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Aufhebungsvertrag Kündigung, verhaltensbedingt Urlaub

Urlaubsantritt mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen – Mallorca statt Maloche?

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Urlaubsantritt

In der kommenden Woche haben alle 16 Bundesländer zeitgleich Sommerferien. Dies nehmen wir zum Anlass um uns mit einigen Grundsätzen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) zu beschäftigen. Wie viel Urlaub räumt das Gesetz jedem Arbeitnehmer ein? Wann muss der Arbeitgeber den Urlaub genehmigen? Und was passiert, wenn sich der Arbeitnehmer ohne eine entsprechende Genehmigung in den Urlaub verabschiedet? Dass Arbeitnehmer ihren Urlaub eigenmächtig antreten, geschieht in der Praxis immer wieder und ein solcher Fall hat erst kürzlich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf beschäftigt.

Was steht im Gesetz?

§ 1 BUrlG regelt, dass jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub hat. Der Anspruch entsteht erstmals in vollem Umfang, wenn der Arbeitnehmer die in § 4 BUrlG vorgesehen Wartezeit von sechs Monaten hinter sich gebracht hat.

Die Dauer des Erholungsurlaubs ist in § 3 BUrlG bestimmt. Sie beträgt nach Absatz 1 jährlich mindestens 24 Werktage, wobei zu beachten ist, dass das BUrlG noch von einer Sechs-Tage-Woche ausgeht und auch der Samstag als Werktag mitgezählt wird. Der gesetzliche Urlaubsanspruch bei der heute üblichen Fünf-Tage-Woche umfasst daher lediglich 20 Tage. Häufig werden jedoch in Tarif- oder Arbeitsverträgen zusätzliche Urlaubstage gewährt.

§ 8 BUrlG stellt klar, dass eine dem Urlaubszweck – der Erholung! – widersprechende Erwerbstätigkeit während des Urlaubs verboten ist. Sollte der Arbeitnehmer während des Urlaubs erkranken, so werden ihm die Tage, für die er durch ärztliches Attest seine Arbeitsunfähigkeit nachweist, nicht als Urlaubstage abgezogen, so § 9 BUrlG.

Die zeitliche Festlegung des Urlaubs regelt § 7 BUrlG. Gemäß dieser Vorschrift sind bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren. Aus der Formulierung „zu gewähren“ ergibt sich, dass der Arbeitnehmer den Urlaub grundsätzlich beim Arbeitgeber beantragen muss. Der Arbeitgeber genehmigt dann wiederum den Antrag des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer kann nicht eigenmächtig darüber entscheiden, wann er seinen Urlaub nimmt.

Eigenmächtiger Urlaubsantritt berechtigt regelmäßig zur Kündigung

Trotz der eindeutigen Gesetzeslage kommt es vor, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub antreten, obwohl der Arbeitgeber diesen nicht genehmigt hatte. Sei es, dass der Arbeitgeber den Urlaubsantrag des Arbeitgebers abgelehnt hatte, sei es dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber gar nicht erst gefragt hatte. In der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung finden sich hierzu immer wieder Entscheidungen. Der eigenmächtige Urlaubsantritt stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen „an sich“ geeigneten Grund zur fristlosen Kündigung dar.

Ebenso kommt es vor, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub ohne Absprache mit dem Arbeitgeber verlängern. Ein solcher Fall wurde vor zwei Wochen vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf verhandelt.

„Spontan-Urlaub“

In dem Verfahren vor dem LAG Düsseldorf klagte eine seit dem 1. August 2014 als Junior Business Excellence Managerin mit Controlling-Tätigkeiten beschäftigte Arbeitnehmerin auf Feststellung der Unwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Die Klägerin hatte am 21. Juni 2017 erfolgreich ihr berufsbegleitendes Masterstudium abgeschlossen. Im Hinblick auf ihre Abschlussprüfung hatte die Klägerin am 22. und 23. Juni 2017 genehmigten Urlaub. Am Montag, den 26. Juni 2017, erschien sie nicht zur Arbeit. Nach der im Betrieb geltenden Gleitzeitregelung hätte sie spätestens um 10 Uhr die Arbeit aufnehmen müssen. Stattdessen schrieb sie um 12:04 Uhr eine E-Mail mit dem Betreff „Spontan-Urlaub“ an ihren Vorgesetzten. In dieser E-Mail teilte die Klägerin mit, dass ihr Vater ihr zur bestandenen Prüfung eine Reise nach Mallorca geschenkt habe. Sie habe in der Eile keine Möglichkeit gehabt, ihre Abwesenheit im Rechner zu vermerken. Da sie sich bereits seit dem Wochenende auf Mallorca befinde, könne sie erst in der darauffolgenden Woche am Montag wieder zur Arbeit kommen.

Der Vorgesetzte der Klägerin antwortete ihr, dass ihre Anwesenheit aus dringenden betrieblichen Gründen erforderlich sei. Dennoch kehrte die Klägerin nicht aus dem Urlaub zurück. Am darauffolgenden Montag erschien sie ebenfalls nicht zur Arbeit. Der Arbeitgeber hörte daraufhin den Betriebsrat an und kündigte der Klägerin mit Schreiben vom 11. Juli 2017 fristgerecht zum 31. August 2017. Gegen die Kündigung hat die Klägerin Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf erhoben.

Auch ein geschenkter Urlaub muss genehmigt werden

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Vorgesetzten der Klägerin und anschließend die Klage abgewiesen (ArbG Düsseldorf, Urteil vom 20. Dezember 2017 – 8 Ca 3919/17, nicht veröffentlicht). Die im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes erklärte Kündigung sei sozial gerechtfertigt, weil die Klägerin eigenmächtig nicht genehmigten Urlaub angetreten und so bewusst ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt habe. Gegen die erstinstanzliche Entscheidung hat die Klägerin Berufung zum LAG Düsseldorf eingelegt. Dort fand am 10. Juli 2018 der Kammertermin statt.

In der mündlichen Verhandlung wies die Vorsitzende der 8. Kammer darauf hin, dass eine eigenmächtige Inanspruchnahme von Urlaub ein Kündigungsgrund sei, der an sich sogar eine fristlose Kündigung rechtfertige. Die Klägerin habe falsche Prioritäten gesetzt und ihre vertragliche Pflicht zur Arbeit beharrlich verletzt. Insbesondere habe es keiner vorherigen Abmahnung bedurft und die Interessenabwägung falle in Anbetracht der kurzen Betriebszugehörigkeit der Klägerin zu deren Lasten aus.

Dieser Hinweis führte letztlich dazu, dass die Parteien einen Vergleich schlossen, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2017 endete und die Beklagte der Klägerin eine Abfindung in Höhe von knapp einem Monatsgehalt zahlte (Pressemitteilung des LAG Düsseldorf vom 11. Juli 2018).

Fazit

So schön und verlockend ein spontaner Kurztrip auch sein mag, Arbeitnehmer sollten nicht auf das Verständnis ihres Arbeitgebers setzen und sich ohne Absprache in den Urlaub verabschieden. Arbeitgeber sollten für den Fall, dass ein Arbeitnehmer seinen Urlaub eigenmächtig antritt, diesen auffordern zur Arbeit zu erscheinen und diese Aufforderung dokumentieren. In einem möglichen späteren Kündigungsschutzprozess kann dies bei der Beweisführung sehr hilfreich sein.

Zum Thema Urlaub vergleichen Sie auch den Beitrag von Dr. Frank Zaumseil sowie den sommerlichen Beitrag von Lars Christian Möller.

KLIEMT.Arbeitsrecht




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