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Wettbewerb

Nichtig bleibt nichtig – Neues zum Wettbewerbsverbot

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Strafanzeige

Klare Verhältnisse: Auch eine salvatorische Klausel im Arbeitsvertrag kann einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, dessen Vereinbarung keine Karenzentschädigung enthält, nicht zur Wirksamkeit verhelfen. Das Bundesarbeitsgericht hat mit seiner gestrigen Entscheidung (Urteil vom 22. März 2017 – 10 AZR 448/15 -, Pressemitteilung 16/17) die entgegenstehenden Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Klage der Arbeitnehmerin auf Zahlung der Entschädigung abgewiesen. Zwar liegen die vollständigen Entscheidungsgründe noch nicht vor, anhand der Pressemitteilung kann das Urteil allerdings schon klar bewertet werden.

Enthaltsamkeit nur gegen Bezahlung

Gemäß § 74 Abs. 2 HGB ist ein Wettbewerbsverbot nur verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Gesamtvergütung erreicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG; Urteil vom 18.01.2000 – 9 AZR 929/98) folgt hieraus, dass das Fehlen einer Entschädigungszusage – anders als bei einer zu geringen Zusage – zur Nichtigkeit des Verbots führt. Der Arbeitnehmer hat in einem solchen Fall kein Wahlrecht, ob er Wettbewerb betreibt oder nicht. Das Wahlrecht setze voraus, dass tatsächlich eine Wahl besteht, nämlich Konkurrenz oder Enthaltsamkeit gegen Zahlung der zu geringen, aber vertraglich vereinbarten Entschädigung. Fehle die Entschädigungszusage ganz, habe das Wahlrecht aus § 74 Abs. 2 HGB wirtschaftlich keinen Sinn. Der Arbeitnehmer hätte auch dann keinen vertraglichen Entschädigungsanspruch, wenn er das Wettbewerbsverbot beachte. Das überzeugte, jedenfalls damals.

Seit jener Entscheidung des BAG zur Nichtigkeit des entschädigungslosen Verbots hat allerdings nicht nur die Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) Einzug in das Arbeitsrecht gehalten, auch die hier vom BAG geprüfte salvatorische Klausel ist in Arbeitsverträgen heute Standard. Entsprechend würdigten hier die Vorinstanzen das Wettbewerbsverbot zusammen mit der salvatorischen Klausel, die auch einer AGB-Kontrolle zu unterziehen war.


Mit Netz und doppeltem Boden

Mit Hilfe der folgenden Formulierung wollten Arbeitgeber und Arbeitnehmerin nichtige Bestimmungen im Arbeitsvertrag erhalten:

„Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages nichtig oder unwirksam sein, so soll dadurch der Vertrag im Übrigen in seinem rechtlichen Bestand nicht berührt werden. Anstelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrages gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss dieses Vertrages die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.“

Diese salvatorische Klausel führte nach Auffassung der Vorinstanz (LAG Hamm, Urteil vom 05.06.2015 – 10 Sa 67/15) dazu, dass das Wettbewerbsverbot trotz fehlender Entschädigungszusage wirksam blieb. Denn das Berufungsgericht nahm die Zusage einer Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgesehenen Mindesthöhe an. Die Ersetzung des nichtigen Wettbewerbsverbots durch ein wirksames würde am ehesten dem mutmaßlichen Willen beider Vertragsparteien entsprechen, wenn sie bei Abschluss des Vertrages die Nichtigkeit des Verbots bedacht hätten; vgl. im Einzelnen die Besprechung dieser Entscheidung hier auf unserem Blog.

Der Arbeitgeber kann sich auch nicht darauf berufen dass eine solche Klausel – soweit sie eine allgemeine Geschäftsbedingung darstellt und nicht individuell ausgehandelt wurde – in der Rechtsprechung wegen unangemessener Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB als unwirksam erachtet wird, so z.B. BAG, Urteil vom 13.12.2011 – 3 AZR 791/09. Denn die Nichtigkeit der eigenen Klausel soll dem Arbeitgeber nicht zum Vorteil gereichen, die Berufung hierauf ist dem die Klausel verwendenden Arbeitgeber also verwehrt (BAG, Urteil vom 28.06.2006 – 10 AZR 407/05). Der Arbeitnehmer freilich wird sich nicht auf die Unwirksamkeit einer Klausel berufen, die ihm nützlich ist.

Im freien Fall

Das BAG war nicht damit einverstanden, über den Hebel der salvatorischen Klausel „automatisch“ die Vereinbarung einer Entschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe zu fingieren. Da nämlich spätestens unmittelbar nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Entscheidung über die Einhaltung des Wettbewerbsverbots zu treffen sei, müsse sich die Wirksamkeit des Verbots aus der Vereinbarung selbst ergeben. Bei einer salvatorischen Klausel aber fehle es daran, weil wertend zu entscheiden sei, ob die Vertragsparteien in Kenntnis der Nichtigkeit der Vereinbarung eine wirksame Vereinbarung abgeschlossen hätten und welchen Inhalt die Entschädigungszusage gehabt hätte. Ein nichtiges Verbot bleibt also auch weiterhin nichtig.

Steine statt Brot? Gut oder schlecht?

Das kommt darauf an: Ist dem Arbeitgeber bewusst, dass das Verbot wegen Fehlens einer Entschädigungszusage nichtig ist, spekuliert er möglicherweise nur darauf, dass sich der ehemalige Arbeitnehmer daran hält, ohne eine Entschädigung zu beanspruchen. Er könnte es nach der gestrigen Entscheidung auch nicht.

Häufiger allerdings ist einem Arbeitgeber wahrscheinlich nicht bewusst, dass eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Mindesthöhe zwingend erforderlich ist, um ein Wettbewerbsverbot verbindlich zu vereinbaren. Da die salvatorische Klausel hier nun weder dem Arbeitnehmer noch dem Arbeitgeber hilft, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zur Wettbewerbsenthaltsamkeit zwingen. Das ist für den Arbeitgeber sehr ärgerlich, wenn der Arbeitnehmer z.B. ein echter Know-how-Träger ist oder umfangreiche Kundenbeziehungen zu einem Konkurrenzunternehmen mitnimmt.

Umgekehrt stellt sich häufig im Laufe des Arbeitsverhältnisses heraus, dass es des bei Vertragsabschluss vereinbarten Wettbewerbsverbots nicht bedurft hätte, weil der Arbeitnehmer als späterer Konkurrent überschätzt wurde oder längst in eine aus Konkurrenzsicht ungefährliche Position hineingewachsen ist. In diesen Fällen wird der Arbeitgeber froh sein, dass das Verbot nichtig bleibt und nicht mit Hilfe der salvatorischen Klausel eine kostspielige und aus Arbeitgebersicht unnütze Wirksamkeit erlangt.

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