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Mindestlohn

Mindestlohnanspruch bei Praktika: Neues vom BAG

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Das Leben ist kein Ponyhof – so entschied das BAG ganz aktuell über die Mindestlohnforderung einer Praktikantin eines Reitanlagenbetreibers und lehnte einen Anspruch auf Vergütung ab (BAG vom 30. Januar 2019 – 5 AZR 556/17, bisher nur als Pressemitteilung verfügbar). Unter welchen Voraussetzungen Praktikantinnen und Praktikanten gegebenenfalls einen Anspruch auf Mindestlohn haben und welche Fallstricke sich dabei für Unternehmen ergeben können, haben wir unter Berücksichtigung der neusten Entscheidung für Sie zusammengefasst.

Anspruch auf Mindestlohn– ja oder nein?

Die Frage „Anspruch auf Mindestlohn – ja oder nein?“ stellt sich seit dem 1. Januar 2015 – der Einführung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) – in vielen Unternehmen regelmäßig (dazu ausführlich von Till Hoffmann-Remy: „Mindestlohn: Die wichtigsten Fragen und Antworten“). Das BAG hatte schon mehrfach Gelegenheit, Einzelfragen zum Thema Mindestlohn zu klären, so etwa im Rahmen von Ausschlussklauseln, die in (fast) jedem Arbeitsvertrag zu finden sind (dazu Lars Möller „Klare Kante: Das BAG zu Ausschlussklauseln und Mindestlohn“) oder zur Anrechenbarkeit bestimmter Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn (ebenfalls Lars Möller „Zuschlag gefällig? Wirkt auch für den Mindestlohn!“). Auch die Entscheidung vom 30. Januar 2019 ist eine Grundlegende und wird viele Unternehmen betreffen: Die Beschäftigung von Praktikanten/innen ist nicht ungewöhnlich. Ob ihnen auch ein Vergütungsanspruch nach dem MiLoG zusteht, ist rechtlich nicht ganz einfach zu bestimmen und hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Die Art und Dauer des Praktikums sind maßgeblich

Ob für ein Praktikum der gesetzliche Mindestlohn zu bezahlen ist, richtet sich maßgeblich nach der Art des Praktikums, § 22 Abs. 1 MiLoG. Handelt es sich um ein sogenanntes Pflichtpraktikum, ist die Ableistung des Praktikums also von der einschlägigen Ausbildungs- oder Hochschulordnung vorgeschrieben, besteht kein Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns. Gleiches gilt für sogenannte freiwillige Praktika: Orientierungspraktika vor Ausbildungs- oder Studienbeginn von bis zu dreimonatiger Dauer sind „mindestlohnfrei“. Ebenfalls maximal drei Monate kann ein berufsausbildungs- oder studienbegleitendes Praktikum mindestlohnfrei sein, wenn nicht zuvor bereits ein solches Praktikumsverhältnis bei demselben Ausbildenden bestanden. Auch die Einstiegsqualifizierungen nach § 54a SGB III und Berufsausbildungsvorbereitungsmaßnahmen nach §§ 68ff. BBiG sind mindestlohnfrei.


Neuste Rechtsprechung des BAG zur Dauer freiwilliger Praktika

Das BAG entschied nun, dass auch bei freiwilligen Praktika, welche wegen einer Unterbrechung länger als drei Monate dauern, nicht unbedingt Mindestlohn gezahlt werden muss. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Unterbrechung auf persönlichen Gründen des Praktikanten beruht und das Praktikum um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert wurde, zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wird (BAG vom 30. Januar 2019 – 5 AZR 556/17).

Im vom BAG zu entscheidenden Fall klagte eine ehemalige Praktikantin gegen ihren Ausbilder, den Betreiber einer Reitanlage. Die Klägerin absolvierte bei diesem ein dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung zur Pferdewirtin (ein sogenanntes freiwilliges Praktikum nach § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 MiLoG). Das Praktikum begann am 6. Oktober 2015. In der Zeit vom 3. bis 6. November 2015 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Ab dem 20. Dezember 2015 war sie nach Absprache mit der Beklagten im Weihnachtsurlaub. Im Urlaub vereinbarte sie mit der Beklagten, dass sie das Praktikum erst ab dem 12. Januar 2016 weiterführen würde, um noch „Schnuppertage“ auf anderen Pferdehöfen zu verbringen. Das Praktikum endete am 25. Januar 2016 und die Praktikantin erhielt keine Vergütung. Hiergegen wandte sich die Klägerin und forderte knapp EUR 5.500 brutto Vergütung für die Zeit ihres Praktikums in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns. Sie argumentierte, die Höchstdauer eines Orientierungspraktikums von drei Monaten sei überschritten, weshalb ihr Praktikum mit dem damaligen Mindestlohn von EUR 8,50 zu vergüten sei.

Das BAG erteilte dem nun eine Absage: ein Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn besteht nicht, wenn das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung die Höchstdauer von drei Monaten nicht überschritten hat. Unterbrechungen des Praktikums innerhalb dieses Rahmens sind möglich, wenn der Praktikant/die Praktikantin hierfür persönliche Gründe hat und die einzelnen Abschnitte sachlich und zeitlich zusammenhängen. Da das Praktikum wegen der Arbeitsunfähigkeit und auf eigenen Wunsch der Klägerin für nur wenige Tage unterbrochen und dann jeweils unverändert fortgesetzt wurde, sah das BAG die Höchstdauer von drei Monaten nicht überschritten.

Achtung bei Scheinpraktika – Verkapptes Arbeitsverhältnis?

In der Praxis meist deutlich schwieriger als die Überwachung der Einhaltung der Höchstdauer eines Praktikums stellt sich die Vermeidung von Scheinpraktika dar. Denn häufig wird übersehen, dass auch die Art der ausgeübten Tätigkeiten im Praktikum einen Mindestlohnanspruch auslösen kann. Denn egal wie ein entsprechender Vertrag bezeichnet wird (z.B. als „Praktikumsvertrag“) oder erst gar kein schriftlicher Vertrag geschlossen wird (gesetzlich ist dies gemäß § 26 BBiG für manche Praktika kein Muss!): Entscheidend für den zwingenden Mindestlohnanspruch ist die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses, § 22 Abs. 1 S. 3 MiLoG. Schnell ist ein Praktikant aufgrund der ihm übertragenen Aufgaben ein „verkappter“ Arbeitnehmer mit allen entsprechenden Rechten und Pflichten. Es empfiehlt sich daher durch entsprechende Vertragsgestaltung (z.B. die Festlegung der mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele) und gelebte Praxis die Rechtsfolgen eines Scheinpraktikums vorzubeugen. Sonst hat der vermeintliche Praktikant nicht nur Anspruch auf Mindestlohn, sondern unterfällt auch dem Kündigungsschutz sowie allen sonstigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen für Arbeitnehmer.

Mehr zum Thema finden Sie auch in unserem Blogbeitrag „Mindestlohn für Praktikanten und Gastärzte in Krankenhäusern und Pflegebetrieben?“ von Dr. Julia Christina König sowie in „USA: New Primary Beneficiary Test for Internships” zur Rechtslage in den USA.

Stefan Fischer

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Partner
Stefan Fischer berät nationale und internationale Unternehmen umfassend vor allem in betriebsverfassungsrechtlichen und tarifrechtlichen Themen, etwa bei Restrukturierungs- einschließlich Integrationsmaßnahmen oder bei (Sanierungs-)Tarifverträgen, sowie bei der Verhandlung von Betriebsvereinbarungen (u.a. zur Vergütung, zur Arbeitszeit, zu IT-Einführung, Einführung neuer Arbeitsmethoden). Er ist außerdem sehr erfahren in der arbeitsgerichtlichen Prozessführung, u.a. im Zusammenhang mit Compliance-Fragen, sowie in der Gestaltung und Beendigung von Dienstverträgen von Vorständen und Geschäftsführern. Stefan Fischer ist aktives Mitglied in der International Practice Group für Global Mobility/Immigration von Ius Laboris. Er ist Mitglied der Fokusgruppe "Aufsichtsratsberatung".
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