Während das Rauchen am Arbeitsplatz vor einigen Jahren noch durchaus üblich war, sind inzwischen die Gefahren des (Passiv-)Rauchens allgemein bekannt. Der Arbeitgeber muss daher die Räumlichkeiten im Betrieb so einrichten und unterhalten, dass die Arbeitnehmer vor Gesundheitsgefahren geschützt sind. Nach der Arbeitsstättenverordnung muss der Arbeitgeber insbesondere die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die Nichtraucher unter den Arbeitnehmern wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt werden. Soweit erforderlich, hat er hierfür ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen. Dies hat zur Folge, dass in vielen Betrieben vormalige Raucherprivilegien – wie bspw. zusätzliche ggf. sogar bezahlte Raucherpausen – abgeschafft wurden und werden.
Verlassen des Arbeitsplatzes zum Rauchen außerhalb der Pausen verboten
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat nun einen Fall entschieden, in dem ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern verboten hatte, den Arbeitsplatz außerhalb der Frühstücks- und Mittagspause zum Rauchen zu verlassen. In dem Betrieb bestand ein allgemeines Rauchverbot auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung, die durch streitigen Spruch einer Einigungsstelle zustande gekommen war. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf musste sich nun mit einer Weisung des Arbeitgebers auseinandersetzen, die dieser auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung ausgesprochen hatte und mit der den Mitarbeitern das Rauchen außerhalb der Pausen verboten wurde. Der Betriebsrat hatte sich gegen diese Weisung zur Wehr gesetzt. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf bestätigte die Wirksamkeit der Weisung sowohl im einstweiligen Rechtsschutz- als auch im Hauptsacheverfahren (Beschluss im Hauptsacheverfahren vom 19. April 2016 – 14 TaBV 6/16). Dieser Beschluss ist mittlerweile rechtskräftig.
Weder die Betriebsvereinbarung „Rauchverbot“ noch die Anweisung des Arbeitgebers enthielten ein Verbot des Rauchens insgesamt. Der Arbeitgeber und der Betriebsrat stritten über das Verbot, zum Zwecke des Rauchens außerhalb der regelmäßigen Frühstücks- bzw. Mittagspause die Arbeit zu unterbrechen. Ausdrücklich weiterhin erlaubt war es hingegen, während der Frühstücks- und der Mittagspause in gesondert ausgewiesenen Raucherzonen zu rauchen.
Arbeitsvertrag als Rechtsgrundlage für das Verbot
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hielt zunächst fest, dass das Verbot während der Arbeitszeit zusätzliche Raucherpausen einzulegen, nicht aus der im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarung „Rauchverbot“ folge, sondern unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer sei während der Arbeitszeit außerhalb der Pausen verpflichtet, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Deshalb seien sämtliche Verhaltensweisen verboten, welche nicht neben der Arbeit verfolgt werden können. Grundlage für diese Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers sei der Arbeitsvertrag des jeweiligen Arbeitnehmers selbst. In diesem verpflichtet sich der Arbeitnehmer, innerhalb der Arbeitszeiten die vom Arbeitgeber bestimmten Arbeitsleistungen zu erbringen. Damit verzichte der Arbeitnehmer für diesen Zeitraum darauf, seine Handlungen frei bestimmen zu können. Bereits durch die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses werde die allgemeine Handlungsfreiheit der Arbeitnehmer für die Arbeitszeit eingeschränkt. Das Verbot des Rauchens während der Arbeitszeit am Arbeitsplatz ist daher aus Sicht des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf gerechtfertigt. Wenn der Arbeitgeber das Rauchen während der Arbeit am Arbeitsplatz untersagen kann, folge bereits daraus, dass das Rauchen während der Arbeitszeit zu unterlassen ist. Eines weiteren Verbots des Rauchens während der Arbeitszeit bedürfe es an sich nicht. Die Folge sei vielmehr, dass die Arbeitnehmer ihrem Rauchwunsch ausschließlich in den festgelegten Pausen nachgehen können.
Kein Anspruch auf Unterbrechung der Arbeitszeit zum Rauchen
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf führt weiter aus, dass auch kein Anspruch auf Unterbrechung der Arbeitszeit zum Zwecke des Rauchens bestehe. Eine Unterbrechung der Arbeitszeit zum Rauchen sei nicht aus medizinischen Gründen erforderlich. Auch kann eine Raucherpause aus Sicht des Gerichts nicht dem „Gang zur Toilette“ gleichgestellt werden. Zwar unterbricht auch der „Gang zur Toilette“ die Arbeit. Dies sei jedoch einem allenfalls bedingt steuerbarem und aus gesundheitlichen Gründen auch nicht aufschiebbaren menschlichem Grundbedürfnis geschuldet. Das Rauchverhalten könne hingegen in der erforderlichen Weise gesteuert werden. Ein Anspruch auf Unterbrechung der Arbeitszeit außerhalb der gesetzlich, tariflich bzw. betrieblich geregelten Pausen ergibt sich aus Sicht der 14. Kammer auch nicht aus der allgemeinen Handlungsfreiheit der rauchenden Arbeitnehmer. Ein solcher Anspruch bestehe für das Rauchen ebenso wenig, wie für andere private Verhaltensweisen. Der bloße Wunsch, bestimmten Tätigkeiten nachzugehen, deren Ausübung in der Freizeit von der allgemeinen Handlungsfreiheit geschützt ist, begründe keinen Anspruch auf Unterbrechung der vertraglich begründeten und gesetzlich bzw. tariflich geregelten Arbeitszeit über die jeweils festgeschriebenen Unterbrechungen hinaus.
Bewertung und Praxisfolgen
Das Oberverwaltungsgericht NRW hatte bereits mit Beschluss vom 29. März 2010 für den öffentlichen Dienst entschieden, dass der Dienstherr Raucherpausen während der Kernarbeitszeit verbieten kann (Az.: 1 A 812/08). Nun hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit überzeugender Argumentation eine entsprechende Entscheidung auch in der Privatwirtschaft getroffen. Von besonderer Bedeutung ist hier, dass das Landesarbeitsgericht Düsseldorf als Rechtsgrundlage für ein Verbot, den Arbeitsplatz während der Arbeitszeit zum Rauchen zu verlassen, auf den Arbeitsvertrag abstellt. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ist daher auch für Betriebe ohne Betriebsrat relevant.
Zum Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz siehe auch der Beitrag von Christoph Bergwitz, bereits veröffentlicht auf diesem Blog.