Hat sich der Arbeitgeber einmal dazu verpflichtet, Leistungen zu gewähren, ist er hieran grundsätzlich gebunden und kann dies nicht einfach einseitig abändern. Anders hingegen verhält es sich dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich auf eine Änderung verständigen. Einvernehmlich können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf diesem Wege, so das Bundesarbeitsgericht kürzlich (BAG, Urteil vom 15.11.2016 – 3 AZR 539/15), auch die Ablösung einer Betriebsrente durch ein marktübliches Versorgungssystem plus Wechselprämie vereinbaren. Diese individualrechtliche Änderungsvereinbarung unterliegt jedoch regelmäßig der strengen Überprüfung nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gemäß §§ 305 ff. BGB.
Der Fall
Der Kläger war seit Oktober 2000 bei einer Bank in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts beschäftigt, die einem Teil ihrer Arbeitnehmer Betriebsrentenzusagen gemacht hatte, wonach die Arbeitnehmer eine an der Beamtenversorgung orientierte Rentenzahlung erwarten konnten. Darüber hinaus gewährte sie Arbeitnehmern, die zwanzig Jahre im Kreditgewerbe und davon zehn Jahre bei der Bank gearbeitet hatten, unter bestimmten Voraussetzungen ein „Versorgungsrecht“, wodurch ihre Stellung der von Beamten angenähert wurde (betreffend Kündigungsschutz, Beihilfe und Entgeltfortzahlung). Im Jahr 2009 beschloss die Bank aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage, die Gesamtversorgungszusage zu widerrufen und fortan keine Versorgungsrechte mehr zu erteilen, sondern ihren Arbeitnehmern vielmehr eine beitragsorientierte betriebliche Altersversorgung anzubieten. Daraufhin klagten einige ihrer Arbeitnehmer auf Erteilung eines Versorgungsrechts gemäß den alten Regelungen und sie bekamen im Jahr 2012 vom BAG Recht: bei Erfüllung der Voraussetzungen bestehe ein Anspruch aus betrieblicher Übung auf Gewährung des Versorgungsrechts (Urteil vom 15.05.2012 – 3 AZR 610/11). Andere Arbeitnehmer hingegen – darunter der Kläger – unterzeichneten im Jahr 2010 ein von der Beklagten vorbereitetes Formular, in dem sie sich mit der „Einstellung der Erteilung“ des Versorgungsrechts „einverstanden“ erklärten. Der Kläger wechselte daraufhin in das neue Versorgungssystem und erhielt zudem eine Wechselprämie von knapp EUR 50.000,00. Im Jahr 2013 wollte er dann aber sein zuvor erteiltes Einverständnis nicht mehr gelten und die Bank gerichtlich dazu verpflichten lassen, auch ihm bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ein Versorgungsrecht nach der alten Betriebsrentenregelung zu erteilen.
Verzicht auf Versorgungsrecht wirksam
Das BAG entschied – wie die Vorinstanzen – gegen den Bankangestellten. Mit seiner Einverständniserklärung habe er einer Regelung zugestimmt, die den Anspruch (aus betrieblicher Übung) auf Erteilung eines Versorgungsrechts aufhebe. Durch die im Jahr 2010 zwischen den Arbeitsvertragsparteien geschlossene Vereinbarung stünden dem Kläger künftig vielmehr Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe des neuen Versorgungssystems zu. Diese Vertragsänderung überprüfte das BAG nach dem AGB-Recht und befand sie für wirksam. Der in der Vertragsänderung enthaltene Verzicht des Arbeitnehmers auf das alte beamtenähnliche Versorgungsrecht sei weder überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB noch unklar im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Für den unterzeichnenden Bankangestellten sei vielmehr hinreichend erkennbar gewesen, dass er sich möglicher Rechte in Bezug auf den Abschluss eines Versorgungsvertrages begebe und ihm zukünftig nur noch Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach der Versorgungsordnung 2010 zustehen würden. Außerdem sei der Verzicht für ihn auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligend im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB gewesen. Denn die Altersversorgung sei durch die Überführung in das betriebliche Versorgungssystem nicht ersatzlos aufgehoben worden, obgleich letzteres wohl – auch finanziell – ungünstiger war als das Versorgungsrecht. Schließlich hätten der Beklagten aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage auch rechtfertigende sachliche Gründe zur Seite gestanden. Vor dem Hintergrund der unklaren Rechtslage bei Abschluss der Änderungsvereinbarung im Jahr 2010 (die Entscheidung des BAG über die Frage, ob die Beklagte ihre bisherige Praxis, unter bestimmten Voraussetzungen Versorgungsrechte zu erteilen, einseitig einstellen durfte, erging erst im Jahr 2012) entspreche diese schließlich auch dem Rechtsgedanken des § 779 BGB, wonach ein im Hinblick auf ein Rechtsverhältnis bestehender Streit oder eine rechtliche Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt werden kann.
Praxisfolgen
Klar ist nunmehr, dass einzelvertraglich vereinbarte Versorgungszusagen während des bestehenden Arbeitsverhältnisses einzelvertraglich auch wieder geändert werden können. Eine dahingehende Änderungsvereinbarung der Arbeitsvertragsparteien ist jedoch regelmäßig der AGB-Kontrolle zu unterziehen, und zwar nach Ansicht des BAG auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Denn eine solche Vereinbarung sei nicht als eine gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfreie Bestimmung der Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis anzusehen, sondern enthalte vielmehr Rechtsvorschriften ergänzende Bestimmungen, die einer Angemessenheitskontrolle zu unterziehen seien. Angemessen dürfte eine solche Änderungsvereinbarung aber nur dann sein, wenn der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer im Gegenzug für seinen Verzicht auf bereits entstandene Ansprüche eine kompensatorische Gegenleistung erhält und dem Arbeitgeber rechtfertigende Gründe zur Seite stehen. Ob es zwingend auch immer eines gegenseitigen Nachgebens vor dem Hintergrund einer Ungewissheit über die Rechtslage oder ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 779 BGB bedarf, bleibt jedoch offen.