Wir hatten an dieser Stelle bereits darüber berichtet, dass Arbeitgeber die Möglichkeit haben, zum Zwecke der Elternzeitvertretung frühzeitig einen entsprechend befristeten Arbeitsvertrag mit einer Ersatzkraft abzuschließen. Nach Ansicht des BAG ist dies bereits dann möglich, wenn der Arbeitnehmer nur ankündigt, zu einem späteren Zeitpunkt in Elternzeit gehen zu wollen. Ein ausdrückliches Verlangen ist nicht erforderlich. Doch was passiert, wenn der in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer später einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit stellt? Kann der Arbeitgeber diesen Antrag dann aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen, weil er bereits eine Elternzeitvertretung eingestellt hat? Nicht ohne weiteres, so das ArbG Köln in einer jüngeren Entscheidung vom 15. März 2018 – 11 Ca 7300/17.
Worum ging es?
Gegenstand des Verfahrens war die Klage einer Arbeitnehmerin gerichtet auf Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit. Die beklagte Arbeitgeberin hatte schon vor Beginn des Mutterschutzes der Klägerin und bevor diese Elternzeit verlangt hatte, eine Elternzeitvertretung eingestellt. Nach der Geburt teilte die Klägerin sodann mit, sie werde für die Dauer von zwei Jahren Elternzeit nehmen. Außerdem informierte sie die Beklagte über ihre Absicht, während des zweiten Jahres ihrer Elternzeit in Teilzeit mit 25 Stunden pro Woche zu arbeiten. Als die Klägerin vor Beginn ihrer geplanten Teilzeittätigkeit erneut auf die Beklagte zuging und die Teilzeit formell beantragte, lehnte die Beklagte dies aus dringenden betrieblichen Gründen ab. Sie begründete dies damit, sie habe bereits eine Elternzeitvertretung eingestellt, die ihre Arbeitszeit nicht anteilig reduzieren wolle. Außerdem könnten die Tätigkeiten nur in Vollzeit ausgeübt werden.
Das ArbG Köln gab der Klage statt.
Einstellung einer Elternzeitvertretung nicht ohne weiteres ein Ablehnungsgrund
Der Arbeitgeber kann einen Teilzeitantrag eines Arbeitnehmers in Elternzeit nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG nur aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen. Nach Auffassung des BAG kann die zwischenzeitliche Besetzung des Arbeitsplatzes mit einer Ersatzkraft grundsätzlich einen solchen dringenden betrieblichen Grund darstellen (vgl. BAG vom 5. Juni 2007 – 9 AZR 82/07). Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer zunächst Elternzeit unter völliger Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch nimmt, der Arbeitgeber eine Vertretung befristet einstellt und weder diese Ersatzkraft noch die übrigen vergleichbaren Arbeitnehmer bereit sind, ihre Arbeitszeit zu verringern (vgl. BAG vom 19. April 2005 – 9 AZR 233/04). In einem solchen Fall könne der Arbeitgeber nicht gezwungen werden, den Arbeitnehmer in Elternzeit mit verringerter Arbeitszeit zu beschäftigen, obwohl für diesen aufgrund der Einstellung einer Vertretungskraft kein Beschäftigungsbedarf besteht.
Da die Beklagte im vorliegenden Fall keine Veranlassung gehabt habe, bereits vor Beginn der Mutterschutzfristen für die Dauer von zwei Jahren eine Ersatzkraft für die Klägerin einzustellen, verneinte das ArbG Köln das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Grundes. Andernfalls könne der Arbeitgeber bereits vollendete Tatsachen schaffen, bevor eine Arbeitnehmerin überhaupt Überlegungen zur Gestaltung ihrer Erwerbstätigkeit während der Elternzeit angestellt habe. So würde die Ankündigungsfrist für die Elternzeit unterlaufen. Der Arbeitgeber habe nach § 21 BEEG die Möglichkeit, die Vertretungskraft zunächst nur für die Mutterschutzfristen befristet einzustellen und anschließend – entsprechend der Mitteilung der in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmerin – eine neue Befristung zu vereinbaren. Mache er hiervon keinen Gebrauch, so stehe ihm auch kein Ablehnungsgrund zu.
Welche Ablehnungsgründe kommen sonst in Betracht?
Entgegenstehende dringende betriebliche Gründe i.S.d. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG sind die Ausnahme. In Betracht kommen insbesondere:
- die Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes (z.B. bei einer Leitungsfunktion);
- die Unvereinbarkeit der gewünschten Teilzeitarbeit mit den betrieblichen Arbeitszeitmodellen.
Im letzteren Fall muss der Arbeitgeber alle Möglichkeiten der betrieblichen Umorganisation prüfen und überzeugend darlegen, dass eine Reduzierung der bisherigen Arbeitszeit nicht durchführbar ist. Dies beinhaltet den Vortrag, weshalb die Tätigkeit nicht in Teilzeit erledigt werden kann und welche speziellen Aufgaben einen bestimmten Arbeitsumfang erfordern. Außerdem ist auszuführen, weshalb diesem Erfordernis nicht mit Umorganisationen oder Überbrückungsmaßnahmen entsprochen werden kann. Nach der gesetzlichen Konzeption wird von dem Arbeitgeber grundsätzlich erwartet, dass dieser die mit einer während der Elternzeit gewünschten Teilzeittätigkeit verbundenen betrieblichen Schwierigkeiten bewältigt.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze konnte die Beklagte im vorliegenden Fall nach Auffassung des ArbG Köln auch nicht mit ihrem Einwand durchdringen, die Tätigkeit sei nur in Vollzeit ausführbar. Denn ihre Ausführungen wurden den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast nicht ansatzweise gerecht.
Fazit
Das Urteil des ArbG Köln ist zwar noch nicht rechtskräftig. Gleichwohl sollten Arbeitgeber bei der frühzeitigen Einstellung von Elternzeitvertretungen (weiterhin) vorsichtig sein und die Gefahr der Doppelbeschäftigung im Blick haben. Wird ohne konkrete Veranlassung frühzeitig, womöglich bereits vor Beginn der Mutterschutzfristen, eine Elternzeitvertretung eingestellt, so besteht die Gefahr, dass der Arbeitgeber einen späteren Teilzeitantrag des in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmers mangels Vorliegens dringender betrieblicher Gründe nicht ablehnen kann. Der Arbeitgeber sollte die Arbeitsbedingungen mit der Ersatzkraft von vorneherein – sofern rechtlich möglich – so vereinbaren, dass diese an die förmlichen Anträge des Arbeitnehmers auf Elternzeit und Teilzeit in Elternzeit angepasst werden können.