Wie wir in Teil 3 unserer Reihe „Alternative Maßnahmen zur Kurzarbeit in Zeiten von Corona“ dargestellt haben, kann die einvernehmliche Reduzierung der Vergütung eine Alternative zur Einführung von Kurzarbeit darstellen. Diese Maßnahme dürfte sich insbesondere für Mitarbeitergruppen anbieten, die eine Vergütung (wesentlich) oberhalb der für den Bezug von Kurzarbeitergeld maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze erzielen und/oder die als leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3,4 BetrVG nicht in den Zuständigkeitsbereich des Betriebsrates und damit einer etwaigen Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit fallen.
Bei der konkreten Ausgestaltung einer Entgeltreduzierungsvereinbarung stellt sich eine Vielzahl von Einzelfragen, etwa nach Differenzierungsmöglichkeiten oder sinnvollen Anknüpfungspunkten für eine Befristung der Vereinbarung. Auf die aus unserer Sicht wichtigsten dieser Einzelfragen gehen wir im Folgenden ein.
Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes
Zunächst kann sich im Zusammenhang mit der beabsichtigten Vereinbarung einer Entgeltreduzierung die Frage stellen, inwieweit eine Differenzierung zwischen Mitarbeitern bzw. Mitarbeitergruppen zulässig ist. Sobald eine Entgeltreduzierung nicht nur in Einzelfällen, etwa bei einer Handvoll „Spitzenverdienern“, beabsichtigt ist, man also nicht mehr von „echten“ Einzelmaßnahmen sprechen kann, ist der Arbeitgeber auch insoweit an den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Dieser lässt eine Differenzierung nur aus sachlichen Gründen zu. Ein sachlicher Grund könnte (in Anlehnung an die Anordnung von Kurzarbeit) beispielsweise die unterschiedliche Betroffenheit einzelner Betriebsabteilungen durch den Arbeitsausfall sein. Unter dem Aspekt der Existenzsicherung kann auch die vom Arbeitnehmer erzielte Vergütungshöhe ein zulässiges Differenzierungsmerkmal sein.
Zu beachten ist in jedem Fall, dass auch in Krisenzeiten eine Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns von derzeit EUR 9,35 brutto pro Stunde nicht zulässig ist.
Auswirkungen auf andere Entgeltkomponenten
Vergütungsreduzierungen bieten sich in der Regel bezüglich der laufenden Festvergütung (d.h. des Stunden- oder Monatsentgeltes) an. Wird in Regelungen zu anderen Vergütungsbestandteilen auf die Festvergütung referenziert (entsprich bspw. der jährliche Zielbonus „30 % der Jahresfestvergütung“), stellt sich die Frage nach den Auswirkungen der Reduzierung der Festvergütung auf die anderen Vergütungsbestandteile. Als Grundregel ist dabei davon auszugehen, dass in derartigen Fällen für den jeweils relevanten Zeitraum die reduzierte Festvergütung maßgeblich ist. Selbstverständlich sind insoweit aber auch abweichende Gestaltungen bei Vereinbarung der Entgeltreduzierung möglich. Dies gilt etwa auch hinsichtlich der für etwaige Abfindungsberechnungen oftmals maßgeblichen Bruttomonatsvergütung. Insoweit dürfte sich zur Vermeidung von Missverständnissen auf Seiten der Belegschaft aber in der Regel anbieten, eine Regelung arbeitgeberseitig nicht proaktiv in eine Entgeltreduzierung einzubringen. Bei künftigen Sozialplänen sind die Betriebsparteien ohnehin frei bei der Bestimmung der Bezugsgröße.
Wirkt sich die Entgeltreduzierung auch auf Entgelt unterhalb der Beitragsbemessungsgrenzen aus, können Entgeltreduzierungen überdies zu einer Minderung der Höhe der Leistungen der Sozialversicherung führen (etwa beim Bezug von Arbeitslosengeld oder Elterngeld).
Möglichkeiten der Befristung
Da einerseits Arbeitnehmer in der Regel allenfalls einer befristeten Entgeltreduzierung zustimmen werden, andererseits aber die erforderliche Dauer der Entgeltreduzierung schwerlich prognostizierbar sein kann, sollten alternative Gestaltungsmöglichkeiten zu einer starren kalendermäßigen Befristung in die Überlegungen einbezogen werden. Wird etwa im mitbestimmten Bereich mit der Anordnung von Kurzarbeitet gearbeitet, während mit den leitenden Angestellten eine Entgeltreduzierung vereinbart wird, mag es sinnvoll sein, deren Laufzeit an die Anordnung von Kurzarbeit im mitbestimmten Bereich zu koppeln. Auch andere Gestaltungen sind hier denkbar.
Fazit
Die einvernehmliche Reduzierung der Vergütung kann insbesondere für bestimmte Mitarbeitergruppen eine sinnvolle Alternative zur Anordnung von Kurzarbeit sein. Bei der konkreten Ausgestaltung besteht eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten, wobei jedoch der arbeitsrechtliche Rahmen zu beachten ist. Auch dürften sich Arbeitnehmer in der Regel nur dann zur Vereinbarung einer Entgeltreduzierung bereit zeigen, wenn hierfür besondere Anreize geschaffen werden, etwa der – ebenfalls befristete – Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen.