Die Vergütung bzw. die Zeitgutschrift für außerhalb der regulären persönlichen Arbeitszeit erbrachte Betriebsratstätigkeit bietet immer wieder Anlass zu Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wie zwei aktuelle Entscheidungen des BAG (26.09.2018 – 7 AZR 829/16) und des LAG Bremen belegen (03.07.2018 – 1 Sa 147/17). Diese bieten Anlass, die wichtigsten Grundsätze noch einmal darzustellen.
Betriebsratsamt als Ehrenamt
Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass das Betriebsratsamt ein Ehrenamt ist und daher unentgeltlich ausgeübt wird, § 37 Abs. 1 BetrVG. Die Betriebsratsmitglieder erhalten für ihre Tätigkeit also keine besondere Vergütung und dürfen eine solche wegen des Verbots der Bevorzugung in § 78 S. 2 BetrVG auch nicht erhalten.
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die Betriebsratstätigkeit daher während der persönlichen Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds unter Fortzahlung der regulären Vergütung erfolgen. Entgeltfortzahlungstatbestand ist die notwendige Betriebsratsarbeit, wie sich aus § 37 Abs. 2 BetrVG ergibt.
Aufgrund der internen Organisation des Betriebsrats oder der individuellen Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds kann es jedoch zu Situationen kommen, in denen die Betriebsratsarbeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit erbracht werden muss. Für solche Fälle gewährt § 37 Abs. 3 BetrVG den betroffenen Betriebsratsmitgliedern einen Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Ist die Gewährung von Freizeit nicht innerhalb eines Monats möglich, ist die außerhalb der persönlichen Arbeitszeit geleistete Betriebsratsarbeit wie Mehrarbeit zu vergüten.
Schwierigkeiten bei Arbeitszeitkonten
Operiert der Arbeitgeber mit Arbeitszeitkonten, kommt es immer wieder zu Streit, welche Zeiten dem Konto für außerhalb der Arbeitszeit geleistete Betriebsratstätigkeit gutzuschreiben sind. So begehrte etwa auch das Betriebsratsmitglied im vom BAG entschiedenen Fall eine höhere Zeitgutschrift.
Der Kläger war als Rettungsassistent für das Deutsche Rote Kreuz tätig und nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied. Während seiner regulären Tätigkeit arbeitete der Kläger in 12-Stunden-Schichten, mit teilweiser Arbeitsbereitschaft. Die Betriebsratssitzungen bei der Beklagten dauerten regelmäßig acht Stunden. Fiel eine Betriebsratssitzung auf einen Tag, an dem ein Betriebsratsmitglied regulär zu einer 12-Stunden-Schicht eingeteilt war, beschäftigte die Beklagte das jeweilige Betriebsratsmitglied aus organisatorischen Gründen nach dem Ende der Sitzung nicht mehr, schrieb dem Arbeitszeitkonto jedoch zwölf Stunden gut. Erfolgte die Sitzung an Tagen, an denen das Betriebsratsmitglied nicht zur Arbeit eingeteilt war, schrieb die Beklagte dem Arbeitszeitkonto hingegen nur die tatsächliche Dauer der Betriebsratssitzung von acht Stunden gut.
Hiergegen wandte sich der Kläger und begehrte auch für solche Sitzungen die Gutschrift von zwölf Stunden auf dem Arbeitszeitkonto. Er machte geltend, seine Teilnahme an einer achtstündigen Betriebsratssitzung entspreche „qualitativ“ einem zwölfstündigen Arbeitstag, da während der Betriebsratstätigkeit keine Arbeitsbereitschaft anfalle. Zudem werde er gegenüber solchen Betriebsratsmitgliedern benachteiligt, die an den Tagen der Sitzung regulär zum Dient eingeteilt waren. Diese nähmen ebenfalls nur an der Betriebsratssitzung teil, erhielten aber zwölf Stunden gutgeschrieben.
Das BAG erteilte dem Ansinnen jedoch, wie auch die Vorinstanzen, eine Absage und betonte noch einmal, dass „entsprechend“ in § 37 Abs.2 BetrVG sich allein auf die tatsächlich außerhalb der persönlichen Arbeitszeit erbrachte Betriebsratstätigkeit beziehe. Diese habe hier nur acht Stunden betragen, weshalb auch nur acht Stunden gutzuschreiben seien.
Der Kläger werde dadurch auch nicht gegenüber den Betriebsratsmitgliedern benachteiligt, die am Tag der Sitzung regulär zu einer Schicht eingeteilt waren. Anders als der Kläger hätten sich diese Mitglieder nach der Sitzung zu ihrer regulären Tätigkeit bereitzuhalten. Nur aufgrund des durch die Nichtannahme der Leistung eintretenden Annahmeverzuges sei die Beklagte gemäß § 615 S. 1 BGB verpflichtet, die Stunden gutzuschreiben. Der Kläger sei jedoch nach der Sitzung nicht mehr zur Arbeit verpflichtet gewesen, so dass der Arbeitgeber insoweit auch nicht in Annahmeverzug kommen könne.
Reisezeiten teilzeitbeschäftigter Betriebsratsmitglieder
Ähnliche Schwierigkeiten stellten sich im Fall des LAG Bremern. Der Kläger war Ersatzmitglied des Betriebsrats und am Standort Bremen der Beklagten beschäftigt. Seiner Arbeitszeit betrug täglich 3,5 Stunden zwischen 16.30 Uhr und 20.00 Uhr. Der Regionalbetriebsrat war in Hamburg gebildet und tagte regelmäßig dienstags ab 10.30 Uhr bzw. 11.00 Uhr. Der Kläger nahm an dessen Sitzungen unstreitig regelmäßig als nachgerücktes Ersatzmitglied teil und begehrte eine Zeitgutschrift sowohl für die Sitzungszeit als auch für die An- und Abreisezeiten.
Die Beklagte verweigerte die Zeitgutschrift über die Sitzungszeiten hinaus. Zum einen seien die Reisezeiten keine Betriebsratsarbeit zum anderen sehe ihre Reisrichtlinie vor, dass Reisezeiten außerhalb der persönlichen Arbeitszeit erst ab einem Mindestaufwand von einer Stunde zu vergüten seien.
Dagegen wandte der Kläger ein, die Reise zur Betriebsratssitzung sei notwendige Voraussetzung der Betriebsratstätigkeit und gehöre deshalb ebenfalls zur Betriebsratsarbeit. Im Übrigen werde er unzulässig benachteiligt, weil die Arbeitszeitrichtlinie – unstreitig – vorsehe, dass Reisezeiten während der regulären Arbeitszeit voll zu vergüten seien.
Das LAG Bremen sprach dem Kläger die erhöhte Zeitgutschrift zu. Der Betriebsrat entscheide nach dem Betriebsverfassungsgesetz in Sitzungen. Falls aufgrund der Organisationsstrukturen der Beklagten die Sitzungen des Regionalbetriebsrats in Hamburg stattfänden, sei es daher unabdingbare Voraussetzung der Betriebsratstätigkeit sich zunächst von Bremen nach Hamburg zu begeben. Die dafür notwendige Reisezeit sei daher ebenfalls Betriebsratstätigkeit.
Die Reiserichtlinie stehe diesem Anspruch nicht entgegen, da sie Teilzeitbeschäftigte ohne sachlichen Grund schlechterstelle als Vollzeitbeschäftigte, die entsprechende Reisen ohne den Mindestaufwand von einer Stunde gutgeschrieben bekämen. Die Regelung sei daher nach § 4 Abs. 1 TzBfG unbeachtlich und dem Kläger die Reisezeit voll gutzuschreiben.
Fazit: Ausschließlich Gutschrift der tatsächlich aufgewandten Zeit geschuldet
Festzuhalten bleibt damit, dass nach § 37 Abs. 3 BetrVG der Ausgleich der tatsächlich für die Betriebsratstätigkeit aufgewandten Zeit inklusive der ggf. notwendigen Anreise geschuldet wird, aber eben auch nicht mehr. Die Gerichte machen damit erneut deutlich, dass Betriebsratstätigkeit gerade nicht gesondert zu vergüten ist und dafür auch keine besonderen Regelungen gelten.
Wir danken Frau stud. iur. Lieselotte Hinz für die Unterstützung beim Erstellen des Beitrags.