Zum Leidwesen vieler Arbeitgeber hat das Bundesarbeitsgericht die Möglichkeiten von Unternehmen, Ihr finanzielles Risiko im Bereich der Hinterbliebenenversorgung kautelarjuristisch zu begrenzen, in den letzten Jahren stark eingeschränkt (wir berichteten in folgenden Beiträgen: Zwangsehe für Arbeitgeber?, Abstand nehmen von Altersabstandsklauseln? und Betriebliche Altersversorgung: Mindestehedauer für Hinterbliebenenversorgung). Diese Rechtsprechungslinie führt der 3. Senat des BAG in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 18.2.2020 nunmehr konsequent fort. So entschieden die Erfurter Richter, dass die namentliche Benennung des begünstigten Hinterbliebenen in der Versorgungszusage keine Gewähr dafür bietet, ausschließlich dieser namentlich benannten Person eine Hinterbliebenenversorgung zu schulden. Letztlich kommt die Entscheidung nicht überraschend. Wir hatten bereits im Blog-Beitrag vom 20.7.2017 zur Vorsicht bei der Verwendung derartiger Klauseln geraten.
Entwicklung der jüngeren Rechtsprechung
Das BAG hatte bereits am 21.2.2017 geurteilt, dass eine Versorgungzusage, nach der die „jetzige Ehefrau“ des Arbeitnehmers eine Hinterbliebenenversorgung erhalten soll, den Versorgungsberechtigten gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Seinerzeit hatte das BAG ausgeführt, es entspreche dem typischen Interesse des Mitarbeiters, die Hinterbliebenenversorgung dem zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls nicht geschiedenen Ehepartner zukommen zu lassen. Eine Beschränkung, nach der nur der im Zeitpunkt der Zusageerteilung mit dem Arbeitnehmer verheiratete Ehepartner eine Hinterbliebenenversorgung erhalte, sei nicht durch billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt. Zu den näheren Details dieser (nicht überzeugenden) Entscheidung siehe auch unseren Blog-Beitrag vom 20.7.2020.
Was genau wurde jetzt entschieden?
Im nun entschiedenen Fall hatte das zweitinstanzlich mit der Angelegenheit befasste LAG Düsseldorf die vorgenannten Grundsätze auf eine Versorgungszusage übertragen, in der die begünstigte Ehefrau des verstorbenen Arbeitnehmers namentlich benannt war. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses hatte sich der Arbeitnehmer von der benannten und einer weiteren Ehefrau scheiden lassen und ein drittes Mal geheiratet. Mit Verweis auf die BAG-Entscheidung aus 2017 sprach das LAG Düsseldorf der (aktuellen) Ehefrau des Verstorbenen eine Hinterbliebenenversorgung zu. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wies das BAG mit Verweis auf die Entscheidung aus 2017 ab. Zur Begründung führte es an, es mache keinen Unterschied, ob die Begrenzung der Hinterbliebenenversorgung in der Versorgungszusage abstrakt („jetzige Ehefrau“) oder konkret („Name der Ehefrau“) formuliert sei. In beiden Fällen weiche die Versorgungszusage unangemessen von der die Hinterbliebenenversorgung kennzeichnenden Vertragstypik ab.
Auswirkungen auf die Praxis
Die namentliche Benennung des begünstigten Ehepartners war in der Vergangenheit ein weit verbreitetes Instrument, durch das Arbeitgeber in die Lage versetzt wurden, die finanziellen Belastungen durch die Hinterbliebenenversorgung zu kalkulieren. Waren die Auswirkungen der Entscheidung aus 2017 auf diese Gestaltung in der Fachliteratur noch umstritten, steht nun fest, dass sich Arbeitgeber künftig anderer Instrumente bedienen müssen, um finanzielle Belastungen durch die Hinterbliebenenversorgung zu begrenzen und kalkulierbar zu halten. Als Beispiele seien an dieser Stelle Altersabstands- oder Wiederverheiratungsklauseln genannt.
Fazit
Der Beschluss vom 18.2.2020 fügt sich nahtlos in die jüngere Rechtsprechung des BAG zur Hinterbliebenenversorgung ein. Mehrfach hat das BAG dabei betont, dass eine kalkulier- und begrenzbare Belastung der Arbeitgeber der gesellschaftspolitisch wünschenswerten Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung diene. Vor diesem Hintergrund muss sich das Gericht die Frage gefallen lassen, ob immer neue Entscheidungen, durch die Arbeitgebern weitere Versorgungslasten auferlegt werden, für dieses Ziel förderlich sind. Letztlich handelt es sich bei der betrieblichen Altersversorgung regelmäßig um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Hier sollte im übertragenen Sinne also verstärkt der sprichwörtliche Grundsatz gelten: „Wer die Musik zahlt, bestimmt, was gespielt wird“.