Nachdem der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU nunmehr auf den 31.01.2020 verschoben wurde, stellt sich für UK-Staatsbürger – und deren Arbeitgeber – weiterhin die Frage, inwiefern diese sich nach einem „Brexit“ ohne ein diesen regelndes Abkommen – „No-Deal Brexit“ – in Deutschland aufhalten und arbeiten dürfen werden. Hierzu haben wir bereits Anfang des Jahres hier im Blog berichtet. Der deutsche sowie der EU-Gesetzgeber haben zwischenzeitlich für den Fall des „No-Deal-Brexit“ verschiedene Regelungen verabschiedet und geplant. Diese Regelungen privilegieren UK-Staatsbürger (und ihre Familienangehörigen) teils gegenüber anderen Drittstaatsangehörigen und sollen nachfolgend zusammenfassend dargestellt werden.
1.) 90 Tage visumfreie Einreise und Aufenthalt
Nach der Verordnung (EU) 2019/592 dürfen UK-Staatsbürger für einen Zeitraum von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen in die Schengen-Staaten, d.h. auch nach Deutschland, visumfrei einreisen und sich hier aufhalten. Dieses Recht umfasst allerdings nicht die Ausübung einer Erwerbstätigkeit. UK-Staatsbürger dürfen aber innerhalb dieses Zeitraums Geschäftsreisen nach Deutschland gem. § 30 Nr. 1 BeschV i.V.m. § 16 BeschV vornehmen – was genau eine solche Geschäftsreise darstellt, haben wir bereits hier im Blog zusammengefasst.
2.) 3-9 Monate Übergangszeit für Einreise, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit
Das BMI plant für UK-Staatsangehörige nach einem No-Deal-Brexit eine Übergangszeit von 3 Monaten, verlängerbar um weitere 6 Monate, im Rahmen einer Ministerialverordnung: Während dieser Übergangszeit benötigen UK-Staatsangehörige für Einreise und Aufenthalt keinen Aufenthaltstitel; auch eine Erwerbstätigkeit können sie währenddessen ohne Aufenthaltstitel ausüben. Dies gilt auch für solche Familienangehörige, die zum Brexit-Datum freizügigkeitsberechtigt waren.
3.) Nach der Übergangszeit: Privilegierung bei Erlangung eines Aufenthaltstitels
Nach Ablauf der Übergangszeit benötigen UK-Staatsbürger – sofern sie sich nicht lediglich kurz ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Deutschland aufhalten (siehe 1.) – für den Aufenthalt und die Erwerbstätigkeit in Deutschland grundsätzlich einen Aufenthaltstitel, wie andere Drittstaatsangehörige.
Die Bundesregierung hat daher einen Gesetzesentwurf vorgelegt, nach dem Erleichterungen für UK-Staatsangehörige und ihre Familienangehörigen in § 101 a AufenthG aufgenommen werden würden:
- Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung, der Erwerbstätigkeit oder des Familiennachzugs: UK-Staatsangehörigen und ihren Familienangehörigen, die zum Brexit-Datum die Voraussetzungen des § 2 oder § 3 FreizügG/EU erfüllen sowie zudem die Voraussetzungen der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. Kapitel 2 Abschnitt 3, 4 oder 6 AufenthG erfüllen, haben einen Rechtsanspruch auf Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis.
- Niederlassungserlaubnis: UK-Staatsangehörigen und ihren Familienangehörigen, die zum Brexit-Datum ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland haben (§ 4a FreizügG/EU), wird eine Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) – zudem unter erleichterten Voraussetzungen – erteilt.
- Besondere Aufenthaltserlaubnis: UK-Staatsangehörigen und ihren Familienangehörigen, die zum Brexit-Datum nicht die in den ersten beiden Punkten genannten Voraussetzungen erfüllen, sondern lediglich am Brexit-Datum die Voraussetzungen des § 2 oder § 3 FreizügG/EU erfüllen, wird (wenn sie bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllen) eine Aufenthaltserlaubnis zu besonderen Zwecken, welche auch die Erwerbstätigkeit erlaubt, erteilt.
Bereits verabschiedet ist zudem für den Fall des No-Deal-Brexit eine Änderung des § 26 BeschV, der UK-Staatsbürger (nicht aber ihre Familienangehörigen) im Hinblick auf den Arbeitsmarktzugang in Deutschland dahingehend privilegiert, dass entwederdie – in der Regel erforderliche – Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit für die Erteilung des Aufenthaltstitels nicht erforderlich ist oder aber diese unter erleichterten Voraussetzungen erteilt werden kann.
4.) Fazit
UK-Staatsangehörige und ihre Familienangehörigen unterfallen nach einem No-Deal-Brexit, sofern sie nicht nach den obigen Regelungen privilegiert werden, regulär den für Drittstaatsangehörige geltenden Vorschriften. Nach dem Brexit müssen UK-Staatsbürger sowie ihre Familienangehörigen und ihre Arbeitgeber folglich genau prüfen, ob und wenn ja, ab wann ein Aufenthaltstitel für den Aufenthalt und die Erwerbstätigkeit in Deutschland beantragt werden muss.