Pressearbeit ist wichtig. Dieser zutreffenden Ansicht war auch der Betriebsrat in dem vom LAG Berlin-Brandenburg am 15.02.2018 entschiedenen Fall (14 TaBV 675/17) und bildete eigens für seine Pressearbeit einen Fachausschuss für Öffentlichkeitsarbeit.
Zum Fall
Der Betriebsrat eines Produktionsbetriebes mit einer rollierenden 24/7-Wechselschicht und mehr als 500 Mitarbeitern bestand aus 11 Mitgliedern und hatte einen Betriebsausschuss, bestehend aus 5 seiner Mitglieder gebildet. Der Betriebsausschuss ist von Gesetzes wegen in § 27 BetrVG für Betriebe mit mehr als 400 wahlberechtigten Arbeitnehmern vorgesehen. Gem. § 27 Abs. 2 BetrVG stellt er gewissermaßen die Geschäftsleitung des Betriebsrates dar. Er führt dessen „laufende Geschäfte“.
Der Betriebsrat räumte aber auch seiner Öffentlichkeitsarbeit einen solch hohen Stellenwert ein, dass er eigens für die betriebsinterne Pressearbeit darüber hinaus einen Ausschuss, ebenfalls bestehend aus 5 seiner Mitglieder, als eigenes „Dezernat“ bildete. § 28 Abs. 1 BetrVG sieht in Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern grundsätzlich die Bildung von Fachausschüssen vor, denen „bestimmte Aufgaben“ übertragen werden können. Der Betriebsausschuss und der Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit waren lediglich teilweise deckungsgleich mit denselben Mitgliedern des Betriebsrates besetzt. Die Aufgabe dieses Fachausschusses wurde – etwas lapidar – wie folgt bestimmt: „Der Ausschuss trifft sich regelmäßig und leitet die Themen, die der Betriebsrat behandelt, an die Belegschaft weiter.“
In der betrieblichen Praxis führte dies dazu, dass der Betriebsausschuss oder andere Fachausschüsse tagten und entschieden und im Anschluss daran jeweils eine Sitzung des 5-köpfigen Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit anberaumt wurde, in deren Verlauf die Pressespezialisten zunächst in die zuvor vom Betriebsausschuss oder einem Fachausschuss behandelten Themen und Entscheidungen eingearbeitet wurden. Sodann begann die eigentliche Arbeit des Gremiums, die Formulierung der Kommunikation mit der Belegschaft.
Gem. § 37 Abs. 2 BetrVG sind die Mitglieder des Betriebsrates für Ausschusssitzungen von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien; d.h., für ihre Betriebsratstätigkeit im Ausschuss zu bezahlen, anstatt für ihre Arbeitsleistung. Das ist grundsätzlich auch nur gerecht.
Allerdings: Die Aufspaltung der Betriebsratstätigkeit in die Behandlung und Entscheidung von Sachthemen durch den Betriebsausschuss oder andere Fachausschüsse einerseits sowie in die anschließende öffentlichkeitswirksame Aufarbeitung durch den Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit andererseits führte nicht nur zur Vervielfältigung der dafür aufgewendeten Betriebsratsarbeitszeit sondern auch und gerade der dafür entstehenden Lohnkosten.
Der Betriebsrat reagierte auf diesen Einwand des Arbeitgebers nicht. Der Arbeitgeber beauftragte deshalb KLIEMT.Arbeitsrecht, beim Arbeitsgericht die Nichtigkeit der Bildung des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit geltend zu machen.
Zur rechtlichen Argumentation
Der Arbeitgeber kann die Nichtigkeit der Bildung eines Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit geltend machen, da er hieran ein berechtigtes Interesse hat. Denn von der Frage der Wirksamkeit dieser Ausschusserrichtung hängt es ab, ob die Mitglieder dieses Ausschusses nach § 37 Abs. 2 BetrVG für die Ausschusssitzungen von ihrer beruflichen Tätigkeit unter Fortzahlung ihrer Vergütung zu befreien sind. Dies war vorliegend umso mehr von Belang, als die einzelnen Gremien des Betriebsrates und der Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit nicht deckungsgleich besetzt waren und sich deshalb jeweils einige der Mitglieder des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit – ineffizient und arbeitszeitraubend – eigens zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit in Sachverhalte einarbeiten mussten, über die andere eingehend – und „fachspezifisch“ – bereits beraten und entschieden hatten.
Nach der Rechtsprechung des BAG (Beschluss vom 14.08.2013 – 7 ABR 66/11 -) können Ausschüsse gem. § 28 Abs. 1 BetrVG ausschließlich zur Übertragung von fachspezifischen Aufgaben gebildet werden; nicht aber für „regelmäßig interne, verwaltungsmäßige, organisatorische und ggf. wiederkehrende Aufgaben des Betriebsrats“; also etwa gerade nicht für die Erledigung des Schriftverkehrs oder die Vorbereitung von Betriebsversammlungen sowie von Betriebsratssitzungen mit allen bei der nächsten Sitzung anstehenden „Querschnittsthemen“.
Für die „Nachbereitung“ der Betriebsrats- oder Ausschusssitzungen hat das Gleiche zu gelten, wie für deren Vorbereitung. Auch die „nachbereitende Öffentlichkeitsarbeit“ ist nicht „fachspezifisch“ sondern befasst sich mit allen „Querschnittsthemen“.
Die Öffentlichkeitsarbeit gehört zu den „laufenden Geschäften“ des Betriebsrates, die in diesem Fall gem. § 27 Abs. 2 BetrVG bereits dem eigens dafür zu bildenden Betriebsausschuss übertragen wurden. Ein (Fach-)Ausschuss gem. § 28 Abs. 1 BetrVG kann dafür wirksam nicht gebildet werden.
Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg
Das LAG Berlin-Brandenburg teilte diese Argumentation und erklärte die Bildung des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit für nichtig.
Folgen für die Praxis
Betriebsinterne Pressearbeit ist Aufgabe der Geschäftsleitung des Betriebsrates, also im Falle der Bildung eines Betriebsausschusses dessen Aufgabe, als Teil der ihm obliegenden „laufenden Geschäfte“. Ein Betriebsrat tut deshalb gut daran, bei der Bildung des Betriebsausschusses darauf zu achten, auch seine Pressesprecher in dieses Gremium zu berufen. Nur dadurch ist gewährleistet, dass die für die Öffentlichkeitsarbeit Zuständigen zeitsparend aus dem Inbegriff ihrer eigenen Betriebsratstätigkeit schöpfen und selbst darüber berichten können und sich nicht mühsam und ineffizient zum Zwecke der Kommunikation mit der Belegschaft in die Themen einarbeiten müssen, die andere bereits eingehend beraten und entschieden haben.