Häufig bedarf es gar keiner näheren Prüfung, ob ein Arbeitsvertrag wirksam zum Zwecke einer Erprobung befristet werden kann, § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG. Denn bei erstmaliger Einstellung sind kurze Probezeiten ohnehin als sachgrundlose Befristungen nach § 14 Abs. 2 TzBfG zulässig. Zudem kann der Arbeitgeber im Rahmen der ersten sechs Beschäftigungsmonate relativ risikofrei eine Probezeitkündigung aussprechen. Die Frage einer zulässigen Sachgrundbefristung stellt sich aber dann, wenn „gesetzliche Probezeiten“ verlängert werden sollen und der Rückgriff auf die sachgrundlose Befristung aufgrund von Vorbeschäftigungen versperrt ist. In diesen Fällen lohnt ein Blick auf die einschlägige Rechtsprechung, um eine wirksame Gestaltungsvarianten zu wählen.
Die Fallkonstellationen
Das Bedürfnis nach einer Sachgrundbefristung zum Zwecke der Erprobung stellt sich vor allem in zwei Konstellationen:
- Der Arbeitnehmer hat sich innerhalb der sechsmonatigen Probezeit eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nicht hinreichend bewährt. Gleichwohl möchte der Arbeitgeber noch nicht zum Mittel der Probezeitkündigung greifen, sondern dem Arbeitnehmer noch einmal eine Chance über eine weitere Befristungsperiode zum Zwecke der Erprobung gewähren.
- Der Arbeitnehmer war bereits zuvor unbefristet auf einer gänzlich anderen Stelle im Unternehmen beschäftigt und muss sich auf der neuen Position erstmalig bewähren.
In beiden Fällen kann das Arbeitsverhältnis aufgrund der unbefristeten Zuvorbeschäftigung nicht mehr sachgrundlos befristet werden. Möchte der Arbeitgeber sich nicht nur auf ein Kündigungsrecht unter den Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes verlassen, sondern eine Beendigung in Form der Befristung nutzen, bedarf es eines konkreten Befristungsgrundes i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG.
Erprobungszweck
Die Erprobung eines Arbeitnehmers war bereits vor der ausdrücklichen Normierung durch § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG als Befristungsgrund allgemein anerkannt (BAG vom 31. August 1994 – 7 AZR 983/93). Diese Rechtsprechung hat durch die Vorgaben des TzBfG keine Einschränkungen erfahren. Insbesondere nennt der gesetzliche Befristungstatbestand keine konkrete zeitliche Vorgabe zur Erprobungsdauer. Nach sechs Monaten muss daher nicht zwingend Schluss sein.
An dem sachlichen Grund der Erprobung fehlt es allerdings dann, wenn der Arbeitnehmer bereits ausreichende Zeit bei dem Arbeitgeber mit den nunmehr von ihm zu erfüllenden Aufgaben beschäftigt war und der Arbeitgeber die Fähigkeiten des Arbeitnehmers deshalb ausreichend beurteilen konnte (BAG vom 23. Juni 2004 – 7 AZR 636/03). Insofern hat die vereinbarte Vertragslaufzeit durchaus Bedeutung für die Wirksamkeit der Befristung.
Was bedeutet das nun im Einzelfall? Immer dann, wenn der Arbeitgeber mit der befristeten Erprobungsphase zu Lasten des Arbeitnehmers über die Sechsmonatsfrist der gesetzlichen Leitbilder des § 1 KSchG und des § 622 Abs. 3 BGB hinausgehen will, bedarf eines besonderen Begründungsansatzes. Umgekehrt sind aber die gesetzlichen Leitbilder auch nicht formal auf die Prüfung des Befristungsgrundes zu übertragen: Denn mit Blick auf den Erprobungszweck kommt es nicht darauf an, ob das Arbeitsverhältnis überhaupt schon über eine längere Periode bestanden hat.
Allein entscheidend ist die Frage, ob der Arbeitnehmer auf einer neuen Position mit neuen Anforderungen und Qualifikationen eingesetzt wird, für die er sich erstmalig und mit angemessenem Zeitraum bewähren muss. Dabei können z.B. auch einschlägige Tarifverträge Anhaltspunkte geben, welche Probezeit im Einzelfall angemessen ist.
Letztlich muss sich die Befristungsdauer immer am Sachgrund der Erprobung orientieren und so mit ihm im Einklang stehen, dass sie nicht gegen das Vorliegen des Sachgrundes spricht. Aus der vereinbarten Vertragsdauer darf sich nicht ergeben, dass der Sachgrund tatsächlich nicht besteht oder nur vorgeschoben ist (BAG vom 29. Juli 2009 – 7 AZR 907/07). Liegen aber z.B. besondere Einzelfallumstände vor sind auch längere über sechs Monate hinausgehende Erprobungen zulässig (BAG vom 2. Juni 2010 – 7 AZR 85/09). Hierzu zählen in der Person des Arbeitnehmers wie auch in den Anforderungen der Erprobungsstelle liegende Sachgründe:
- Längere Ausfallzeiten des Arbeitnehmers haben eine hinreichende Beurteilung der Fähigkeiten des Arbeitnehmers unmöglich gemacht.
- Nach Schlechtleistung und fehlender Bewährung innerhalb der Probezeit soll dem Arbeitnehmer mit veränderter Unterstützung eine weitere Erprobungschance gegeben werden, z.B. bei erstmaliger Assistenz zum Ausgleich behinderungsbezogener Einschränkungen und damit einhergehender schlechter Leistungen.
- Tätigkeiten im künstlerischen, erzieherischen oder wissenschaftlichen Bereich, die teilweise wenig objektivierbar sind und maßgeblich auch von der Einordnung in den Betrieb im Übrigen oder die Akzeptanz abhängen, können das Interesse des Arbeitgebers rechtfertigen, die Beurteilung auf eine längere Zeit der Bewährung stützen zu können.
Formale Anforderungen
Für die Probezeitbefristung gelten keine formalen Besonderheiten gegenüber den sonstigen Sachgründen der Befristung. Insbesondere findet das gesetzliche Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG auch auf den der Befristung zugrunde liegenden sachlichen Grund einer Erprobung keine Anwendung. Die nach § 14 Abs. 4 TzBfG bezweckte Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion erstreckt sich allein auf die vereinbarte Befristung, nicht aber auf den Befristungsgrund und den übrigen Inhalt des Arbeitsvertrags (BAG vom 3. September 2003 – 7 AZR 106/03).
Der sachliche Grund ist nur objektive Wirksamkeitsvoraussetzung für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses. Es bedarf keiner Einigung der Parteien über den maßgeblichen Befristungsgrund.
Sonderfall: Befristete Arbeitszeiterhöhung zum Zwecke der Erprobung
Steht nicht das gesamte Arbeitsverhältnis sondern nur eine bestimmte Zusatztätigkeit in Frage, können die Vertragsparteien zum Zwecke der Erprobung auch eine befristete Arbeitszeiterhöhung vereinbaren. Hierzu bedarf es ebenfalls keiner Vereinbarung über den Befristungsgrund. Es kommt nur darauf an, ob ein anerkennenswertes Interesses des Arbeitgebers an der nur befristeten Tätigkeitsübertragung besteht (BAG vom 24. Februar 2016 – 7 AZR 253/14).
Dabei sind nicht zwingend Umstände erforderlich, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt i.S.v. § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen können. Es ist nur zu prüfen, ob der Arbeitnehmer durch die Befristung unangemessen benachteiligt wird, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Von einem hinreichenden Arbeitgeberinteresse ist aber dann auszugehen, wenn sich die neue (zusätzliche) Aufgabe nach Anforderung, Hierarchie oder Vergütung deutlich von den bisherigen Aufgaben abhebt, sodass eine erneute bzw. zusätzliche Erprobung angebracht ist.
Fazit
Probezeitbefristungen bzw. befristete Arbeitszeiterhöhungen zum Zwecke der Erprobung können durchaus auch außerhalb der gesetzlichen Probezeit vereinbart werden. Entscheidend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls und die Festlegung einer Probezeit, die zum konkreten Erprobungszweck in einem angemessenen Verhältnis steht.