Seit dem 1.1.2019 besteht ein gesetzlicher Anspruch auf zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit (die sog. Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG): Ein legitimes „Tool“, der privaten Krankenversicherung (PKV) zu entfliehen? Nein, auch wenn Arbeitnehmer dies scheinbar anders sehen und zu diesem Zweck Brückenteilzeitanträge stellen.
Wann darf ein Brückenteilzeitantrag gestellt werden?
Nach dem neuen § 9a Abs. 1 TzBfG können Arbeitnehmer einen Antrag auf befristete Reduzierung der Arbeitszeit stellen. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und der Arbeitgeber in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt. Der begehrte Zeitraum muss mindestens ein Jahr und darf höchstens fünf Jahre betragen. Der Arbeitgeber kann das Verlangen des Arbeitnehmers nach Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, soweit betriebliche Gründe entgegenstehen oder eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern bereits ihre Arbeitszeit verringert hat vgl. § 9a Abs. 2 TzBfG (zur Brückenteilzeit siehe auch unseren Blog-Beitrag aus Dezember 2018).
Die teure PKV und der „Trick“ mit der Brückenteilzeit
Da die Beiträge der PKV mit zunehmendem Alter steigen, treibt viele gut verdienende und privat versicherte Arbeitnehmer der Gedanke, zurück in die gesetzliche Krankenkasse zu wechseln. In einigen Internetquellen wird Arbeitnehmern daher u.a. empfohlen, hierfür als „Trick“ einen Brückenteilzeitantrag zu stellen. Auf diese Weise reduzieren sich Arbeitszeit und Gehalt, so dass die Jahresarbeitsentgeltgrenze vorübergehend unterschritten wird und es wieder zur Versicherungsplicht in der gesetzlichen Krankenversicherung kommt. Voraussetzung ist dafür lediglich, dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Brückenteilzeit das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
„Trick“ ist rechtsmissbräuchlich
Ein ziemlich „fauler Trick“, wie wir meinen.
Es ist nicht nur unsolidarisch, in „letzter Minute“ aus der PKV auszusteigen und damit wieder der Gemeinschaft der gesetzlich Versicherten zur Last zu fallen. Sondern es ist – arbeitsrechtlich in Bezug auf den Brückenteilzeitantrag – auch rechtsmissbräuchlich, ihn mit dem Motiv der Flucht aus der PKV zu stellen. Nach den Grundsätzen der unzulässigen Rechtsausübung ist es Arbeitnehmern daher nach § 242 BGB verwehrt, den Anspruch nach § 9a Abs. 1 TzBfG mit diesem Motiv geltend zu machen.
Nach dem Wortlaut von § 9a TzBfG kommt es zwar nicht auf die Motive des Arbeitnehmers für das Stellen des Brückenteilzeitantrages an, so dass grundsätzlich auch das Motiv des Versicherungswechsels dem Begehren nicht entgegensteht. Das Stellen eines Brückenteilzeitantrags zur Flucht aus der PKV verstößt allerdings gegen den Sinn und Zweck der Gesetzesnorm.
Der Gesetzesbegründung zufolge soll die Brückenteilzeit die Möglichkeit bieten,
„neben der Berufstätigkeit in größerem Umfang auch privaten Aufgaben und Interessen nachzugehen“. Die Wahrnehmung von Teilzeit sei ein „arbeits-, gleichstellungs- und familienpolitisches Anliegen der Bundesregierung“ (BT-Drucks. 19/3452, S. 10).
Der Gesetzgeber wollte durch Einführung des Rechts auf Brückenteilzeit vornehmlich sicherstellen, dass Arbeitnehmer, die aufgrund besonderer Umstände in ihrer privaten Lebenssituation für einen begrenzten Zeitraum ihre Arbeitszeit verringern wollen, im Anschluss wieder in ihr Vollzeitarbeitsverhältnis zurückkehren können. Beispielhaft wird die Kindererziehung, die Ausübung eines Ehrenamtes oder aber die Verbesserung der „work-life-Balance“ genannt. Das Motiv, durch den Teilzeitantrag nach § 9a TzBfG in die gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln, stellt sich insoweit aber als nicht schutzwürdiges Eigeninteresse dar. Es ist vom Gesetzgeber daher ersichtlich nicht gewollt, dass privat versicherte Arbeitnehmer den Brückenteilzeitantrag stellen, um der PKV zu entfliehen.
BAG: Teilzeitantrag kann rechtsmissbräuchlich sein
Dass es letztlich auf ein schutzwürdiges Interesse ankommt, hat auch das BAG in einer anderen Fallgestaltung bereits entschieden. So beantragte ein Pilot, seine regelmäßige Arbeitszeit (dauerhaft) um 3,29 % zu vermindern und die reduzierte Arbeitszeit so zu verteilen, dass er jeweils vom 22.12. eines Jahres bis zum 2.1. des Folgejahres nicht zu arbeiten hatte. Rechtsmissbräuchlich nach § 242 BGB – wie das BAG zu Recht entschied (siehe BAG, Urt. v. 11.6.2013 – 9 AZR 786/11) und dem dortigen Kläger ein „zweckwidriges“ Stellen des Teilzeitantrages attestierte.
Fazit
So pfiffig der „Trick“ zur Flucht aus der PKV auch scheinen mag, im Ergebnis hat er damit keinen Erfolg. Das sollten auch die Gerichte so entscheiden und sich hier nicht von „Tricksern“ vor den Karren spannen lassen.