Seitdem das BAG – eingeleitet durch das BVerfG – Anfang des Jahres seine jahrzehntelange Rechtsprechung zur Auslegung und Anwendung der Grenzen des Anschlussverbots gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG aufgegeben hatte, musste es sich am 21. August 2019 (Az.: 7 AZR 452/17) nun erneut mit diesem höchst praxisrelevanten Thema auseinandersetzen. Diesmal aber sah der siebte Senat die erneute sachgrundlose Befristung bei demselben Arbeitgeber wegen einer sehr lange zurückliegenden Vorbeschäftigung als zulässig an.
Rückblick
Am 23.01.2019 durchbrach das BAG die goldene Regel des Anschlussverbots: die Drei-Jahres-Grenze ist passé. Eine Wartezeit von drei Jahren ist nun für sich allein nicht mehr ausreichend, um ein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis mit einem früheren Arbeitgeber wieder wirksam begründen zu können. Wir haben hier bereits ausdrücklich über den Anlass und die Folgen des Urteils berichtet. Von nun an könne, so das BAG, eine Ausnahme vom Anschlussverbot nur dann angenommen werden, wenn die Vorbeschäftigung entweder
- sehr lange zurückliege,
- ganz anders geartet oder
- von sehr kurzer Dauer gewesen sei.
Vermissen ließ die Entscheidung des BAG allerdings Hinweise dazu, wie diese unbestimmten Kriterien in der Praxis zu deuten sind. In diese Dunkelheit bringt nun – aller Voraussicht nach – das Urteil vom 21.08.2019 etwas mehr Licht.
Die Entscheidung des BAG vom 21.08.2019
Zum jetzigen Zeitpunkt liegt lediglich die Pressemitteilung des BAG vor (Pressemitteilung Nr.: 29/19). Aus unserem ersten Beitrag zum „neuen“ Anschlussverbot konnten Sie bereits entnehmen, dass es – wie so häufig – auf die Feinheiten des jeweiligen Sachverhalts ankommt, ob eine Ausnahme vom Verbot der sachgrundlosen Befristung greift. Daher werden auch aus dieser Entscheidung des BAG, ohne alle Aspekte der Entscheidungsgründe zu kennen, noch keine pauschalen Schlüsse für die Praxis gezogen werden können. Dennoch wollen wir Ihnen die ersten, aus der Pressemittelung erkennbaren Tendenzen nicht vorenthalten:
Die Arbeitnehmerin war im Zeitraum 22.10.1991 bis 30.11.1992 als Hilfsbearbeiterin für Kindergeld angestellt. 22 Jahre später, mit Wirkung zum 15.10.2014, wurde sie von eben diesem Arbeitgeber nochmals sachgrundlos befristet, zunächst bis zum 30.06.2015 und letztlich bis zum 30.06.2016, als Telefonserviceberaterin im Servicecenter beschäftigt.
Das BAG entschied: die Befristung des Arbeitsvertrags ohne Sachgrund sei in diesem Fall wirksam. Der vorliegende Fall stelle eine Ausnahme vom Verbot der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG dar, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht bestehe und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich sei, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Bei einer erneuten Einstellung nach 22 Jahren liege die Vorbeschäftigung sehr lange zurück. Auch – so heißt es am Ende der Pressemitteilung – lägen in diesem Einzelfall keine besonderen Umstände vor, die dennoch die Anwendung des in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmten Verbots gebieten könnten.
WICHTIG
Die Pressemitteilung erweckt schnell den Anschein, dass eine Wartezeit von 22 Jahren stets eine Ausnahme von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG begründen könne. Doch Vorsicht, hier dürfen keine voreiligen Schlüsse gezogen werden. Einer starren zeitlichen Grenze hat das BVerfG am 06.06.2018 eindeutig eine Absage erteilt. Auch die Pressemitteilung des BAG stellt schon jetzt klar heraus, dass es IMMER auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ankommen wird. Mithin bleibt es dabei: Drum prüfe, wer sich sachgrundlos befristet bindet,…