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Arbeitszeit Tarifvertrag

Samstage = Werktage auch im Tarifsinn!

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Samstag

Das BAG hat jüngst eine Pressemitteilung herausgegeben, wonach der Klage einer Krankenschwester auf Verminderung ihrer Sollarbeitszeit für den 01.01.2011 und 24.12.2011 entsprochen wurde. Der Tarifvertrag sah für schichtdienstleistende Beschäftigte eine Verminderung der jeweiligen Sollarbeitszeit für bestimmte auf einen Werktag fallende Vorfeiertage und Feiertage vor, soweit der/die Beschäftigte an diesem Tag nicht dienstplanmäßig eingeteilt war. Die klägerische Auffassung setzte sich – wenig überraschend – durch, wonach Samstage Werktage auch im Tarifsinn seien.

Im Einzelnen

Die Klägerin wurde in Wechselschicht an allen sieben Wochentagen in einem Krankenhaus (die hiesige Beklagte) eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis war der TVöD-Krankenhaus (TVöD-K) anwendbar, wonach die wöchentliche Arbeitszeit 38,5 Stunden betrug – bei der Beklagten auf fünf Wochentage verteilt. Die nicht im Schichtdienst arbeitenden Vollzeitbeschäftigten der Beklagten arbeiteten entsprechend montags bis freitags mit einer täglichen Arbeitszeit von 7,7 Stunden.

Bei den Schichtarbeitern wurde die Sollarbeitszeit indes durch eine Software kalendermonatlich vorgegeben. Zur Ermittlung der Anzahl der Arbeitstage wurden dabei die Tage von Montag bis Freitag herangezogen, wobei Feiertage nicht mitgezählt wurden. Die so ermittelten Tage wurden mit 7,7 multipliziert. Aus dieser Berechnung ergab sich die monatliche Sollarbeitszeit der im Schichtdienst Beschäftigten. Fiel ein (Vor-)Feiertag auf einen Samstag, wurde dieser bei der Berechnung nicht berücksichtigt.

Die Klägerin hatte an Neujahr 2011 und an Heiligabend 2011 (jeweils Samstag) dienstplanmäßig frei. Sie verlangte mit ihrer Klage, ihre Sollarbeitszeit für beide Tage um jeweils 7,7 Stunden zu vermindern. Nachdem die Vorinstanzen der Klage bereits stattgaben, obsiegte die Klägerin nun auch vor dem BAG: Dieses urteilte, dass sich aus dem tariflichen Zusammenhang ergebe, dass der Samstag als Werktag iSv § 6 Abs. 3 S. 3 und § 6.1 S. 1 TVöD-K anzusehen und damit bei der Sollarbeitszeit zu berücksichtigen sei.


Bereits vorinstanzlich hatte das LAG Schleswig-Holstein entschieden, dass der Samstag ein Werktag im Tarifsinne sei:

Heiligabend an einem Samstag = Werktag

§ 6 Abs. 3 S. 3 TVöD-K lautet:

Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für den 24. Dezember und den 31. Dezember, sofern sie auf einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden.

Auf Grundlage dieser Vorschrift entschied das LAG, dass der Klägerin ein Anspruch auf Verminderung der Sollarbeitszeit für den 24. Dezember 2011 um 7,7 Stunden zustand. Denn die Klägerin war dienstplanmäßig an diesem Tag nicht zur Arbeit eingeteilt und es handelte sich um den benannten 24. Dezember. Einzige Frage, die zwischen den Parteien streitig war, lautete, ob der auf einen Samstag fallende Heiligabend ein Werktag ist.

Dies bejahte das LAG (und nunmehr auch das BAG) und begründete dies u.a. wie folgt: Bereits nach dem allgemeinen Sprachverständnis handele es sich bei Samstagen um Werktage – Gegenbegriff hierzu sei der Sonn- und Feiertag. Außerdem werde samstags in Krankenhäusern regelmäßig gearbeitet, sodass es auch nach diesem Verständnis nahe liege, den Samstag als Werktag zu verstehen (Wobei hier einzuwenden wäre, dass auch an Sonntagen in Krankenhäusern regelmäßig gearbeitet wird, dieser Tag aber eindeutig kein Werktag ist). Hinzu komme, dass auch im Sinne des Arbeitszeitgesetzes der Samstag ein Werktag sei. Der Wortlaut sei deshalb bereits eindeutig. Für ein davon abweichendes Verständnis der Tarifvertragsparteien hätte es deutliche Anhaltspunkte geben müssen, wonach der Samstag kein Werktag sein soll – solche lagen aber nicht vor.

Die Tarifnorm habe eine Gleichstellung der feiertagsunabhängigen und feiertagsabhängigen Freistellung (inkl. Vorfeiertage) erstreben wollen, weshalb auch nach diesem Verständnis Samstage zu den Werktagen zählten. Eine dadurch ggf. eintretende Schlechterstellung der in Vollzeit von montags bis freitags Beschäftigten – weil diesen für einen Samstag kein Entgeltfortzahlungsanspruch bzw. eine Verringerung der Sollarbeitszeit zusteht – hätten die Tarifvertragsparteien dabei bewusst in Kauf genommen.

Neujahr an einem Samstag = Werktag

§ 6.1 Abs. 2 TVöD-K gilt in Ergänzung zu § 6 Abs. 3 S. 3 und Abs. 5 für Sonn- und Feiertage:

Für Beschäftigte, die regelmäßig nach einem Dienstplan eingesetzt werden, der Wechselschicht- oder Schichtdienst an sieben Tagen in der Woche vorsieht, vermindert sich die regelmäßige Wochenarbeitszeit um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit, wenn sie an einem gesetzlichen Feiertag auf einen Werktag fällt, a) Arbeitsleistung zu erbringen haben oder b) nicht wegen des Feiertags sondern dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt sind und deswegen an anderen Tagen der Woche ihre regelmäßige Arbeitszeit erbringen müssen (…)“.

Auf dieser Grundlage sprachen die Gerichte der Klägerin auch für den 01.01.2011 eine Reduzierung ihrer Sollarbeitszeit um 7,7 Stunden zu. Die Klägerin war gem. § 6.1 Abs. 2 TVöD-K regelmäßig nach einem Dienstplan eingesetzt, der Wechselschicht an sieben Tagen in der Woche vorsieht und am 01.01.2011 dienstplanmäßig nicht zur Arbeit eingeteilt. Erneut war deshalb nur streitig, ob auf Samstag fallende Neujahrstage Werktage sind. Weil diese Vorschrift nicht anders zu verstehen sein konnte als jene zu Vorfeiertagen (s.o.), wurde dies bejaht und der Klägerin der geltend gemachte Anspruch zugesprochen.

Fazit

Dass dieser Fall bis vor das BAG gelangt ist, überrascht. Werktage sind seit jeher als Arbeitstage von Montag bis einschließlich Samstag zu begreifen. Ist daher in Arbeitsverträgen, Tarifverträgen oder sonstigen Vereinbarungen von „Werktagen“ die Rede, dürften eigentlich auch keine Zweifel aufkommen, ob hiervon auch der Samstag umfasst sein soll. Etwas anderes kann nur gelten, wenn der Begriff Werktag ausdrücklich anders definiert würde – da es vorliegend hierfür aber überhaupt keine Anhaltspunkte gab, überrascht bereits die Notwendigkeit der Entscheidung.

Unternehmen, die dieselbe Software wie das beklagte Krankenhaus verwenden, sollten entsprechende Anpassungen daran vornehmen.

KLIEMT.Arbeitsrecht




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