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Wer nicht fragt, bleibt dumm – Die rechtliche Problematik rund um die „Diversity-Umfrage“

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„Diversity Management“- eine aus der USA stammende Strategie, die noch immer in aller Munde ist und zu einem Ruck durch die deutsche Wirtschaft geführt hat. Das US-amerikanische, personalwirtschaftliche Konzept, das auf eine besonders breitgefächerte Beschäftigungsstruktur abzielt, lockt mit Visionen wie proaktiver Förderung von individuellen Potentialen, Vielfalt und diskriminierungsfreiem Klima. Auch hierzulande ist es mittlerweile in größeren Personalabteilungen etabliert als Instrument, um die Vielfalt des Personals zu stärken, zu erhalten und die sich daraus ergebenden Vorteile bestmöglich zu nutzen.

Die Bedeutung dieser Thematik erkennt man auch daran, dass aktuell etwa 3000 Unternehmen, Verbände und Institutionen des Öffentlichen Rechts mit Sitz in Deutschland, die etwa zehn Millionen Arbeitnehmer beschäftigen, die sog. Charta der Vielfalt aus dem Jahre 2006 unterzeichnet haben. In dieser verpflichten sich die Unterzeichner, die Diversität in Deutschland freiwillig zu fördern. Zu den Unterzeichnern gehören 28 der Dax-30-Konzerne sowie neun der zehn größten Städte Deutschlands. 81 Prozent der Unterzeichner haben in einer Befragung von 2016 (Süddeutsche Zeitung-Diversity Vielfalt ist gut) angegeben, bereits Diversity-Maßnahmen umgesetzt zu haben.

Aufgrund der Vorteile von Diversität und nicht zuletzt aufgrund einer dadurch erhofften Imagesteigerung wollen immer mehr Arbeitgeber ein in vielerlei Hinsicht gewinnbringendes Diversity-Management betreiben. Hier steht jedoch am Beginn eine Statusfeststellung: Wie divers ist mein Unternehmen überhaupt aktuell? Diese Frage kann kaum ohne die konkrete Mithilfe der Mitarbeiter beantwortet werden, die hierfür teilweise sensible Daten preisgeben müssen.

Um Auskünfte über den aktuellen Stand möglichst zeit-/kostensparsam erheben zu können, bietet sich zur Statusfeststellung eine Umfrage an. Im Folgenden wird geklärt, ob eine derartige Umfrage erlaubt ist, welche Probleme und Risiken sich möglicherweise ergeben könnten und ob dem Betriebsrat bei solchen Befragungen Mitbestimmungsrechte zustehen.

Legalität einer Umfrage unter Mitarbeitern hinsichtlich „Diversity-Daten“

Zunächst ist festzuhalten, dass derartige Datenerhebungen stets im Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an eben diesen Informationen und dem nach Art. 2 Abs. 1 iVm 1 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter stehen.

Die Belange des Arbeitgebers und das daraus resultierende Auskunftsrecht wird jedoch nur dann als schutzwürdig gewertet, wenn ein direkter Sachzusammenhang zwischen der gestellten Frage und der ausgeübten Tätigkeit besteht. Zudem muss das Informationsinteresse des Arbeitgebers gewichtiger sein als das Interesse des Mitarbeiters seine persönlichen Daten zu schützen. Die somit geschaffene Kollisionslage ist somit im Einzelfall zu bewerten und kann nicht pauschal beantwortet werden. Während bei Fragen nach einer Schwerbehinderung und Familienstand das Interesse des Arbeitgebers (nach der Einstellung) regelmäßig überwiegt, sieht dies bei Fragen nach Religionszugehörigkeit, Nationalität und gar sexueller Orientierung schon ganz anders aus.

Bei der Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers an „Diversity Management“ und dem Interesse an AGG relevanten Informationen des Mitarbeiters dürfte den Interessen des Mitarbeiters gerade bei oben genannten sensiblen Informationen der Vorrang eingeräumt werden. Immerhin nimmt das BAG in seiner Entscheidung vom 21.11.2017 (BAG 21.11.2017- 1 ABR 47/16 ) an, dass bei Freiwilligkeit der Teilnahme an einer Mitarbeiterbefragung eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht vorliegt. Hier ist also das Einfallstor zur Statusfeststellung: Eine Freiwilligkeit der Mitarbeiterbefragung. Allerdings stellt sich hier immer das Problem der mangelnden Beteiligung. Würden Sie sich als Mitarbeiter an solch einer Umfrage beteiligen?

 Der Datenschutz und das AGG als weitere Hürde

Selbst bei einer Freiwilligkeit kann ein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) oder das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) angezeigt sein.

Gemäß § 26 BDSG dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur erfragt und festgehalten werden, wenn dies für Abschluss, Durchführung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses notwendig ist. Somit werden an ein „Umfrage-Recht“ des Arbeitgebers folgende Anforderungen gestellt:

  • Die Beantwortung der Frage muss für das Arbeitsverhältnis von wesentlicher Bedeutung sein
  • Die Belange des Arbeitgebers müssen die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen

Eine Umgehung dieser hohen Anforderungen ist möglich, wenn eine Einwilligung seitens des Arbeitnehmers nach § 26 Abs. 2 BDSG vorliegt. An diese sind aber ebenfalls umfängliche Bedingungen (zB Schriftform, Aufklärungspflicht etc.) zu stellen. Insbesondere muss diese freiwillig erfolgt sein. Die Voraussetzungen für die Feststellung der Freiwilligkeit sind strittig. Nähere Ausführungen zu den Anforderungen des § 26 BDSG finden Sie in dem Blogbeitrag von Herrn Dr. Hoffmann-Remy.

Zudem fallen Religion, Herkunft und sexuelle Identität unter die sogenannten Differenzierungsmerkmale nach § 1 AGG, bezüglich derer grundsätzlich sämtliche Fragen unzulässig sind. Jedoch liegt beim sogenannten „Diversity-Profiling“ eine von § 5 AGG umfasste Regelung vor. Diese legt fest, dass eine Maßnahme auch in dem Fall, dass sie eine Gruppe diskriminiert, zulässig ist, wenn sie ansonsten bestehende Nachteile einer anderen Gruppe wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals ausgleicht. Jedoch sind starre Quoten oder unbedingte Vorrangsregelungen zu vermeiden, sowie vor der Maßnahme die möglichen Vor- und Nachteile für alle betroffenen Gruppen sorgfältig abzuwägen.

Diese Risiken sollten auch nicht unbeachtet bleiben, da verschiedene Verstöße rechtliche Konsequenzen, insbesondere in Form von Schadensersatzansprüchen, nach sich ziehen können. Eliminiert werden können beide Risiken, indem die Umfrage nicht nur freiwillig, sondern auch anonymisiert erfolgt.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates

Grundsätzlich besteht in solchen Fällen ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 94 BetrVG. Dieses scheidet jedoch nach Auffassung des BAG aus, wenn die Mitarbeiterbefragung strikt freiwillig ist. Der Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts fällt nämlich weg, wenn der Arbeitnehmer selbst entscheiden kann, ob er die Frage beantwortet oder nicht.

Praxistipp:

Diversity- Umfragen sind möglich. Um die Beteiligungsquote zu erhöhen und insbesondere Datenschutzrecht nicht zu verletzen, ist eine Freiwilligkeit und eine Anonymisierung dringend zu empfehlen. Gegebenenfalls erklärt sich auch der Betriebsrat dazu bereit, für die Umfrage Werbung zu machen. Hierzu kann sich eine kurze und freiwillige Betriebsvereinbarung anbieten, die gegebenenfalls zu einer umfangreicheren „Diversity-Managment-vereinbarung“ heranwachsen kann.

Mit freundlicher Unterstützung unserer Referendarin Jessica Tempfli.

KLIEMT.Arbeitsrecht




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