Bei der Gestaltung der Anstellungsverträge von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern sind sogenannte Koppelungsklauseln seit langem fester Bestandteil. Trotzdem werden solche Verknüpfungen der Organstellung mit dem Bestand des Anstellungsverhältnisses in ihrer Wirkung nicht selten verkannt. Wegen ihrer rigiden Rechtsfolgen im Falle einer Abberufung als Organ der Gesellschaft führen Koppelungsklauseln daher immer wieder zu Überraschungen. Insoweit verdient eine neue Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 25. Oktober 2016 (8 U 122/15) Aufmerksamkeit, in der für die Wirksamkeit von Koppelungsklausel erhöhte Anforderungen aufgestellt werden.
Funktionsweise von Koppelungsklauseln
Das Organverhältnis des Vorstandes bzw. des Geschäftsführers ist rechtlich strikt vom Anstellungsverhältnis zu trennen. Die Abberufung als Organ hat damit grundsätzlich keine Auswirkung auf den Bestand des Anstellungsverhältnisses und die hieraus erwachsenden Zahlungsansprüche. Durch die Verwendung einer Koppelungsklausel werden beide Verhältnisse indes derart miteinander verknüpft, dass das Bestehen des Anstellungsverhältnisses an die Organstellung „gekoppelt“ wird (daher „Koppelungsklausel“). Dies führt dazu, dass bei Verlust der Organstellung zugleich das Anstellungsverhältnis beendet wird. Da der jeweilige Dienstvertrag (zumindest bei der Aktiengesellschaft) stets befristet abgeschlossen wird, sind solche Koppelungsklauseln von besonderer Bedeutung. Denn die Anforderungen an die Gründe für eine Abberufung korrespondieren nicht zwangsläufig mit dem wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Insoweit führen Koppelungsklauseln zu einer Erweiterung der Kündigungsmöglichkeiten. Sie durchbrechen den vermeintlichen Ausschluss der Kündigung aufgrund der Befristung. Dies gilt bei der GmbH wegen § 38 Abs. 2 GmbHG regelmäßig, bei der Aktengesellschaft zumindest dann, wenn ein Mehrheitsaktionär durch Vertrauensentzug die Voraussetzungen des § 84 Abs. 3 AktG ohne größere Schwierigkeiten schaffen kann.
Auslegung von Koppelungsklausel durch den BGH
Im Grundsatz ist die Zulässigkeit von Koppelungsklauseln anerkannt, wenn gleichwohl ihre Rechtmäßigkeit in der Literatur vereinzelt immer wieder infrage gestellt wurde. In gefestigter Rechtsprechung gehen aber die ordentlichen Gerichte davon aus, dass Koppelungsklauseln wirksam vereinbart werden können (vgl. etwa BGH v. 29. Mai 1989 – II ZR 220/88; BGH v. 11. Mai 1981 – II ZR 126/80). Erst kürzlich hat der BGH erneut eine Vertragsbeendigung auf der Grundlage einer Koppelungsklausel stillschweigend gebilligt (vgl. BGH v. 15. November 2016 – II ZR 217/15).
Die rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Koppelungsklauseln ergeben sich daraus, dass durch die „Koppelung“ des Anstellungsverhältnisses an die Abberufung als Organ das Kündigungsrecht durch vertragliche Abrede über die „wichtigen“ Gründe des § 626 Abs. 1 BGB hinaus erweitert wird. Nach Auffassung des BGH sind diese Bedenken jedoch nicht durchgreifend. Das Organ werde gegen die Folgen einer Vertragsbeendigung aus Gründen, die nicht für eine fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB genügen, ausreichend dadurch geschützt, dass eine solche Vertragsbeendigung nur unter Wahrung der Mindestfrist des § 622 BGB erfolgen könne (vgl. BGH v. 11. Mai 1981 – II ZR 126/80). Diese Aussage mag schon überraschen. Um den maßgeblichen Mindestschutz der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 622 BGB zu gewährleisten, werden Koppelungsklauseln ohne Hinweis auf die Wahrung der Mindestfristen vom BGH zusätzlich dahingehend ausgelegt, dass die Beendigung des Dienstverhältnisses zum Ablauf der nach § 622 BGB einzuhaltenden Mindestfrist wirke (vgl. BGH v. 29. Mai 1989 – II ZR 220/88; BGH v. 11. Mai 1981 – II ZR 126/80).
Entscheidung des OLG Karlsruhe
Das OLG Karlsruhe erhöht nunmehr gerade an diesem Punkt der Vertragsauslegung die Anforderungen an die Gestaltung einer Koppelungsklausel. Es erachtete eine Koppelungsklausel für unwirksam, nach der das Vertragsverhältnis mit der Abberufung des Geschäftsführers durch die Gesellschafterversammlung unmittelbar per Zugang des Beschlusses enden sollte. Zum einen verstoße die Klausel gegen die zwingende Regelung des § 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BGB, da sie die vierwöchige Mindestfrist des § 622 Abs. 1 BGB unterschreite. Würde man eine solche Koppelungsklausel zulassen, käme dies nach Ansicht des Senats der Umgehung der zwingenden Kündigungsvorschrift des § 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BGB gleich. Zudem verbiete sich angesichts des in § 306 BGB normierten Verbots einer geltungserhaltende Reduktion eine Auslegung im Sinne des BGH, dass die Beendigung des Anstellungsverhältnisses erst nach Ablauf der Mindestkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB eintrete. Eine Koppelungsklausel, die die Mindestkündigungsfrist nicht berücksichtigt und die Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht mit einer entsprechenden Frist nach der Abberufung als Organ versehe, sei danach schlicht unwirksam.
Was hat das OLG Karlsruhe nun zu dieser abweichenden Auffassung veranlasst? Maßgeblich dürfte der Umstand sein, dass nach zunehmender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung auch Organverträge der AGB-Kontrolle und damit dem gesetzlich in § 306 kodifizierten Verbot der geltungserhaltenden Reduktion unterworfen sind. Das OLG Karlsruhe ging in seiner Entscheidung – immerhin in Übereinstimmung mit dem Bundesarbeitsgericht – davon aus, dass ein GmbH-Geschäftsführer, der nicht als Gesellschafter über eine Sperrminorität verfügt, Verbraucher im Sinne des § 13 BGB sei und daher auch der Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle gemäß § 310 Abs. 3 BGB eröffnet sei (vgl. BAG v. 19. Mai 2010 – 5 AZR 253/09).
Fazit
Die fast verstummte Diskussion um die Wirkung und Rechtsmäßigkeit von Koppelungsklauseln erhält mit der Entscheidung des OLG Karlsruhe neuen Zündstoff. Während im Hinblick auf Geschäftsführer in der Rechtsprechung und Literatur durchaus eine Tendenz dahingehend erkennbar ist, die AGB-Kontrolle grundsätzlich auch auf ihre Anstellungsverträge zu erstrecken, ist bislang höchstrichterlich ungeklärt, ob die AGB-Kontrolle auch auf Vorstandsverträge Anwendung finden soll. Jedenfalls vorsorglich wird man bei der Gestaltung von Koppelungsklauseln zukünftig in allen Organverträgen die Mindestkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB berücksichtigen müssen. Etwas mehr Klarheit wird möglicherweise der BGH bald vermitteln können – das Revisionsverfahren gegen das Urteil des OLG Karlsruhe ist unter dem Aktenzeichen II ZR 347/16 beim BGH anhängig.