In Arbeitsverträgen finden sich häufig sogenannte Ausschluss- oder Verfallklauseln. Diese Klauseln regeln, dass die gegenseitigen Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien innerhalb eines bestimmten Zeitraums verfallen, wenn sie nicht zuvor schriftlich oder sogar gerichtlich geltend gemacht werden. Oft dient eine solche Klausel der Abwehr von finanziellen Ansprüchen des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. Im Juni 2018 hatte das BAG indes den kuriosen Fall eines Autoverkäufers zu entscheiden, in dem sich der Arbeitnehmer – zu Recht – darauf berief, dass der Anspruch des Arbeitgebers verfallen war.
Ansprüche verfallen frühestens nach drei Monaten
Nachdem ursprünglich auch sehr kurze Ausschlussfristen als zulässig angesehen wurden, ist mittlerweile höchstrichterlich geklärt, dass eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist nicht beliebig kurz vereinbart werden kann. Nach der Rechtsprechung des BAG stellt eine Ausschlussfrist von drei Monaten die Untergrenze dessen dar, was wirksam vereinbart werden kann (BAG vom 28. September 2005 – 5 AZR 52/05). Eine kürzere Ausschlussfrist ist insgesamt unwirksam und führt dazu, dass die Ausschlussklausel ersatzlos entfällt.
In dem dem BAG am 7. Juni 2018 zur Entscheidung vorliegenden Fall hatten die klagende Arbeitgeberin, die Betreiberin eines Autohauses, und der beklagte Arbeitnehmer, ein Autoverkäufer, im Arbeitsvertrag eine wirksame Ausschlussklausel vereinbart. Diese lautete:
Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, ausgenommen Provisionsansprüche, verfallen innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, wenn sie nicht vorher gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.
Herausgabe eines unbezahlten Neuwagens entgegen anderslautender Anweisung
Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt stellt sich zusammengefasst wie folgt dar:
Der Beklagte war seit dem 1. Mai 2014 im Autohaus der Klägerin als PKW-Verkäufer tätig. Im Betrieb der Klägerin bestand die Anweisung, ein Neufahrzeug, das entweder nicht vollständig bezahlt war oder für das keine gesicherte Finanzierung vorlag, nicht ohne Einwilligung der Geschäftsleitung an einen Käufer herauszugeben.
Gleichwohl überließ der Beklagte am 19. September 2014 einen neuen PKW Audi A1 lediglich gegen eine Anzahlung in Höhe von etwa eines Drittels des Kaufpreises an einen Kunden. Der Kunde hatte zuvor eine Finanzierung bei der Audi Bank beantragt. Ein Darlehnsvertrag war jedoch nicht zustande gekommen. Der Beklagte vereinbarte mit dem Kunden, dass dieser den PKW am 22. September 2014 zurück zum Autohaus bringen sollte.
Verschwinden des herausgegebenen Fahrzeugs
Der Kunde brachte das Fahrzeug jedoch nicht zurück, sondern setzte sich mit dem Fahrzeug nach Italien ab. Den restlichen Kaufpreis zahlte er ebenfalls nicht.
Die Beklagte versuchte daraufhin im Wege einer Strafanzeige und über die italienischen Anwälte des Kunden an den PKW oder den vollen Kaufpreis zu gelangen. Als dies nicht gelang entwarf sie Anfang August 2015 eine Klage gegen den Kunden, mit der sie diesen auf Herausgabe des Fahrzeugs und auf Schadensersatz in Anspruch nahm. Diese Klageschrift ließ die Beklagte am 12. August 2015 in die italienische Sprache übersetzen und reichte sie am 20. August 2015 beim LG Freiburg ein. Am 2. Dezember 2015 teilte das LG Freiburg mit, dass die Klage dem Kunden nicht zugestellt werden konnte.
Am 16. November 2015 kündigte der Beklagte fristgerecht sein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin. Im Anschluss daran forderte ihn die Klägerin am 20. November 2015 schriftlich auf, seine Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen und zu diesem Zweck ein beigefügtes Schuldanerkenntnis zu unterzeichnen. Als der Beklagte sich weigerte, erhob die Klägerin am 29. Dezember 2015 Klage auf Zahlung von Schadensersatz für den restlichen Kaufpreis sowie Rechtsanwalts- und Detektivkosten in Höhe von insgesamt knapp EUR 30.000,00 beim ArbG Freiburg.
Kein Erfolg der Arbeitgeberin in drei Instanzen
Das ArbG Freiburg wies die Klage ab. Das LAG wies die Berufung der Klägerin zurück. Mit der Revision verfolgte die Klägerin ihr Anliegen weiter. Sie vertrat die Auffassung, der Beklagte habe durch die Herausgabe des Fahrzeugs seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt und sei daher zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet. Ihr Anspruch sei nicht aufgrund der Ausschlussklausel verfallen, da der Schaden erst durch den dauerhaften Verlust des Fahrzeugs eingetreten sei. Dieser Verlust habe erst im Dezember 2015 festgestanden.
Der Beklagte vertrat die Auffassung, er habe sich nicht vertragswidrig verhalten. Zudem stünde jedenfalls die Ausschlussklausel des Arbeitsvertrags einem Schadensersatzanspruch der Klägerin entgegen.
Das BAG hat die Revision zurückgewiesen (BAG vom 7. Juni 2018 – 8 AZR 96/17). Dabei ließen die Richter offen, ob die Herausgabe des Fahrzeugs durch den Beklagten eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung darstelle. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin sei jedenfalls aufgrund der Verfallklausel am 20. November 2015, als die Klägerin sich erstmals schriftlich an den Beklagten wandte, bereits verfallen gewesen. Die Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs sei spätestens zu dem Zeitpunkt eingetreten, als die Klägerin sich entschlossen hatte, gegen den Kunden Klage zu erheben und die vorbereitete Klageschrift in die italienische Sprache übersetzen ließ. Der Begriff der Fälligkeit im Sinne einer Ausschlussklausel sei unter Einbeziehung des Kenntnisstands des Gläubigers und subjektiver Zurechnungsgesichtspunkte interessengerecht auszulegen. Ein Anspruch ist regelmäßig erst dann im Sinne der Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann. Zum Zeitpunkt der Vorbereitung der Klage gegen den Kunden habe für die Klägerin festgestanden, dass sie weder den PKW noch den restlichen Kaufpreis von dem Kunden erhalten würde. Sie habe daher zu diesem Zeitpunkt ihre Ansprüche gegen den Beklagten beziffern können.
Fazit
Diese Entscheidung ruft in Erinnerung, dass arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln nicht lediglich der Abwehr von Ansprüchen des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber dienen. Auch Ansprüche des Arbeitgebers unterliegen den Ausschlussfristen. Aufgrund der in der Praxis häufig schwierig zu beantwortenden Frage nach der Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs und in Anbetracht des auch bei drei Monaten weiterhin nur kurzen Verfallzeitraums, sollten Arbeitgeber darauf achten, Ansprüche gegenüber dem Arbeitnehmer, sobald sie diese beziffern können, schriftlich und – sofern dies nach der Klausel erforderlich ist – gerichtlich geltend zu machen.