open search
close
Arbeitszeit Compliance Corona Teilzeit

Ready for „Ramp-Up“? Was Unternehmen beim Hochfahren der Betriebe beachten sollten!

Print Friendly, PDF & Email

Mit erstaunlicher Geschwindigkeit und betrieblicher Solidarität wurden seit Anfang März Betriebsabläufe verändert, tausende von Arbeitsplätzen ins Home-Office verlagert, Ladengeschäfte geschlossen und Arbeiten heruntergefahren oder sogar eingestellt. Vielfach wurde dabei auch Kurzarbeit eingeführt – unter Inanspruchnahme der staatlichen Förderung. Nun lassen die Statistiken zu COVID-19 darauf hoffen, dass ab dem 19. April 2020 ein langsames Hochfahren der Betriebe ermöglicht wird. Ein solches Hochfahren wird die Unternehmen erneut vor eine Vielzahl von Herausforderung stellen – und zwar auch arbeitsrechtlicher Natur.

Wie flexibel sind die Arbeitszeitregelungen?

Da der Schalter sicher nicht von Null auf Hundert umgestellt werden kann (oder darf), sind flexible Arbeitsregelungen das Gebot der Stunde. Dies galt bereits beim Herunterfahren der Arbeit. Vielfach konnte jedoch durch die Einführung von Kurzarbeit der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs aufgefangen werden. Wo Kurzarbeit jedoch gar nicht eingeführt wurde oder im Hochfahr-Betrieb nicht aufrechterhalten werden kann, bedarf es weiterer flexibler Arbeitszeitregelungen. Auf dieser Grundlage können Teilzeitmodelle, aus Gesundheitsgründen ggf. notwendige Schichtpläne und Veränderungen der Arbeitszeiten oder Abrufmodelle eingeführt werden. Insbesondere Gleitzeitkonten – ggf. mit einer Erweiterung des Korridors für Minusstunden – können die passende Flexibilität schaffen, die in Zeiten erhöhter Arbeitsbedarfe ausgeglichen werden kann. Dabei lohnt ein Blick in bestehende Gleitzeitregelungen: Liegt der Stundenabbau im Ermessen der Arbeitnehmer und sollen damit lediglich Freizeitwünsche erfüllt werden – oder finden Auf- und Abbauten entlang der Arbeitsbedarfe statt?

Angemessene Lastenverteilung

Spiegelbildlich zur Arbeitszeitflexibilisierung sind die Vergütungsmodelle auf die Probe zu stellen. Fehlt es an durchlaufenden Arbeitszeitkonten, entfällt dieses Instrument zur Steuerung gleichbleibender Lohnkosten: Ausfallende Stunden sind im Rahmen des Annahmeverzugs zu vergüten, spätere Mehrarbeit verursacht zusätzliche Kosten, ggf. sogar mit Überstundenzuschlägen. Darüber hinaus sind neue Wege im Rahmen der Lastenverteilung und Sozialpartnerschaft zu suchen: Bedarf es einer Anpassung von Bonus-, Tantieme- oder Provisionsregelungen? Können Verzichts- oder Stundungsregelungen weiterhelfen? Inwiefern kann dies mit Aktienoptionsprogrammen, Weiterbildungsgutscheinen oder auch Hilfsfonds für Niedriglohngruppen kombiniert werden?

Achtung – Kurzarbeit richtig managen!

Ist im Betrieb Kurzarbeit eingeführt worden, bedarf es beim Hochfahren eines sorgsamen Arbeitszeitmanagements. Sofern die Arbeitsausfälle noch einen hinreichenden Umfang ausmachen (mindestens 10% der Beschäftigten müssen eine mindestens 10%ige Einbuße des Monatslohns erfahren), kann Kurzarbeit aufrechterhalten bleiben. Dabei ist hinsichtlich einer gerechten Nachteilsverteilung darauf zu achten, dass die Kurzarbeit gleichförmig zurückzufahren ist. Eine Grenze zulässiger Differenzierungen bietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch eine Aussetzung der Kurzarbeit ist möglich. Allerdings ist mit Blick auf die schwierigen Auslastungsprognosen oder auch das Risiko einer „zweiten Welle“ sorgsam darauf zu achten, wie Unterbrechungen der Kurzarbeit mit Blick auf gesetzliche Karenzzeiten ohne Anspruchsverlust gestaltet werden.

Vorausschauendes Gesundheitsmanagement

Aufgrund des unverändert als hoch eingestuften Risikos für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird eine Wiederaufnahme der Arbeit mit Auflagen und Einschränkungen einhergehen. Da der Arbeitgeber für den angemessenen Arbeitsschutz verantwortlich ist, hat er daher hinreichende und angemessene Vorkehrungen zu treffen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat hierzu bereits Leitfäden und FAQ herausgegeben , die einen Anhaltspunkt zu erforderlichen vorbeugenden Maßnahmen geben. Auf der Grundlage bisher bekannter Infektionsrisiken sind jedenfalls folgende Punkte zu prüfen:

  • Schutzvorrichtungen bei Publikumsverkehr, in Empfangsbereichen, in Schalterbereichen etc.
  • Umsetzung eines Abstandsgebots (Ausdünnung von Schichten, Änderung von Schichtzeiten oder Einführung von Schichtarbeit, alternierendes (mobiles) Arbeiten, Umsetzung von Schreibtischen, Arbeitstischen, Anbringung von Abstandshaltern/-hinweisen etc.)
  • Ausschluss oder Beschränkung von Meetings, Konferenzen, Fortbildungen vor Ort
  • Anweisung zu Hygienemaßnahmen und Verhaltensregeln, ggf. Einführung von Maskenpflichten
  • Umwidmung von Räumen, um weitere Arbeitsplätze zu schaffen
  • „Social Distancing“ in Sozialbereichen (Zulassung begrenzter Mitarbeiterzahlen, Schließung von Sozialeinrichtungen, Änderung der Öffnungs-/Nutzungszeiten)
  • Besondere Reinigungsauflagen und Desinfizierung
  • Einlasskontrollen und Gesundheitsprüfungen (Umsetzung von Quarantäne-Auflagen und -zeiten, Fiebermessung, Prüfen von Infektionsketten)

Gelebte Betriebspartnerschaft

So, wie Betriebspartner zu Beginn der Corona Krise eng und im Krisenmodus zusammengearbeitet haben, sollte auch ein Hochfahren des Betriebs unter Beachtung der betrieblichen Mitbestimmung gelebt werden. Dies gilt nicht nur für die unmittelbar zwingenden betrieblichen Regelungen zur Arbeitszeit, zu Dienst- und Schichtplänen oder neuen Vergütungssystemen. Auch der Gesundheitsschutz bedarf der betrieblichen Gestaltung. Daher ist zu empfehlen, eine Corona-Arbeitsgruppe einzurichten, um auf Basis einer fachgerechten Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber und der einschlägigen Empfehlungen der BAuA, des RKI oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gemeinsam angemessene Arbeitsschutz- und Verhaltensregeln kurzfristig festzulegen und neuen Rahmenbedingungen immer wieder anzupassen. Wir sind alle darauf angewiesen, dass der Neustart beginnt – zügig und mit geringen Risiken einer „zweiten Welle“!

Taskforce & Wie es jetzt weitergeht

Sie haben im Unternehmen drängende Fragen zum arbeitsrechtlichen Umgang in und nach der Corona-Krise? Hierfür haben wir unsere Corona-Hotline eingerichtet. Diese ist mit unseren arbeitsrechtlichen Top-Experten besetzt, die Ihnen schnell und mit praxisbewährten Lösungen weiterhelfen.*
Sie erreichen unsere Corona-Taskforce-Hotline unter folgender Telefonnummer:

+49 (0) 211 88288-117
oder per Mail unter corona.taskforce@kliemt.de

Weitere wichtige Hinweise und Hintergründe zum „Ramp-up“ nach dem Corona-Shutdown finden Sie hier:
Kurzarbeit: Compliance-Risiken drohen!
Rückkehr aus der Krise


*Unser Serviceangebot dürfen wir nur im Rahmen eines Mandatsverhältnisses erbringen. Auch hierzu informiert Sie gerne unsere Corona-Taskforce per oder per Mail unter E-mail oder über die Hotline +49 (0) 211 88288-117.

Besonders in der Corona-Krise keine News mehr verpassen! Melden Sie sich jetzt zu unserem Newsletter an.

Prof. Dr. Barbara Reinhard

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Partner
Barbara Reinhard berät Unter­neh­men ins­be­son­dere in kol­lek­tiv­recht­li­chen Ange­le­gen­hei­ten wie etwa Restruk­tu­rie­run­gen, Sanie­rungs­ta­rif­ver­trä­gen, alternativen Mit­be­stim­mungs­struk­tu­ren sowie betrieb­li­chen Mit­be­stim­mungsthemen zu Arbeitsschutz-, Arbeits­zeit- und Ver­gü­tungs­mo­del­len. Sie ist darüber hinaus renommierte Expertin im Arbeit­neh­mer-Daten­schutz­recht sowie in Fra­ge­stel­lun­gen zur arbeits­recht­li­chen Com­p­li­ance und Betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung. Zudem unterstützt sie Organ­mit­glie­der in Trennungs- und Anstellungsprozessen. Barbara Reinhard ist Autorin zahlreicher Fachbeiträge und hält regelmäßig Vorträge. Sie ist Mitglied der Fokusgruppe "Private Equity / M&A".
Verwandte Beiträge
Kollektivarbeitsrecht Neueste Beiträge

Gleitzeit für freigestellte Betriebsratsmitglieder?

Am 28. Juni 2024 hat der Bundestag eine gesetzliche Neuregelung zur Betriebsratsvergütung beschlossen (näher dazu Bundestag beschließt Novellierung der Betriebsratsvergütung ). Dennoch bleiben auch nach dieser Gesetzesänderung viele Unsicherheiten bei der ordnungsgemäßen Vergütung von Betriebsratsmitgliedern. Ein bisher wenig beachtetes Thema ist der Umgang mit Gleitzeitkonten für Mitglieder des Betriebsrats, die nach § 38 Abs. 1 BetrVG von ihrer beruflichen Tätigkeit voll freigestellt sind. Wesentliches Merkmal von Gleitzeitsystemen ist,…
Krankheit Neueste Beiträge

Corona-Infektion am Arbeitsplatz als Arbeitsunfall oder gar Berufskrankheit?

Die gerichtliche Aufarbeitung der Corona-Pandemie dauert an. Eine kürzlich ergangene sozialgerichtliche Entscheidung gibt Anlass, dass wir uns (nochmals) mit Haftungsfragen im Zusammenhang mit Corona-Infektionen am Arbeitsplatz befassen. Kann es sich bei einer Corona-Infektion während der Arbeitszeit oder am Arbeitsplatz um einen Arbeitsunfall oder gar eine Berufskrankheit handeln? Nach hoffentlich überstandener Corona-Infektion am Arbeitsplatz folgt ggf. deren gerichtliche Aufarbeitung. Sollte es sich um einen Arbeitsunfall oder…
Individualarbeitsrecht Neueste Beiträge Video

Vorlage gefälschter Impfausweise – ein außerordentlicher Kündigungsgrund? (Video)

Die Corona-Pandemie und die Frage ihrer Bekämpfung haben in den vergangenen Jahren auch im arbeitsrechtlichen Bereich Neuerungen und Probleme hervorgebracht. Insbesondere die Pandemiebekämpfungsmaßnahmen waren immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Im Winter 2021 stand eine Maßnahme besonders im Fokus: Die 3G-Regel am Arbeitsplatz. Demnach durften Arbeitnehmer nur nach Vorlage eines entsprechenden 3G-Nachweises (geimpft, getestet oder genesen) die Arbeitsstätte betreten. Doch welche Folgen hat die Vorlage eines…
Abonnieren Sie den kostenfreien KLIEMT-Newsletter.
Jetzt anmelden und informiert bleiben.

 

Die Abmeldung ist jederzeit möglich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert