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„Habemus Koalitionsvertrag!“ – Und was steht da zum Arbeitsrecht drin?

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So schnell kann es plötzlich gehen: Während die Tinte unter dem Sondierungsergebnis vom 12.01.2018 mehr oder weniger kaum trocken ist und der Parteitag der SPD am 21.01.2018 auch erst wenige Tage zurückliegt, präsentieren die (möglichen) künftigen Koalitionäre von CDU/CSU und SPD bereits die Grundlage ihrer Zusammenarbeit in der kommenden Legislaturperiode: Weißer Rauch über den Parteizentralen, der Koalitionsvertrag ist da! Welche wesentlichen arbeitsrechtlichen Regelungen enthält dieser, auf was müssen sich die Unternehmen jetzt einstellen? Und welche Veränderungen gab es noch im Vergleich zum etwas rudimentären Sondierungsergebnis? Dazu nachfolgend unser Überblick.

Starke Beschränkung der sachgrundlosen Befristung

Die wohl gravierendsten Veränderungen betreffen die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen gem. § 14 Abs. 2 TzBfG. Auch wenn sich hierzu im Sondierungsvertrag noch keinerlei Ausführungen fanden, war angesichts der öffentlichen und parteiinternen Diskussion innerhalb der SPD in den letzten Tagen zu erwarten bzw. zu befürchten, dass dieses für die Praxis überaus wichtige Instrument beschränkt, wenn nicht gar abgeschafft werden würde. Wie schlimm ist es nun gekommen?

  • Einen Paukenschlag allererster Güte bildet die neue Obergrenze für sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse.

Demnach sollen in Unternehmen mit mehr als 75 Arbeitnehmern nur noch maximal 2,5% der Arbeitsverhältnisse sachgrundlos befristet werden dürfen. Wird diese Quote überschritten, gilt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als zustande gekommen. Abgestellt werden soll dabei jeweils auf den Zeitpunkt der letzten Einstellung ohne Sachgrund. Praktisch führt dies dazu, dass z.B. Unternehmen mit 100 Mitarbeitern künftig nicht mehr als 2 (sic!) und selbst solche mit 1000 Mitarbeitern nicht mehr als 25 von diesen sachgrundlos befristet beschäftigen dürfen. Die damit verbundene massive Beschränkung einer flexiblen Personalplanung ist misslich und wird die Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen stellen. Wenig Hoffnung dürfte dabei bestehen, dass der Schwellenwert betriebsbezogen zu ermitteln sein wird. Jedenfalls deutet die Formulierung „Arbeitgeber“ aktuell nicht auf ein solches Verständnis hin.

  • Und damit nicht genug: Die Koalitionäre planen überdies eine Begrenzung der Maximaldauer der sachgrundlosen Befristung auf nur noch 18 statt bislang 24 Monate.

Innerhalb dessen soll auch keine dreimalige, sondern nur noch eine einmalige Verlängerung möglich sein. Auch diese Regelung ist misslich und hängt überdies in besonderer Art und Weise in der Luft. So ist kein triftiger Grund ersichtlich, weshalb z.B. eine Verkürzung der Maximaldauer Arbeitnehmern ein (oft angeführtes) „Mehr“ an Planungssicherheit bescheren sollte. Ganz im Gegenteil, wird diese künftig für sechs Monate weniger bestehen. Jedenfalls ist nicht davon auszugehen, dass die Unternehmen statt einer Befristung auf 18 Monate nunmehr unbefristete Arbeitsverhältnisse anbieten würden. Das Vorhaben dient erkennbar der Beschränkung einer flexiblen Personalplanung als solcher und erscheint insoweit als willkürlicher politischer Kompromiss.

  • Weiter im Text: Eingehegt werden sollen auch Kettenbefristungen.

Der Weg dahin scheint indes unklar. So lässt sich der Koalitionsvertrag einerseits so lesen, als wenn eine Höchstdauer aller „zuvor-Beschäftigungen“ mit demselben Arbeitgeber von 5 Jahren eingeführt werden soll. Ist diese erreicht, ist jede weitere Befristung, gleich ob mit oder ohne Sachgrund, erst nach einer Karenzzeit von 3 Jahren zulässig. Darin läge eine erhebliche Verschärfung der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung, wonach es zumindest für Sachgrundbefristungen keine Karenzzeit gibt. Für dieses Verständnis spricht aber klar die Formulierung im Koalitionsvertrag, wonach es „Ausnahmen für den Sachgrund § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG (Künstler, Fußballer)“ geben soll. Noch schärfer würde die Regelung allerdings, wenn bereits jede vorherige unbefristete Beschäftigung unabhängig von deren Dauer die dreijährige Karenzzeit auch für Sachgrundbefristungen auslösen sollte. Hier ist im weiteren Verlauf unbedingt auf eindeutige Formulierungen zu achten. Klar ist dagegen, dass zur Ermittlung der Höchstdauer verschiedene befristete Arbeitsverhältnisse zusammengerechnet und auch Zeiten der Überlassung als Leiharbeitnehmer berücksichtigt werden sollen. Abzuwarten bleibt, ob sich die nicht trennscharfen Ausnahmen für „Künstler“ oder „Fußballer“ verfassungsrechtlich halten ließen.

Einführung einer befristeten Teilzeit

Im Kern unverändert haben es die Pläne zur befristeten Teilzeit in den Koalitionsvertrag geschafft. Dies gilt insbesondere für den Ausschluss von Arbeitszeitveränderungen während der befristeten Teilzeit, den unternehmensbezogenen Schwellenwert von 45 Arbeitnehmern, die Zumutbarkeitsgrenze für Unternehmensgrößen von 46 bis 200 Arbeitnehmern (hier hat nur jeder 15. Arbeitnehmer einen Anspruch), die Mindest- und Maximaldauer der befristeten Teilzeit von einem bzw. fünf Jahren und die (kurze) Karenzzeit für eine erneute befristete Teilzeit von einem Jahr. Grundsätzlich erfreulich ist die neue Konkretisierung der Berechnung der Zumutbarkeitsgrenze, wonach die ersten 45 Arbeitnehmer hierbei mitzählen sollen. Andererseits ist dies wenig konsequent, legt man damit doch dem Arbeitgeber hinsichtlich der ersten 45 Beschäftigten Belastungen auf, die diese in Unternehmen mit 45 oder weniger Beschäftigten eigentlich gar nicht auslösen sollen. Ob dieses „unterschiedliche Gewicht der ersten 45“ bei ansonsten gleichem Sachverhalt verfassungsrechtlich angegriffen werden wird, bleibt abzuwarten.

Erleichterte Gründung von Betriebsräten

Neu im Vergleich mit dem Sondierungsergebnis ist auch der Plan, die Gründung und Wahl von Betriebsräten dadurch zu erleichtern, dass eine Heraufsetzung der Schwellenwerte für das vereinfachten Wahlverfahren gem. § 14a Abs. 1 BetrVG von 50 auf 100 wahlberechtigte Arbeitnehmer vorgenommen wird. Eine (folgerichtige) Anpassung ist für den § 14 Abs. 5 BetrVG geplant, wonach in Betrieben mit 101 bis 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Wahl zwischen dem vereinfachten und allgemeinen Wahlverfahren ermöglicht werden soll. Unklar bleibt, ob diese „Wahl“ wie bislang eine Vereinbarung zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeber voraussetzen oder auch insofern erleichtert werden wird. Alles in allem eine bemerkenswert arbeitnehmerfreundliche Neuregelung, die für bislang betriebsratslose Arbeitgeber jedenfalls mit Blick auf die künftige Mitbestimmung seines Betriebes zu einer „neuen Dynamik“ (vgl. die Überschrift des Koalitionsvertrages) führen kann.

Begrenzung der Arbeitszeitflexibilisierung

Ebenfalls neu sind Pläne zur Einschränkung der Arbeit auf Abruf gem. § 12 Abs. 1 TzBfG, wonach die Mindestarbeitszeit um höchstens 20% unter- und um höchstens 25% überschritten werden dürfen soll. Außerdem soll die „fingierte Arbeitszeit“ bei Fehlen einer Vereinbarung zur wöchentlichen Arbeitszeit gem. § 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG von 10 auf 20 Stunden angehoben werden. Daraus ergeben sich für sog. „Null-Stunden-Verträge“ (also Arbeitsverträge ohne jegliche Regelung zur wöchentlichen Arbeitszeit) künftig höhere finanzielle Risiken für Arbeitgeber, sofern nicht ohnehin die „betriebsübliche“ Arbeitszeit als vereinbart angesehen würde. Angekündigt sind außerdem nach wie vor tarifliche Öffnungen des Arbeitszeitgesetzes insbesondere hinsichtlich der Höchstarbeitszeit. Deren Beitrag zu einem „neuen Aufbruch“ (vgl. die Überschrift des Koalitionsvertrages) in der arbeitsrechtlichen day-to-day Praxis bleibt allerdings abzuwarten.

Diverses

Neu ist im Übrigen die Ankündigung, sich bei grenzüberschreitenden Sitzverlagerungen von Gesellschaften für die Sicherung der nationalen Vorschriften über die Mitbestimmung einsetzen zu wollen. Unklar bleibt weiterhin, was sich hinter der Stärkung des allgemeinen Initiativrechts der Betriebsräte für Weiterbildung verbergen wird. Neu ist insoweit jedenfalls die Möglichkeit für die Betriebsparteien, bei Nichteinigung einen (dem Arbeitsrecht begrifflich fremden) „Moderator“ hinzuziehen zu können; ein Einigungszwang soll allerdings nicht bestehen. Und schließlich wurde im Vergleich zum Sondierungsergebnis der Zeitpunkt für eine Evaluierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes von 2019 auf 2020 verschoben. Mithin ein weiteres Jahr, in dem die Praxis insbesondere mit den praxisuntauglichen Regelungen zur Festhaltenserklärung des Leiharbeitnehmers umzugehen haben wird.

KLIEMT.Arbeitsrecht




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