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Compliance Sozialplan Umstrukturierung

Der Arbeitgeber als Darlehensgeber – Kreditinstitut wider Willen?

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Kreditinstitut wider Willen

Bei größeren Restrukturierungen mit Standortverlagerungen werden in Sozialplänen regelmäßig Mobilitätsleistungen für Arbeitnehmer vereinbart – die Erstattung von Pendlerkosten, Zuschüsse zu Umzugs- oder Maklerkosten und Ähnliches sind der Regelfall. Anreize zu einem Wechsel an den neuen Arbeitsort werden häufig auch dadurch geschaffen, dass zinsgünstige Arbeitgeberdarlehen an wechselwillige Arbeitnehmer vergeben werden.

Mit diesen kann kurzfristig der Erwerb eines Autos, der Umzug oder auch Wohneigentum am neuen Arbeitsort finanziert werden. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: Neben einigen rechtlichen Stolpersteinen bei der richtigen Gestaltung der Darlehensverträge droht ein strafbewehrter Verstoß gegen das Kreditwesengesetz (KWG). Wird der Arbeitgeber zum Kreditinstitut wider Willen?

Die Erlaubnispflicht nach dem KWG

Die Gewährung von Darlehen an Arbeitnehmer kann ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 1. Var. KWG darstellen. Wer ein solches Bankgeschäft betreiben will, ist ein Kreditinstitut im Sinne des KWG und bedarf daher gemäß § 32 KWG grundsätzlich der vorherigen schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Das Betreiben von Bankgeschäften ohne Erlaubnis stellt eine Straftat dar.

Die Erlaubnispflicht nach KWG setzt voraus, dass die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betrieben werden, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Auch die Vergabe von Arbeitgeberdarlehen, die mit dem eigentlichen Geschäftszweck des Arbeitgebers regelmäßig nichts zu tun haben, kann selbst bei einem vergleichsweise geringen Umfang diese Voraussetzung erfüllen.

Als Schwellenwerte gelten laut entsprechendem Merkblatt der BaFin dabei die Vergabe von mehr als 100 Darlehen oder ein Gesamtdarlehensvolumen von über 500.000,00 € bei mindestens 21 Darlehen. Bei größeren Restrukturierungen kann die Zahl der potentiell anspruchsberechtigen Arbeitnehmer schnell weit über die „magische Grenze“ von 100 hinausgehen.

Ob ein Arbeitgeber im Einzelfall der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG unterliegt, entscheidet in Zweifelsfällen die BaFin in Abstimmung mit der Europäischen Zentralbank (EZB) nach Vorlage der dem Kreditgeschäft zugrundliegenden vertraglichen Vereinbarungen, wie z.b. dem Sozialplan und einem Musterdarlehensvertrag.


Ausnahmen

Arbeitgeberdarlehen werden von der BaFin in ständiger Verwaltungspraxis dann nicht als erlaubnispflichtiges Betreiben des Kreditgeschäfts im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG gewertet, wenn der Arbeitgeber dieses Darlehen dem Arbeitnehmer zur Finanzierung des Erwerbs von Wohnungseigentum gewährt. Es handelt sich um eine gewohnheitsrechtlich anerkannte Ausnahme. Die entsprechende Zweckbindung sollte im Darlehensvertrag sowie in etwaigen Betriebsvereinbarungen bzw. Sozialplänen ausdrücklich festgelegt werden.

Nicht als Darlehen und damit nicht als Kreditgeschäft zählt auch regelmäßig die Gewährung von Vorschüssen. Anders als bei einem Darlehen fehlt es bei einer Vorauszahlung an einer Verzinsung des Betrages und einer ausdrücklichen Rückzahlungsverpflichtung.

Kennzeichnend für ein Darlehen ist zudem, dass der gewährte Betrag das jeweilige Arbeitsentgelt erheblich übersteigt und regelmäßig zu einem Zweck gewährt wird, der mit den normalen Bezügen nicht oder nicht sofort erreicht werden kann. Ein Vorschuss wird hingegen angenommen, wenn der Betrag einen durchschnittlichen Monatslohn des Arbeitnehmers nicht übersteigt.

Fazit

Für die Praxis besteht bei der Vergabe von Darlehen an Arbeitnehmer ein nicht zu unterschätzendes Risiko eines Gesetzesverstoßes. Bei der Gestaltung etwa eines Sozialplans sollte daher bedacht werden, ob wirklich diese Form der Mobilitätsleistung angezeigt ist.

Vor der Vergabe von Arbeitgeberdarlehen in größerem Umfang sollte fachkundiger Rechtsrat eingeholt werden und ggf. vorsorglich ein Antrag auf Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften bei der BaFin gestellt werden.

Um einen Verstoß gegen das KWG zu vermeiden, bietet sich bei geringeren Beträgen statt der Gewährung eines verzinslichen Darlehens die Zahlung eines Gehaltsvorschusses an. Bei größeren Beträgen kann über eine Zweckbindung für den Erwerb von Wohneigentum nachgedacht werden.

Zudem sind stets auch die steuerlichen Auswirkungen der Gestaltung im Blick zu behalten.

KLIEMT.Arbeitsrecht




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