Zu den „Dauerbrennern“ der arbeitsrechtlichen Beratung zählt zweifellos das nachvertragliche Wettbewerbsverbot. Bei vielen Unternehmen besteht verständlicherweise der Wunsch, sich möglichst optimal vor einer Konkurrenztätigkeit ausgeschiedener Mitarbeiter zu schützen. Allerdings hat dieser Schutz seinen Preis: die Karenzentschädigung.
Zur Zahlung einer Karenzentschädigung möchte sich ein Arbeitgeber indes naturgemäß nur dann verpflichten, wenn ihm der betroffene Mitarbeiter nach seinem Ausscheiden auch tatsächlich „gefährlich“ werden kann. Die Krux dabei: Nicht immer lässt sich bei Abschluss des Arbeitsvertrages bereits verlässlich absehen, inwieweit der Arbeitnehmer mit wettbewerbsrelevanten Informationen in Kontakt kommen wird und ob sich die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots daher lohnt. Dieser Unsicherheit kann unter Umständen mit dem Abschluss eines Vorvertrages begegnet werden.
Der schmale Grat zum „bedingten“ Wettbewerbsverbot
„Ob das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in Kraft treten soll, möchten wir entscheiden, wenn der Mitarbeiter tatsächlich geht.“ Mit dieser Wunschvorstellung treten viele Unternehmen an uns heran. Über entsprechenden Vertragsklauseln schwebt indes stets das Damoklesschwert der Unverbindlichkeit. Hängt die Geltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots allein vom Willen des Arbeitgebers ab und kann dieser letztlich entschädigungsfrei darüber entscheiden, ob er sich darauf beruft, handelt es sich hierbei um eine unzulässige Bedingung. Derart bedingte Wettbewerbsverbote führen zur Unverbindlichkeit, d.h. dem Arbeitnehmer steht ein Wahlrecht zu, ob er sich an das Verbot hält und die Karenzentschädigung in Anspruch nimmt oder stattdessen eine Konkurrenztätigkeit aufnimmt. So weit, so unschön…
Um sich als Arbeitgeber gleichwohl eine gewisse Flexibilität beim „Einsatz“ des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zu erhalten, kommt unter Umständen der Abschluss eines Vorvertrages über die spätere Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots in Betracht.
Der Vorvertrag über die spätere Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots
Die Rechtsprechung erachtet den Abschluss von Vorverträgen, mit denen sich ein Arbeitnehmer verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitsgebers für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein nachtvertragliches Wettbewerbsverbot mit einem bestimmten Inhalt zu vereinbaren, als grundsätzlich zulässig. Aber Vorsicht: Je nach den Umständen und der konkreten Ausgestaltung kann bereits ein solcher Vorvertrag für den Arbeitnehmer eine unbillige Erschwerung des Fortkommens im Sinne von § 74a Abs. 1 S. 2 HGB enthalten.
In diesem Fall ist der Vorvertrag unverbindlich, d.h. der Arbeitgeber hat keinen durchsetzbaren Anspruch gegen den Arbeitnehmer auf Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Doch damit nicht genug: Der Arbeitgeber muss sich sogar so behandeln lassen, als sei mit dem Mitarbeiter bereits ein unverbindliches nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart worden. Mithin kann der Arbeitnehmer wählen, ob er sich an das (lediglich in Aussicht gestellte) Konkurrenzverbot hält und die Karenzentschädigung einfordert oder eine Konkurrenztätigkeit aufnimmt.
Zeitliche Begrenzung
Besondere Bedeutung bei der Ausgestaltung eines entsprechenden Vorvertrags kommt der ordnungsgemäßen zeitlichen Begrenzung des arbeitgeberseitigen Optionsrechts zu. So hat das BAG jüngst entschieden (BAG v. 19.12.2018 – 10 AZR 130/18), dass der Arbeitgeber die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nur so lange vom Arbeitnehmer verlangen darf, wie das Arbeitsverhältnis noch nicht gekündigt ist. Gleiches dürfte für den Fall des Abschlusses eines Aufhebungsvertrags gelten. Der aus dem Vorvertrag resultierende Anspruch auf Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots muss also entsprechend zeitlich begrenzt sein, sonst droht die Unverbindlichkeit.
Berechtigtes Interesse des Arbeitgebers
Selbst wenn die zeitlichen Grenzen beachtet werden, steht die Verbindlichkeit des Vorvertrages indes noch lange nicht fest. Die Rechtsprechung fordert vielmehr zusätzlich ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers gerade am Abschluss eines Vorvertrages. Ein solches Interesse kann beispielsweise vorliegen, wenn die künftige berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers, die Weiterentwicklung der schützenswerten wettbewerblichen Interessen des Arbeitsgebers oder dessen finanzielle Belastbarkeit bei Abschluss des Arbeitsvertrags noch nicht hinreichend absehbar sind und der Abschluss eines (endgültigen) nachvertraglichen Wettbewerbsverbot daher (noch) nicht in Betracht kommt.
Bei einem Start-up-Unternehmen, dessen Etablierung am Markt noch nicht abzusehen ist, dürfte diese Voraussetzung häufig erfüllt sein. Gleiches gilt bei der Einstellung eines Mitarbeiters, der zunächst auf einer weniger wettbewerbsrelevanten Position beschäftigt werden soll, in Abhängigkeit von seiner Entwicklung jedoch zeitnah auf eine strategisch wichtige Position aufsteigen könnte.
Schwieriger zu begründen sein dürfte ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers am Abschluss eines Vorvertrages hingegen, wenn schon zum Zeitpunkt der Einstellung erkennbar ist, dass der Mitarbeiter von Beginn seiner Tätigkeit an mit wettbewerbsrelevanten Informationen in Berührung kommt.
Letztlich ist damit eine Abwägung der wechselseitigen Interessen im jeweiligen Einzelfall vorzunehmen, die über die Verbindlichkeit des Vorvertrags entscheidet.
Konkretisierung des Inhalts erforderlich
Schließlich stellt die Frage, wie konkret der Inhalt des zukünftig zu vereinbarenden nachvertraglichen Wettbewerbsverbots bereits im Vorvertrag festgelegt werden muss. Auf den ersten Blick mag es für den Arbeitgeber durchaus verlockend sein, sich hinsichtlich des Inhalts noch möglichst viel Spielraum zu belassen und diesbezüglich im Vorvertrag nur vage Vorgaben zu machen. Dieser Schuss kann allerdings nach hinten losgehen. Denn der Vorvertrag unterliegt ebenso wie die spätere Vereinbarung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots selbst der Schriftform. Die Schriftform ist indes nur gewahrt, wenn die Angaben zum Inhalt des zukünftig zu vereinbarenden Verbots zumindest so konkret und vollständig sind, dass sich im Streitfall der Inhalt der abzuschließenden Vereinbarung feststellen lässt (vgl. hierzu zuletzt LAG Rheinland-Pfalz v. 16.2.2017 – 5 Sa 425/16). Enthält der Vorvertrag daher nicht zumindest konkrete Angaben zu den wesentlichen Elementen des späteren Verbots, entspricht er nicht der Schriftform und ist damit nichtig.
Fazit
Auf dem Weg zu einem wirksamen, verbindlichen Vorvertrag über die zukünftige Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gibt es die ein oder andere Hürde zu überwinden. Der Vorvertrag taugt daher keinesfalls als „Allheilmittel“. Korrekt umgesetzt, bietet er Unternehmen in den passenden Konstellationen jedoch einen hervorragenden Kompromiss aus Flexibilität und Planungssicherheit.
Lesen Sie ergänzend hierzu auch den Beitrag: „Drum prüfe, wer sich nachvertraglich bindet …”, bereits veröffentlicht auf diesem Blog.