Oftmals besteht nach Umstrukturierungen und Unternehmenstransaktionen in Form von Asset Deals Unklarheit, welche kollektivrechtlichen Regelungswerke überhaupt gelten – und wenn ja, ob sie kollektiv-rechtlich fortgelten oder ob sie nach Maßgabe des § 613a BGB in die individuellen Arbeitsverhältnisse transformiert werden.
Praktisch hilfreich kann in derartigen Fällen eine so genannte Überleitungsbetriebsvereinbarung sein, die den Beteiligten Rechtssicherheit gibt. Wir zeigen, wie eine solche Vereinbarung ausgestaltet werden kann.
Überleitungsbetriebsvereinbarung – Was ist das?
Die Überleitungsbetriebsvereinbarung ist eine mehrseitige Vereinbarung zwischen den neuen und alten Betriebsparteien, in der festgelegt wird, welche Kollektivregelungen weitergelten und welche geschlossen oder abgelöst werden sollen.
Mehr an Rechtssicherheit …
Das Hauptargument für den Abschluss einer Überleitungsbetriebsvereinbarung ist das Mehr an Rechtssicherheit:
Bei Umstrukturierungsmaßnahmen und Unternehmenstransaktionen lässt sich das Schicksaal der einzelnen Kollektivregelungen teilweise nur schwer bestimmen. Je nach Strukturierung gelten beispielsweise Gesamtbetriebsvereinbarungen als Einzelbetriebsvereinbarungen normativ oder aber kollektiv-rechtliche Betriebsvereinbarungen individualvertraglich weiter.
Im Rahmen der Überleitungsbetriebsvereinbarung regeln die Parteien dagegen selbst das Schicksal der einzelnen Regelungen und legen damit – zumindest – ein einheitliches Verständnis nieder. Für die praktische Handhabung ist dies ein enormer Vorteil.
… und Harmonisierung des „Flickenteppichs“
Zweitens besteht gerade bei Umstrukturierungen ein erhöhtes Interesse an der Harmonisierung divergierender kollektivrechtlicher Regelungswerke. Die Überleitungsbetriebsvereinbarung ermöglicht es den Parteien, zu bestimmen, welche Regelungswerke nach der Maßnahme für welche Mitarbeiter Anwendung finden sollen.
In diesem Zusammenhang kann es für die Betriebsparteien insbesondere auch von Interesse sein, die Stoßrichtung der bestehenden Regelungswerke für künftige Neuzugänge zu regeln.
Praxishinweis: Um Rechtssicherheit zu gewähren, sollte sichergestellt werden, dass sämtliche Betriebsvereinbarungen von der Überleitungsbetriebsvereinbarung erfasst sind. Es empfiehlt sich dabei, die einzelnen Betriebsvereinbarungen abschließend aufzulisten und in verschiedene Anlagen aufzuteilen. Beispielsweise bietet die Aufteilung in drei Anlagen an: Betriebsvereinbarungen, die unverändert fortgeführt werden; Betriebsvereinbarungen, die verändert fortgeführt werden, sowie Betriebsvereinbarungen, die nicht fortgeführt werden.
Ein weiterer Vorteil der Überleitungsbetriebsvereinbarung liegt in deren kollektiv-rechtlichem Charakter. Anders als der auf (individuellen) Bestandsschutz zielende Gesetzesrahmen des § 613a BGB ist die Überleitungsbetriebsvereinbarung ein Mittel zur einheitlichen Gestaltung des betrieblichen Regelwerks. Dagegen führt die Anwendung von § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB dazu, dass ursprünglich kollektiv-rechtliche Regelungsinhalte in das individual-vertragliche Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters transferiert werden und dort jedenfalls nur unter erhöhten Schwierigkeiten ablösbar sind.
Demgegenüber ermöglicht die kollektivrechtliche Wirkung der Überleitungsbetriebsvereinbarung eine einheitliche Gestaltung und dämmt die Bildung von betrieblichen „Regelungs-Flickenteppichen“ ein.
Fazit
Gerade beim Asset Deal eröffnet der Abschluss von Überleitungsbetriebsvereinbarungen dem Erwerber die Chance, durch die abschließende Auflistung sämtlicher überzuleitender Betriebsvereinbarungen der „Auferstehung“ etwaiger betriebsverfassungsrechtlicher Karteileichen des Veräußerers rechtssicher zu begegnen.
Zudem bietet die Überleitungsbetriebsvereinbarung für alle Parteien die Möglichkeit, frühzeitig die Regelungswerke zu harmonisieren und zu vereinheitlichen.