Die Coronavirus-Pandemie und die zu ihrer Eindämmung ergriffenen Maßnahmen haben eines bewirkt: die deutsche Wirtschaft steht in vielen Bereichen (fast) still. Viele Unternehmen sind gezwungen, Kurzarbeit zu den kürzlich erleichterten Voraussetzungen umzusetzen. Die Bundesregierung erwartet etwa 2,35 Millionen Kurzarbeiter. Die örtlichen Agenturen für Arbeit sehen sich einer Flut von Kurzarbeitsanzeigen und Anträgen auf Kurzarbeitergeld ausgesetzt. Auch wenn zur Bewältigung dieser erheblichen Arbeitslast und im Sinne einer schnellen finanziellen Unterstützung vermeintlich „unbürokratisch“ vorgegangen wird, ist darauf zu achten, dass Kurzarbeit von Anfang an rechtssicher eingeführt und umgesetzt wird. Hierzu geben wir wichtige praktische Tipps:
1. Wirksame Grundlage zur Umsetzung von Kurzarbeit schaffen
Die Einführung von Kurzarbeit erfordert eine wirksame Vertragsgrundlage. Dies können tarifvertragliche Regelungen sein. Wirksamstes und effizientestes Mittel ist jedoch der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit, da diese unmittelbar und zwingend in die erfassten Arbeitsverhältnisse einwirkt. Arbeitgeber, die keinen Betriebsrat haben, verbleibt in der Regel nur der Weg über den Abschluss von Arbeitsvertragsnachträgen, in denen Dauer, Lage und Verteilung der Kurzarbeit etc. vereinbart werden.
2. Klare und transparente Kommunikation
Unabhängig davon, welcher Weg zur Einführung von Kurzarbeit ergriffen werden kann, gilt in allen Fällen: ein klare und transparente Kommunikation über die aktuelle Lage des Betriebs und die geplanten Maßnahmen zahlt sich aus und hilft bei der Umsetzung.
3. Arbeitszeitguthaben abbauen
Auch in Zeiten des Coronavirus gilt: Kurzarbeit muss unvermeidbar sein. Arbeitszeitguthaben aus Kurzzeit- und Gleitzeitkonten sind abzubauen. Nur soweit das Arbeitszeitguthaben die Grenze von 10% der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit übersteigt, kann es unangetastet bleiben, § 96 Abs. 4 S. 3 Nr. 4 SGB III.
4. Resturlaub aus 2019 und nicht verplanter Urlaub 2020 einbringen
Resturlaub aus 2019 ist in natura einzubringen, d.h. im Zweifel auch durch den Arbeitgeber anzuweisen, sofern dem nicht zu berücksichtigende Interessen der Arbeitnehmer entgegenstehen. Dies gilt auch für den bislang noch nicht festgelegten Urlaub für das Jahr 2020.
5. Arbeitszeiten sorgfältig erfassen
Da der Umfang des Arbeitsausfalls (spätestens bei der Abschlussprüfung durch die Agentur für Arbeit nach Beendigung der Kurzarbeit) glaubhaft zu machen ist, ist darauf zu achten, dass die Arbeitszeiten sorgfältig erfasst sind.
6. Anreize zur schnellen Einführung von Kurzarbeit prüfen
Unabhängig davon, über welchen Weg Kurzarbeit eingeführt wird, können Anreize Sinn ergeben, um die Umsetzungsgeschwindigkeit zu erhöhen. Dabei kommen verschiedene Mittel in Betracht: sozialversicherungsfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld, Fixierung von variablen Entgeltbestandteilen, Urlaubsgeld etc. trotz Kurzarbeit, Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung…
7. Umgang mit Urlaub und Krankheit während Kurzarbeit
Sofern Urlaub im Kurzarbeitszeitraum liegt, verbleibt es dabei. Die Kurzarbeit hat grundsätzlich auch keine Auswirkungen auf die Höhe des zu zahlenden Urlaubsentgeltes, d.h. die Arbeitszeitreduzierung bleibt außer Betracht, § 11 Abs. 1 BUrlG.
Auch bei Erkrankung eines Arbeitnehmers während der Kurzarbeit gelten bekannte Regeln: im Falle der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit erhält der Arbeitnehmer bis zur Dauer von sechs Wochen Entgeltfortzahlung gem. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG, die je nach Umfang der Kurzarbeit aus Arbeitsentgelt und Kurzarbeitergeld oder bei Kurzarbeit „Null“ ausschließlich aus Kurzarbeitergeld besteht, § 4 Abs. 3 S. 1 EFZG.
8. Feiertage zu Ostern & Co. im Blick behalten
Im Hinblick auf die nahenden Osterfeiertage ist zu beachten, dass an Feiertagen kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht, § 2 Abs. 2 EFZG. Vielmehr ist der Arbeitgeber nach § 2 Abs. 1 EFZG dazu verpflichtet, Entgeltfortzahlung an Feiertagen in Höhe des reduzierten Arbeitsentgelts zzgl. Kurzarbeitergeld bzw. bei Kurzarbeit „Null“ in Höhe des Kurzarbeitergeldes zu leisten.
Fazit: auf die Umsetzung kommt es an
Die vorstehenden Praxistipps zur Umsetzung der Kurzarbeit zeigen: entscheidend sind nicht nur die staatlichen Anreize, sondern vor allem deren praktische Umsetzung in den Unternehmen.
Hierbei unterstützen wir Sie auf unserem Blog, mit unseren Leitfäden und begleitenden Regelungen wie Betriebsvereinbarungen, Individualvereinbarungen sowie Q&As zur Kurzarbeit gerne. Um den sich akut stellenden arbeitsrechtlichen Herausforderungen erfolgreich begegnen zu können, haben wir eine Corona-Taskforce eingerichtet, die Sie unter der Telefonnummer +49211 88288-117 oder per E-Mail corona.taskforce@kliemt.de erreichen.