Das Fußballfieber in ganz Deutschland steigt. Die Fußball-Weltmeisterschaft steht vor der Tür. Fußballbilder werden getauscht, Tipprunden gegründet, der vom Bundestrainer benannte Kader diskutiert und Pläne für das gemeinsame Ansehen der Spiele geschmiedet.Schwierig ist es aber, wenn Fußballspiele und deren Fernsehübertragung mit der Arbeitszeit kollidieren. Dann stellt sich die Frage, in welchen Grenzen Arbeitnehmer die Spiele am Arbeitsplatz verfolgen können. Das Arbeitsgericht Köln hatte sich kürzlich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Arbeitgeber zur Abmahnung wegen Anschauen eines Fußballspieles für 30 Sekunden auf dem Dienstcomputer berechtigt ist.
Der Ausgangsfall
Der Kläger ist seit 1988 bei dem beklagten Arbeitgeber als Mechaniker beschäftigt. Kurz nach Aufnahme seiner Spätschicht wurde der Kläger von einem Kollegen gerufen, der ca. 15 m vom Arbeitsplatz des Klägers entfernt vor einem dienstlichen Computerbildschirm saß. Der Kollege hatte den Bildschirm mit seinem Smartphone verbunden, so dass ein Fußballspiel auf den Bildschirm übertragen wurde. Der Kläger schaute daher an dem Dienstcomputer mit seinem Kollegen ein Fußballspiel über einen Livestream eines Bezahlsenders an. Die Beweisaufnahme ergab, dass der Kläger jedenfalls für einen Zeitraum von 30 Sekunden bis maximal zwei Minuten das Fußballspiel angesehen hatte.
Der Arbeitgeber mahnte beide Arbeitnehmer ab. Der Kläger erhob Klage vor dem Arbeitsgericht Köln und klagte auf Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte. Sein Hauptargument zielte darauf ab, dass eine Abmahnung bei einem Bagatellverstoß unverhältnismäßig und damit unwirksam sei.
Arbeitsgericht Köln: Abmahnung ist wirksam, insbesondere nicht unverhältnismäßig
Das Arbeitsgericht Köln lehnte in seinem Urteil vom 28. August 2017 (Az. 20 Ca 7940/16) einen Entfernungsanspruch des Klägers ab. Der Kläger habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, indem er nicht seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung erbracht, sondern ein Fußballspiel angesehen habe. Das Anschauen eines Fußballspiels an einem dienstlichen Computer über einen Livestream während der Arbeitszeit sei mit einer Pflichtverletzung durch private Internetnutzung während der Arbeitszeit vergleichbar. Hierbei verletze ein Arbeitnehmer grundsätzlich seine Hauptleistungspflicht zur Arbeit. Das Vorliegen eines Verschuldens des Arbeitnehmers ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer erteilten Abmahnung unerheblich. Anders als bei einer verhaltensbedingten Kündigung, die ebenfalls auf einer Pflichtverletzung beruht, muss das beanstandete Verhalten dem Arbeitnehmer subjektiv nicht vorwerfbar sein.
Die Erteilung dieser vom Kläger angegriffenen Abmahnung verstoße nach Auffassung des Arbeitsgerichts Köln auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach ist grundsätzlich die Ausübung eines Rechts unzulässig, wenn sie der Gegenseite unverhältnismäßig große Nachteile zufügt und andere, weniger schwerwiegende Maßnahmen möglich gewesen wären, die den Interessen des Berechtigten ebenso gut Rechnung getragen hätten oder ihm zumindest zumutbar gewesen wären. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Köln sei jedoch nicht zu verlangen, dass der Arbeitgeber auch bei leichterem Fehlverhalten eines Arbeitnehmers vor Ausspruch einer Abmahnung zunächst eine Ermahnung aussprechen müsse. Vielmehr sei es allein dem Arbeitgeber überlassen, ob er den Ausspruch einer schriftlichen Abmahnung für erforderlich halte. Auch sei eine Abmahnung nicht allein deswegen unzulässig, weil der Arbeitgeber auch über den erhobenen Vorwurf hinwegsehen könnte. Denn damit würde der Arbeitgeber zu erkennen geben, dass er an der Verletzung von Vertragspflichten keinen Anstoß nehme. Vielmehr sei dem Arbeitgeber zuzubilligen, deutlich zu machen, dass er es nicht hinnehme, wenn der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit beschäftigungsfremden Tätigkeiten nachgehe.
Das Arbeitsgericht Köln geht mit einem Hinweis sogar noch einen Schritt weiter: Der Arbeitgeber sei sogar gehalten, auf eine Pflichtverletzung hinzuweisen, wenn er später Konsequenzen aus einer gleichartigen Pflichtverletzung ziehen möchte. Somit sei die Abmahnung selbst bereits Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Fazit
Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln macht deutlich, dass auch Bagatellpflichtverletzungen abgemahnt werden können. Sicherlich kann man den Ausspruch einer Abmahnung mit guten Gründen angesichts der zeitlichen Kürze der Pflichtverletzung von ca. 30 Sekunden bis maximal zwei Minuten auch für unverhältnismäßig halten. Andererseits hat der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistungspflicht ein berechtigtes Interesse daran, Bagatellpflichtverletzungen nicht zuletzt auch aus Präventivgründen sanktionieren zu wollen. Letztendlich liegt das Urteil jedoch auf der Linie der aktuellen Rechtsprechung. Da gegen das Urteil Berufung eingelegt wurde, bleibt abzuwarten, ob das Landesarbeitsgericht Köln der Argumentation des Arbeitsgerichts Köln bei Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils im Berufungsverfahren folgen wird. Wir bleiben insoweit für Sie am Ball…