Stimmt der Betriebsrat der Einstellung oder Versetzung eines Mitarbeiters nicht zu und will der Arbeitgeber diese Maßnahme dennoch vollziehen, bedarf es eines Zustimmungsersetzungsverfahrens vor dem Arbeitsgericht. Kann die Maßnahme nicht bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes aufgeschoben werden, kann der Arbeitgeber diese dann vorläufig durchführen, wenn er den Betriebsrat über die sachlichen Gründe informiert, die die vorläufige Durchführung aus seiner Sicht dringend erforderlich machen.
Was aber, wenn der Betriebsrat die Einteilung des neuen Mitarbeiters in den Dienstplan während der Dauer des Zustimmungsersetzungsverfahrens nicht genehmigt: Bedarf es dann parallel noch einer Einigungsstelle über die Dienstplangestaltung und kann der Betriebsrat damit (faktisch) die vorläufige Durchführung der personellen Maßnahme verhindern?
Vorläufige Durchführung nach § 100 Abs. 2 BetrVG
Gegen die vorläufige Durchführung einer Einstellung kann der Betriebsrat nach der Systematik der §§ 99, 100 BetrVG nichts ausrichten, solange der Arbeitgeber die nötige Unterrichtung nach § 100 Abs. 2 BetrVG vorgenommen hat. Selbst wenn der Betriebsrat die Dringlichkeit der Maßnahme bestreitet, darf der Arbeitgeber die Einstellung vorläufig vollziehen.
Einzige Voraussetzung ist, dass der Zustimmungsersetzungsantrag sowie der Antrag auf Feststellung über die Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung aus sachlichen Gründen binnen drei Tagen nach dem Bestreiten der Dringlichkeit der Maßnahme beim Arbeitsgericht eingereicht werden.
Nicht selten ist damit das letzte Wort jedoch noch nicht gesprochen.
Dienstplanmitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG
In zahlreichen Betrieben wird die Lage der Arbeitszeit durch die Aufstellung von Dienstplänen festgelegt. Besonders verbreitet sind diese in Betrieben, die im Schichtdienst betrieben werden. Der Betriebsrat muss diese Dienstpläne genehmigen, bevor sie ausgehangen werden, damit die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG gewahrt wird.
Anders als bei einer Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 BetrVG muss der Betriebsrat die Ablehnung des Dienstplans nicht einmal begründen. Nicht selten kommt es daher vor, dass der Betriebsrat, der die Zustimmung zur Einstellung oder Versetzung eines Mitarbeiters verweigert hat, auch den Dienstplan nicht freigibt, auf dem dieser Mitarbeiter eingeteilt wird.
Einigungsstelle und Zustimmungsersetzungsverfahren … ?
Werden sich Arbeitgeber und Betriebsrat bei der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG nicht einig, ist grundsätzlich die Einigungsstelle anzurufen.
Wenn man davon ausgeht, dass der Arbeitgeber in dem oben dargestellten Szenario ebenfalls vor die Einigungsstelle ziehen müsste, würde dies die praktische Ausgestaltung der vorläufigen Durchführung der Maßnahme massiv beschränken. Zum einen ist eine Einigungsstelle zur Dienstplangestaltung häufig zeitlich gar nicht rechtzeitig durchführbar, da der Dienstplan in aller Regel sehr kurzfristig erstellt wird, wenn der Personalbedarf aufgrund der Auftragslage final absehbar ist.
Zum anderen steht der finanzielle Aufwand einer Einigungsstelle in keinem Verhältnis zu dem Ergebnis eines einzigen Dienstplanes für in der Regel nicht mehr als eine Kalenderwoche.
Die meisten Arbeitgeber scheuen daher nachvollziehbarer Weise diesen Schritt.
… Nein! (nach der Auffassung einiger LAGe)
Auch das LAG Nürnberg sah in einer Entscheidung vom 21. 12. 2011 – 4 TaBV 19/11 die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der vorläufigen Durchführung gefährdet und entschied, dass jedenfalls die erstmalige Eingliederung eines neu eingestellten Mitarbeiters in eine bestehende kollektivrechtliche Arbeitszeitregelung keinen kollektiven Tatbestand darstelle und deshalb ein zusätzliches Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht auslöse.
Das LAG Hessen vertrat in einer nicht veröffentlichten Entscheidung vom 5. August 2010 – 5 TaBV 192/09 dieselbe Rechtsauffassung.
Danach wäre zumindest die erste Änderung eines bereits mitbestimmten Dienstplanes mitbestimmungsfrei, solange der neu eingestellte Mitarbeiter lediglich zusätzlich eingeteilt wird und keine weiteren Änderungen vorgenommen werden.
Ein kleiner, aber wichtiger Schritt für den Arbeitgeber, der dann jedenfalls den nächsten Dienstplan so rechtzeitig erstellen und dem Betriebsrat vorlegen könnte, dass die Durchführung einer Einigungsstelle zeitlich überhaupt realisierbar bleibt.
…Doch! (nach der Auffassung des BAG)
Nach einer jüngeren Entscheidung des BAG vom 22. August 2017 – 1 ABR 3/16 soll die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei der Aufstellung von Dienstplänen uneingeschränkt auch bei der erstmaligen Einteilung eines neu eingestellten Mitarbeiters greifen.
Die Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten nach §§ 99 ff BetrVG betreffe einen anderen Regelungsgegenstand als die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten nach § 87 BetrVG. Beide stünden selbstständig nebeneinander und seien mit unterschiedlichen Konfliktmechanismen ausgestattet.
Immerhin sei mit der Zustimmung zu einer Einstellung keine Entscheidung über die konkrete Verteilung der Lage der Arbeitszeit dieses Mitarbeiters verbunden.
Auch wenn die Argumentation des BAG an sich nachvollziehbar scheint, drängt sich dennoch die Frage auf, welchen praktischen Nutzen die vorläufige Durchführung nach § 100 Abs. 2 BetrVG dann für den Arbeitgeber überhaupt noch haben soll?
Praxistipp
Abhilfe kann letztlich wohl nur eine vorausschauende Regelung in einer Betriebsvereinbarung zur Dienstplangestaltung schaffen. Darin könnte geregelt werden, dass der Betriebsrat in Fällen der vorläufigen Durchführung einer personellen Maßnahme nach § 100 Abs. 2 BetrVG keine Einwände gegen den Dienstplan erheben wird, die darauf beruhen, dass der neu eingestellte oder versetzte Mitarbeiter eingeteilt wird.