Duale Studiengänge werden immer beliebter. Die Kombination aus praxisnaher Ausbildung und akademischem Studium ist auch für Arbeitgeber äußerst attraktiv. Finanzielle Aufwendungen des Arbeitgebers für das duale Studium können als „Investition in die Zukunft“ verbucht werden, zumindest, wenn der duale Student wirksam zum Bleiben verpflichtet wird. Doch was geschieht, wenn das Studium abgebrochen oder nicht bestanden wird? Kann der Arbeitgeber die Rückzahlung der übernommenen Studienkosten verlangen? Und was gilt, wenn die angestrebte Zusammenarbeit nach Abschluss des Studiums scheitert?
Das duale Studium – Kombination aus Theorie und Praxis
Bei einem dualen Studium wird das theoretische Studium mit einer praktischen Tätigkeit in einem Unternehmen kombiniert. Man unterscheidet zwischen ausbildungsintegrierten Studiengängen, bei denen neben dem Hochschulabschluss eine klassische Ausbildung absolviert wird, und praxisintegrierten Studiengängen, bei denen während der Praxisphase keine Ausbildung erfolgt, sondern lediglich studiumsbegleitende Praktika durchlaufen werden.
Zulässigkeit von Bleibeverpflichtungen
Vielfach übernimmt der Arbeitgeber die Studienkosten. Damit sich diese Investition lohnt, haben Arbeitgeber verständlicherweise ein großes Interesse daran, den dualen Studenten nach Abschluss des Studiums für eine gewisse Zeit an das Unternehmen zu binden.
Die Vereinbarung einer Bleibeverpflichtung ist grundsätzlich zulässig. Der Student darf jedoch nicht durch eine zu lange Bindungsdauer unangemessen benachteiligt werden. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Dauer der Ausbildungsmaßnahme sowie der Qualität der erworbenen Qualifikation. Dabei müssen auch die vom Arbeitgeber aufgewandten Mittel und der dem Studenten erwachsende Vorteil gegeneinander abgewogen werden.
Bei Studiengängen mit einer hohen Anzahl von Absolventen (z. B. BWL-Studiengänge) fällt der sich für den Studenten ergebende Vorteil regelmäßig geringer aus als bei spezialisierten Studiengängen (vgl. BAG vom 11. April 1984 – 5 AZR 430/82). Demgegenüber muss der Arbeitgeber für staatliche Studiengänge in der Regel nur geringe finanzielle Aufwendungen tätigen, im Gegensatz zum Studium an einer privaten Hochschule oder Akademie. Als Richtwert kann eine Bindungsdauer von drei Jahren bei einem dreijährigen Bachelor-Studium als angemessen angesehen werden. Eine abschließende Bewertung erfolgt unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Danach kann sich auch eine kürzere oder längere Bindungsdauer als zulässig erweisen.
Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln
Bleibeverpflichtungen werden in der Regel mit einer Rückzahlungspflicht für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbunden. Rückzahlungsvereinbarungen sind grundsätzlich zulässig. Das Verbot der Kostenerhebung für die berufliche Bildung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 BBiG erstreckt sich nicht auf Maßnahmen, die dem „schulischen Bereich“ der Ausbildung zuzurechnen sind. Da auch das Studium dem „schulischen Bereich“ zugeordnet werden kann, ist eine Rückzahlungsvereinbarung nicht durch das BBiG gesperrt (vgl. BAG vom 25. April 2001 – 5 AZR 509/99).
Die Rückzahlungspflicht muss ihrer Höhe nach angemessen sein. Dies wird durch eine ratierliche Kürzung der Rückzahlungspflicht um die Zeit der Beschäftigung nach Abschluss des Studiums sichergestellt. Wird beispielsweise eine Bindungsdauer von 36 Monaten vereinbart, sollte sich die Rückzahlungspflicht um 1/36 für jeden Monat, den das Anschluss-Arbeitsverhältnis andauert, verringern.
Wichtig ist, dass die Rückzahlungspflicht nur für den Fall vorgesehen wird, dass der Student tatsächlich ein adäquates Arbeitsvertragsangebot erhält. Denn sonst hat er keine Möglichkeit, die Rückzahlungspflicht zu vermeiden. Zudem ist zu regeln, dass eine Rückzahlungspflicht dann nicht besteht, wenn diese Beendigung aus der Sphäre des Arbeitgebers resultiert (z. B. betriebsbedingte Kündigung, vgl. BAG vom 18. November 2008, 3 AZR 192/07).
Bei Antritt des dualen Studiums bzw. der Ausbildung besteht keine Garantie für dessen erfolgreichen Abschluss. Wird das Studium oder die Ausbildung abgebrochen, hat der Arbeitgeber jedoch bereits Investitionen in das Studium getätigt. Auch für diese Fälle sind Rückzahlungsvereinbarungen grundsätzlich zulässig. Dem Studenten ist allerdings eine gewisse Orientierungsphase zuzugestehen, innerhalb derer eine Beendigung der Ausbildung bzw. der Abbruch des Studiums ohne Rückzahlungspflicht vollzogen werden kann. Als Richtwert kann eine Orientierungsphase von sechs Monaten angemessen sein. Eine Rückzahlungsverpflichtung für den Fall des Nichtbestehens der Abschlussprüfung aufgrund intellektueller Überforderung des Studenten soll indes nicht vereinbart werden können (vgl. LAG Niedersachsen vom 29. Oktober 2014 – 17 Sa 274/14).
Hinweise für die Praxis
Duale Studiengänge sind sowohl für Studenten als auch für Arbeitgeber attraktiv. Damit sich die „Investition in die Zukunft“ für Arbeitgeber auch wirklich bezahlt macht, besteht die Möglichkeit, eine Bleibeverpflichtung mit den Studenten vereinbaren. Die Bindedauer muss angemessen sein, was anhand der Einzelfallumstände zu beurteilen ist. Auch eine damit verbundene Rückzahlungsklausel kann in angemessenem Umfang zulässig sein.
Bei der Gestaltung eines Vertrages mit einem dualen Studenten sollte zudem der Fall des Scheiterns oder Abbruchs von Ausbildung bzw. Studium geregelt werden. Auch in diesen Fällen können Rückzahlungsklauseln zulässig sein, vorausgesetzt, der Student wird durch diese nicht unangemessen benachteiligt.