Unternehmen stehen bei anstehenden Restrukturierungen häufig vor vielen Herausforderungen. Hierzu gehören zahlreiche Aspekte, die unmittelbar oder mittelbar (arbeits-)rechtliche Folgen auslösen können. Die perfekte Restrukturierung gelingt und beginnt nicht erst dann, wenn die Vorzeichen auf „Krise“ stehen, sondern in (vermeintlich) prosperierenden Zeiten. In mehreren Teilen werden wir die strategischen und arbeitsrechtlichen Aspekte einer Restrukturierung beleuchten. Teil 1 widmet sich dem unternehmerischen Kontext, den unterschiedlichen Phasen einer Restrukturierung und einigen Kernelementen der Vorbereitungs- bzw. Planungsphase.
Der unternehmerische Kontext
Ob, wann und wie Unternehmen eine arbeitsrechtliche Restrukturierung angehen müssen, hängt häufig von wirtschaftlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen ab. Solche Rahmenbedingungen sind so vielfältig wie das Wirtschaftsleben selbst. Beispielhaft können folgende Faktoren die Notwendigkeit für arbeitsrechtliche Restrukturierungen beeinflussen:
- Umsatzverluste
- Steigende Rohstoffpreise
- Optimierte und/oder neue Produktionsmethoden
- Wettbewerbsdruck
- Überhöhte Personalkosten
- Zu viel Personal
- Falsches Personal (Überhang an „Low-performern“)
- Notwendigkeit der Verschlankung der Organisation oder von einzelnen Prozessen
- Anpassung einer lokalen Organisation an internationale Vorgaben (zum Beispiel bei einer Matrixorganisation)
- Anpassung der Betriebsstruktur zur Optimierung der Arbeitnehmervertretungsstrukturen („weniger Betriebsräte/Betriebsratsmitglieder“)
- Vorbereitung eines Erwerbs oder Verkaufs von Betriebsteilen
- Vorbereitung anstehender Betriebsratswahlen
So vielfältig die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für arbeitsrechtliche Restrukturierungen sein können, so vergleichbar sind die Grundstrukturen und Prozesse, mit denen sich jegliche unternehmerischen Herausforderungen arbeitsrechtlich bewältigen lassen.
Die Phasen einer (arbeitsrechtlichen) Restrukturierung
Jede arbeitsrechtliche Restrukturierung lässt sich grob in drei Phasen gliedern:
- Phase 1: Vorbereitungs- bzw. Planungsphase,
- Phase 2: Verhandlungsphase,
- Phase 3: Umsetzungsphase.
Alle Phasen lassen sich in weitere Einzelschritte bzw. Teilaspekte untergliedern. Das Verständnis dafür ist Bestandteil eines erfolgreichen Projektmanagements, damit eine arbeitsrechtliche Restrukturierung gelingen kann.
Phase 1 – Faktische Kernelemente der Vorbereitung und Planung
Phase 1 einer arbeitsrechtlichen Restrukturierung beinhaltet rechtliche Aspekte und die Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses für wirtschaftliche Zusammenhänge, in die eine vorzubereitende arbeitsrechtliche Restrukturierung eingebettet ist bzw. sein wird. Neben diesem Verständnis spielen organisatorische Aspekte eine erhebliche Rolle, damit Unternehmen sicher und erfolgreich durch alle Phasen einer arbeitsrechtlichen Restrukturierung kommen.
- Analyse des unternehmerischen Kontexts
Unerlässlich für den Erfolg einer arbeitsrechtlichen Restrukturierung ist in Phase 1 eine gründliche Analyse des unternehmerischen Kontexts und damit zusammenhängender arbeitsrechtlicher Aspekte. Denn nur bei vollem Verständnis aller Stakeholder der unternehmerischen Zielsetzungen lassen sich maßgeschneiderte arbeitsrechtliche Werkzeuge ansetzen, um unternehmerische Ziele zu erreichen. So gleichartig die Phasen und rechtlichen Aspekte einer Restrukturierung in ihren Prozessen sind, so unterschiedlich können sich einzelne arbeitsrechtliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen in einem Gesamtbild darstellen. Denn trotz vergleichbarer und meist schnell feststellbarer rechtlich relevanter Umstände (z.B. „Wir müssen auch den Betriebsrat ins Boot holen.“), können im Detail (faktisch, rechtlich, Prozesssteuerung, strategisch, zeitlich) gewaltige Unterschiede bestehen. Die Herausarbeitung solcher Unterschiede und deren Relevanz kann nur gelingen, wenn vorher der unternehmerische Kontext einer Restrukturierung analysiert wird.
- Die richtigen Fragen stellen
Unerlässlich ist es dafür, ausgehend von der Erfahrung mit arbeitsrechtlichen Restrukturierungen, zunächst die richtigen Fragen zu stellen. Denn nur die richtigen Fragen können erst überhaupt zu dem Verständnis des unternehmerischen Kontexts führen, um arbeitsrechtliche Werkzeuge maßgeschneidert einzusetzen. In rechtlicher Hinsicht sind die richtigen Fragen dafür wichtig, um den zugrundeliegenden Sachverhalt überhaupt zu erfassen und auf dieser Grundlage rechtliche Einschätzungen von Voraussetzungen und Rechtsfolgen arbeitsrechtlicher Instrumente abzugeben. Hierbei ist Fingerspitzengefühl und Erfahrung gefragt. Fatal können arbeitsrechtliche Restrukturierungen enden, bei denen die unternehmerischen Zielsetzungen nicht gründlich hinterfragt werden, bevor auch nur der erste Termin zu Gesprächen mit Arbeitnehmervertretern gemacht wird.
- Der Blick über den Tellerrand
Häufig ist dabei auch der „Blick über den Tellerrand“ gefragt. Hierzu können rechtlich geprägte Themen gehören, wie zum Beispiel umwandlungs- oder sonstige gesellschaftsrechtliche Bezüge. Je nach unternehmerischem Kontext kann auch Steuerrecht eine Rolle spielen.
Daneben gilt es aber auch weiche Faktoren im Blick zu behalten. Hierzu gehört insbesondere und zum Beispiel die Kommunikation einer Restrukturierung bei allen internen (etwa Aufsichtsrat, Betriebsrat, Mitarbeiter) und externen Stakeholdern (etwa Kunden, Aktionäre). Wie Kommunikation für die jeweilige Restrukturierung aufgestellt wird, hängt von diversen Faktoren ab. Hierzu können etwa gehören: die angestrebten Verhandlungsziele, verfügbare Zeit, verfügbares Geld für den Sozialplan, Relevanz der Restrukturierung für Kundenbeziehungen etc.
- Projektmanagement – Wer?
Um den Überblick über rechtliche und sonstige Umstände zu bewahren bzw. überhaupt erst zu schaffen, ist ein effizientes Projektmanagement unerlässlich. Bestenfalls kann dieses durch das Unternehmen selbst sichergestellt werden. Ist dies nicht der Fall, bietet sich externe Unterstützung an bzw. ist sogar notwendig. Aus welchen Bereichen die externe Hilfe für das Projektmanagement rekrutiert wird, hängt vom unternehmerischen Kontext und den Zielsetzungen der Restrukturierung ab. Ist die arbeitsrechtliche Restrukturierung in ein übergeordnetes (zum Beispiel gesellschaftsrechtliches oder organisatorisches Restrukturierungskonzept) eingebettet, bietet sich ein entsprechendes übergeordnetes Projektmanagement außerhalb von Arbeitsrecht/HR an. Spielen hingegen im Kern arbeitsrechtliche Themen „die erste Geige“, sollten die Fäden an entsprechender Stelle beim Arbeitsrecht/HR zusammenlaufen. Gibt es Überschneidungen oder lassen sich einzelne Projektbereiche abtrennen, kommen auch Projektmanagementteams mit je fest zugeordneten Zuständigkeiten in Betracht. Eine Zusammenführung auf übergeordneter Ebene (etwa in einem Steering Comittee) ist dabei ebenso wenig unerlässlich, wie eine fest zugeordnete Gesamtverantwortlichkeit. Diese kann bei der Geschäftsführung liegen, soweit dies insbesondere nach dem Kalender realisierbar ist. Häufig bieten sich allerdings auch hierarchisch darunterliegende Stabsstellen an.
- Projektmanagement – Wie?
Ist geklärt, wer das Projektmanagement übernimmt, müssen reibungslos und auch unter Zeitdruck funktionierende Prozesse aufgesetzt werden. Hierzu gehören Banalitäten wie das Führen und Aktualisieren von todo-Listen, Vorbereitung von internen und externen Meetings, Steuerung von (regelmäßigen) Projekt-Meetings. Nicht unterschätzt werden sollten allerdings auch insbesondere unter Zeitdruck entstehende und zu lösende Krisensituation und das dafür notwendige Krisenmanagement. Gefragt ist dabei sowohl in ruhigen als auch in Krisenzeiten eine effiziente, zielgerichtete und problemlösungsorientierte Kommunikation zwischen den Projektteams. Insbesondere im internationalen Kontext müssen dafür auch die lokal unterschiedlichen Ausprägungen von Kommunikation berücksichtigt werden. So kommuniziert ein Brite nicht nur in der Krise regelmäßig anders als es ein Franzose oder ein U.S.-Amerikaner . Ein Grundverständnis für solche Kommunikationszusammenhänge ist wichtig, um überhaupt erkennen zu können, ob alle beteiligten Teams einer Restrukturierung die gleiche Sprache sprechen und ein gemeinsames Verständnis von Timing und (teils zeitkritischen) Todo’s haben.
… to be continued …