Das neue Mutterschutzgesetz ist seit knapp einem halben Jahr in Kraft – und das neu eingeführte betriebliche Beschäftigungsverbot konfrontiert Unternehmen immer häufiger mit Herausforderungen: Melden sich schwangere Arbeitnehmerinnen und „bitten“ um ein solches Verbot, ist der Arbeitgeber in der Zwickmühle – insbesondere dann, wenn auch Ärzte die Patienten auf das betriebliche Beschäftigungsverbot durch den Arbeitgeber verweisen, statt es selbst auszusprechen. Unter welchen Voraussetzungen kommt der Ausspruch eines solchen Verbots überhaupt in Betracht? Ist die Rückerstattung des Mutterschutzlohnes durch die Krankenkasse gewährleistet? Und können auch Geschäftsführerinnen ein solches Verbot erhalten (müssen)?
Das betriebliche Beschäftigungsverbot
§ 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG sieht seit dem 1. Januar 2018 die Möglichkeit bzw. Pflicht des Ausspruchs eines betrieblichen Beschäftigungsverbotes durch den Arbeitgeber vor. Es ist als letztes Mittel ausgestaltet, wenn die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt.
Ausgangspunkt dieser Überlegung ist die Gefährdungsbeurteilung, die nach § 5 ArbSchG für jeden Arbeitsplatz im Unternehmen vorgenommen werden muss. § 10 MuSchG definiert darüber hinaus noch eine besondere Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung der Belange schwangerer und stillender Frauen, und zwar unabhängig davon, ob auf dem jeweiligen Arbeitsplatz überhaupt eine schwangere oder stillende Frau beschäftigt wird.
Teilt eine Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber sodann mit, dass sie schwanger ist, müssen unverzüglich die aufgrund der Gefährdungsbeurteilung festgelegten Schutzmaßnahmen im Sinne des § 13 MuSchG festgelegt werden – worunter auch ein vollständiges oder teilweises Beschäftigungsverbot fallen kann.
Die Voraussetzungen
In den §§ 9, 11 und 12 MuSchG werden zahlreiche unverantwortbare Gefährdungen für Schwangere und stillende Mütter aufgeführt, die ein Beschäftigungsverbot begründen können, wenn die vorrangigen Maßnahmen der Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder der Versetzung nicht möglich sind.
Beispielhaft können dies
- besondere Gefahren- oder Biostoffe sowie physikalische Einwirkungen sein, denen die Betroffenen ausgesetzt sind;
- die Beschäftigung in einer belastenden Arbeitsumgebung (Bergbau, Räume mit Überdruck) oder
- die Aussetzung mechanischer Einwirkungen oder körperlicher Belastungen (schweres Heben, bewegungsarmes Stehen, erhebliches Strecken oder Bücken)
Hinzu kommen muss eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere oder stillende Frau oder das Kind. Eine Frage, die im Einzelfall nur ein Mediziner mit Gewissheit beantworten kann. Bei Zweifeln sollte daher der Betriebsarzt hinzugezogen werden.
Rückerstattung des Mutterschutzlohns
Wird ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen, hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf Mutterschutzlohn nach § 18 MuSchG, den der Arbeitgeber in Höhe des durchschnittlichen Gehaltes der letzten drei Monate vor Ausspruch des Beschäftigungsverbotes gezahlt hat. Die Krankenkasse erstattet dem Arbeitgeber diese Kosten zurück.
Tipp: Aus diesem Grund ist Vorsicht vor einem zu vorschnellen Ausspruch eines Beschäftigungsverbotes geboten. Sind die dargestellten Voraussetzungen für den Ausspruch eines solchen Verbotes objektiv nicht erfüllt, besteht jedenfalls ein Risiko, dass die Krankenkasse die Kosten nicht zurückerstattet. Die Reihenfolge der zu ergreifenden Maßnahmen von einer Umgestaltung des Arbeitsplatzes über die Versetzung sind daher zwingend einzuhalten und zu dokumentieren.
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer könnten geneigt sein, zu vorschnell ein Beschäftigungsverbot in Betracht zu ziehen, um insbesondere aufwendige Umgestaltungsmaßnahmen verhindern zu können. Davon ist in Anbetracht des finanziellen Risikos dringend abzuraten.
Was gilt bei Geschäftsführerinnen?
Auch auf Fremdgeschäftsführerinnen findet seit dem 1. Januar 2018 in Umsetzung der Danosa-Rechtsprechung des EuGH das MuSchG Anwendung.
Die Besonderheit: Die Anwendung der §§ 18, 19 Abs. 2 und 20 MuSchG ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 7 MuSchG ausgeschlossen. Ein Anspruch auf Mutterschutzlohn besteht folglich nicht. Durch den Ausspruch eines Beschäftigungsverbotes kann einer Geschäftsführerin daher faktisch die Verdienstgrundlage entzogen werden.
Dennoch muss trotz dieser massiven wirtschaftlichen Beschränkung bei der Beantwortung der Frage des Ausspruchs des Beschäftigungsverbotes dasselbe gelten, wie bei anderen Arbeitnehmerinnen. Eine weitergehende Interessenabwägung, bei der der Verlust der wirtschaftlichen Absicherung berücksichtigt würde, wäre mit dem unverzichtbaren Schutzgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar.