Grenzüberschreitende Arbeitseinsätze sind im Zeitalter von Globalisierung und international verflochtener Geschäfts- und Unternehmensstrukturen arbeitsrechtlicher Alltag. Mit der im Einzelfall oftmals nicht eindeutig zu beantwortenden Frage nach der einschlägigen (Arbeits-)Rechtsordnung geht dabei regelmäßig die Frage nach einer praxistauglichen Gestaltungsmöglichkeit zur Regelung des anwendbaren Rechts einher. Die naheliegende und vermeintlich einfache Lösung: Die Aufnahme einer arbeitsvertraglichen Rechtwahlklausel.
Ob eine solche Rechtswahlklausel in der arbeitsrechtlichen Praxis tatsächlich sinnvoll ist und die an sie gestellten Erwartungen in puncto Rechtsicherheit erfüllen kann, fasst dieser Beitrag zusammen.
Grundsatz der freien Rechtswahl
Grundsätzlich können die Arbeitsvertragsparteien frei wählen, welches Recht auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll. Diese sog. „Parteiautonomie“ gilt sogar in Konstellationen, in denen das Arbeitsverhältnis überhaupt keinen Auslandsbezug hat; also auch bei rein innerdeutschen Angelegenheiten.
Kein Grundsatz ohne Ausnahme
Der Grundsatz der Rechtswahlfreiheit gilt allerdings nicht grenzenlos. Zum Zwecke des Arbeitnehmerschutzes wird die Parteiautonomie durch zwingende arbeitsrechtliche Schutzvorschriften begrenzt: Die Rechtswahl der Parteien darf nicht dazu führen, dass dem jeweiligen Arbeitnehmer hierdurch der Schutz entzogen wird, der ihm nach den zwingenden Bestimmungen des objektiv anwendbaren (d.h. ohne entsprechende Rechtswahlvereinbarung) Rechts zusteht.
Zurück auf Los – Bestimmung des objektiv anwendbaren Rechts
Diese Beschränkung der Rechtswahlfreiheit erfordert in der Praxis daher zunächst, dass – trotz bewusst getroffener Rechtswahlvereinbarung – das objektiv anwendbare Recht ermittelt werden muss.
Günstigkeitsvergleich
In einem zweiten Schritt, dem sog. „Günstigkeitsvergleich“, ist dann zu prüfen, ob und wenn ja, an welcher Stelle das vereinbarte Recht durch zwingende Schutzvorschriften des objektiv anzuwendenden Rechts verdrängt wird. Vereinfacht dargestellt, ist dabei der Inhalt der für die Streitfrage relevanten Rechtsvorschriften zu vergleichen: Ist das vereinbarte Recht günstiger, verbleibt es bei der wirksamen Rechtswahl; ist jedoch eine zwingende Bestimmung des objektiv anwendbaren Rechts günstiger, so verdrängt sie insoweit die gewählte Rechtsordnung.
Die (theoretische) Leichtigkeit, mit der der Günstigkeitsvergleich daherzukommen vorgibt, täuscht. Die Handhabung des Günstigkeitsvergleichs ist in der arbeitsrechtlichen Praxis regelmäßig mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden, die dem ursprünglich mit der Rechtswahlvereinbarung verfolgten Rechtssicherheits- und Vereinfachungsgedanken evident zuwiderlaufen.
Ernüchternd bleibt somit festzuhalten, dass der Gestaltungsspielraum der zunächst so frei wirkenden Rechtswahl der Arbeitsvertragsparteien faktisch begrenzt ist. Darüber hinaus führt die (partielle) Verdrängung der vereinbarten Rechtsordnung durch zwingend arbeitsrechtliche Vorschriften objektiv anwendbaren Rechts dazu, dass das betreffende Arbeitsverhältnis nicht – wie ursprünglich angedacht– von einer bestimmten, sondern von mehreren Rechtsordnungen beherrscht wird. Die ursprünglich sinnvoll anmutende Rechtswahl wird dann schnell zur Rechtsqual: Statt Rechtssicherheit schafft der unumgängliche Anwendungsvorrang objektiven Rechts Rechtsunsicherheiten, die regelmäßig zusätzlichen Beratungsbedarf zur Folge haben.