In der Praxis finden sich in Arbeitsverträgen vielfach Klauseln, wonach der Arbeitgeber sich verpflichtet, in gewissen Zeitabständen eine Leistung zu „überprüfen“ oder „anzupassen“. Insbesondere bei nicht-tariflichen Mitarbeitern – häufig bei Führungskräften – sind diese weit verbreitet. Diese Klauseln können Ausdruck dessen sein, dass Arbeitnehmer in Vertragsverhandlungen nicht das gewünschte Ergebnis erzielt haben. Manchmal möchte der Arbeitgeber aber auch einfach seinen „guten Willen“ zum Ausdruck bringen oder eine positive Grundstimmung im Arbeitsverhältnis schaffen.
Wenngleich mit positivem Ausgang für den Arbeitgeber zeigt eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.2.2019, dass bei der Aufnahme entsprechender Regelungen in einen Arbeitsvertrag Vorsicht geboten ist.
Worum ging es?
Bei der Beklagten galt seit vielen Jahren ein sog. Leistungspakt, welcher ein anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld für die Angestellten vorsah. Für die Bemessung wurde das Bruttomonatsgehalt herangezogen, allerdings nur bis zu einer sog. Bemessungs-Obergrenze, die betragsmäßig festgelegt war. Diese Obergrenze sollte alle zwei Jahre vom Arbeitgeber überprüft werden. Eine Erhöhung erfolgte aber über Jahrzehnte nicht. Der klagende Arbeitnehmer machte geltend, aus der Pflicht zur Überprüfung der Bemessungs-Obergrenze folge auch eine Pflicht des Arbeitgebers, die Obergrenze nach billigem Ermessen gem. § 315 BGB zu erhöhen, da ansonsten die Prüfpflicht des Arbeitgebers eine bedeutungslose Floskel sei.
„Überprüfen“ meint nicht „anpassen“
Dieser Argumentation ist – wie schon zuvor das LAG – das BAG nicht gefolgt. Zur Begründung haben die Erfurter Richter ausgeführt, anders als bei einer sog. „Anpassungsklausel“ lasse sich bereits dem Wort „überprüfen“ nicht entnehmen, dass der Überprüfung auch eine Pflicht zur Anhebung nachfolge. In Abgrenzung zu Entscheidungen des BAG, des BGH und des LAG Berlin-Brandenburg ergebe sich im entschiedenen Fall aus dem Vertragswortlaut keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Überprüfung etwa dazu diene eine Relation zu anderen Entgelten im Unternehmen zu wahren oder die Vergütung ggf. nach bestimmten Ermessensleitlinien anzupassen. Regelmäßig ergebe sich aber kein Anspruch auf Anpassung einer festgelegten Vergütung, wenn lediglich eine Überprüfung vorgesehen sei und Anhaltspunkte für eine Verpflichtung fehlten, die Vergütung dann ggf. auch anzuheben.
Überprüfungsklausel keine bedeutungslose Floskel für Arbeitgeber
Eine Allgemeine Geschäftsbedingung des Inhalts, dass eine Leistung wiederkehrend überprüft wird, ist dennoch kein leerer Programmsatz. Zurecht hebt das BAG hervor, dass Arbeitgeber, die eine regelmäßige Überprüfung der Höhe einer Leistung zusagen, diese auch tatsächlich vorzunehmen und die betroffenen Arbeitnehmer über das Ergebnis zu informieren haben. Wenn auch aus der Überprüfung keine Pflicht zur Anpassung folge, so entstehe gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern dadurch dennoch ein gewisser Legitimations- und Begründungsdruck des Arbeitgebers.
Was folgt aus dieser Entscheidung?
Zur Veranschaulichung ein Beispiel:
Verpflichtet sich der Arbeitgeber gegenüber einem AT-Angestellten dazu, eine „angemessene Relation“ zu Tarifgehältern zu wahren und sagt in diesem Zusammenhang eine jährliche Überprüfung des Gehalts zu, verpflichtet er sich zugleich zu einer Anpassungsentscheidung über eine Gehaltserhöhung. Unterlässt er diese, kann der Arbeitnehmer die unterbliebene Leistungsbestimmung des Arbeitgebers durch eine gerichtliche Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 3 S. 2 BGB ersetzen. Fehlt ein solcher Kontext und der Arbeitgeber beschränkt sich auf die Zusage einer bloßen Gehaltsüberprüfung, hat er keine Anpassungsentscheidung im Sinne einer einseitigen Leistungsbestimmung vorzunehmen. Dem entsprechend ist der Anwendungsbereich des § 315 Abs. 3 BGB nicht eröffnet. Dennoch muss der Arbeitgeber die Leistung einer Prüfung unterziehen und dem Arbeitnehmer mitteilen, welches Ergebnis seine Prüfung hatte. In seiner Entscheidung, im Zusammenhang mit der Überprüfung auch eine Anpassung einer Leistung vorzunehmen ist der Arbeitgeber allerdings frei.
Praxisfolgen
Erfreulich und völlig überzeugend hat das BAG klargestellt, dass nicht jede Überprüfungsklausel zugleich die Pflicht zur Anpassung einer Leistung nach sich zieht. Dennoch bleibt Vorsicht geboten. Häufig werden sich in Verträgen Kriterien und Anknüpfungspunkte finden lassen, die Argumentationsfläche dafür bieten, dass Leistungen nicht nur zu überprüfen, sondern anhand bestimmter Kriterien auch anzupassen sind. Vor diesem Hintergrund sollten Arbeitgeber wo möglich auf Überprüfungsklauseln verzichten. Was oft als Zeichen guten Willens gedacht ist, kann sich rechtlich schnell als Bumerang erweisen.