter Vorbehalt, der den Anforderungen des AGB-Rechts genügt.
Die Probleme sind hier schnell benannt: Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt können nicht wirksam kombiniert werden. Die Regelung muss transparent sein; insbesondere muss klar sein, in welcher Situation welcher Teil der Vergütung nicht mehr gezahlt werden soll. Bloße Schlagworte („Low Performance“) genügen nicht. Sie müssen zumindest durch Beispiele soweit konkretisiert werden, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, wann ihm welcher Teil der Vergütung nicht mehr gezahlt wird.
Gerade bei Fällen der unzureichenden Arbeitsleistung ist es schwierig, sauber zu definieren, ab welchem Grad der Schlecht- oder Minderleistung eine Vergütungskürzung greifen soll.
Leistungsorientierung in Bonussystemen
Wesentliche praktische Bedeutung hat darüber hinaus die Ausgestaltung von Bonussystemen im Unternehmen. „Klassische“ Bonussysteme knüpfen verstärkt an die Ziele übergeordneter Organisationseinheiten (z.B. Teamziele) an, um individuelle Leistungsschwankungen mit aufzufangen.
Soweit nach wie vor individuelle Ziele existieren, werden die „Idealleistungsbereiche“ durch nichtlineare Belohnungskurven, Ober- oder Untergrenzen sowie Rationalisierungsfaktoren definiert. Praktische Probleme in diesem Zusammenhang resultieren regelmäßig aus dem nachvollziehbaren Wunsch der Arbeitgeber nach langfristiger Bindung bei größtmöglicher Flexibilität und der etablierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu (auch) leistungsbezogener variabler Vergütung.
Viele Unternehmen sind daher dazu übergegangen, ihre variablen Vergütungssysteme zu virtualisieren und ihren Mitarbeitern nur virtuelle Credits o.Ä. zu gewähren, die für sich selbst betrachtet noch keinen Vergütungsgegenwert haben, sondern erst nach Ablauf bestimmter Fristen nach einer dann zu bestimmenden Formel in reale Vergütung umgewandelt werden.
Ein wiederum anderer Ansatz ist es, klassische Boni gar nicht mehr zum Einsatz zu bringen und stattdessen on the spot besondere Arbeitsleistungen, Verbesserungsvorschläge oder unternehmerisches Denken nach ihrem Ermessen mit einer einmaligen Sonderzahlung geringeren Umfanges zu belohnen.
Möglichkeiten zur Vergütungsreduzierung im Übrigen?
Wo das Vergütungssystem keine Kürzungsmöglichkeit vorsieht, ist der Arbeitgeber auf die üblichen arbeitsrechtlichen Mittel angewiesen.
Eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen gegen den Arbeitnehmer aufgrund von Low Performance ist denkbar. Sie ist meist aber nicht sinnvoll. Der praktische Anwendungsbereich erstreckt sich z.B. auf Mehrkosten für Nacharbeiten. Auch die Schäden aufgrund verlorener Kundenbeziehungen aufgrund von Leistungsdefiziten eines Mitarbeiters können erstattungsfähig sein. Zumeist wird man mit einer solchen Aufrechnung aber maximal anteilige Schäden ausgleichen können. Der Nachweis eines schuldhaften Pflichtverstoßes, die geltenden Pfändungsfreigrenzen sowie die arbeitsrechtlichen Grundsätze zur Haftungsprivilegierung machen dieses Vorgehen wenig attraktiv.
Damit verbleibt häufig nur die Möglichkeit der Entgeltabsenkung durch Änderungskündigung. Wo tarifliche Regelungen nicht entgegenstehen, kann der Arbeitnehmer auf eine andere (geringer vergütete) Position umgesetzt werden oder seine Vergütung auf der bestehenden Position leistungsgerecht angepasst werden.
Das Bundesarbeitsgericht äußert sich nur sparsam zu Vergütungskürzungen als milderes Mittel zu einer Beendigung. Es hat allerdings klargestellt: Bevor eine Beendingungskündigung gegenüber einem Low Performer ausgesprochen werden kann, muss geprüft werden, ob eine Beschäftigung zu geänderten Vertragsbedingungen, insbesondere auch eine Vergütungsreduzierung, in Betracht kommt (BAG 11. Dezember 2003, 2 AZR 667/02).
Der Eingriff muss auf das erforderliche Maß beschränkt werden. Vorranging dürften leistungsbezogene Vergütungsbestandteile abzuändern sein. In letzter Konsequenz ist aber auch der Grundlohn nicht änderungsfest.
Abgewandelte und gekürzte Fassung eines Beitrages für die Legal Tribune Online.
Mit den Gestaltungsoptionen bei der Einstellung und Beförderung von Mitarbeitern im Hinblick auf Low Performer beschäftigt sich der Beitrag von Dr. Oliver Vollstädt, bereits veröffentlicht auf diesem Blog.