Dass bestimmte Arbeitnehmergruppen wie Betriebsratsmitglieder, Schwangere und Schwerbehinderte Sonderkündigungsschutz genießen, ist allgemein bekannt. Vielfach übersehen wird, dass auch das Arbeitsverhältnis eines Immissionsschutzbeauftragten nur sehr eingeschränkt gekündigt werden kann. Doch was ist überhaupt ein Immissionsschutzbeauftragter und in welchen Fällen ist er zu bestellen? Was ist bei seiner Bestellung zu beachten? Und vor allem: Unter welchen Voraussetzungen kann das Arbeitsverhältnis eines Immissionsschutzbeauftragten beendet werden? Über den sog. „unechten“ Immissionsschutzbeauftragten haben wir bereits auf unserem Blog berichtet. Hier nun die Grundsätze, die für den „echten“ Immissionsschutzbeauftragten gelten.
Verpflichtung zur Bestellung eines Immissionsschutzbeauftragten
Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) verpflichtet Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen zur Bestellung eines (grundsätzlich) betriebsangehörigen Betriebsbeauftragen für den Immissionsschutz, sofern dies im Hinblick auf die Art oder die Größe der Anlagen wegen der von den Anlagen ausgehenden Emissionen oder der weiteren im Gesetz genannten Umstände erforderlich ist (§ 53 Abs. 1 Satz 1 BImSchG). Die Einzelheiten der Bestellungspflicht sind in der Fünften Verordnung zur Durchführung des BImSchG geregelt. Welche Anlagen genehmigungsbedürftig sind, ist im Anhang I dieser Verordnung definiert, welcher wiederum auf die Vierte Verordnung zur Durchführung des BImSchG verweist.
Die Bestellung des Immissionsschutzbeauftragten ist von dem zugrunde liegenden Arbeitsverhältnis zu unterscheiden. Sie erfolgt durch eine privatrechtliche, der Schriftform bedürftige Willenserklärung des Anlagenbetreibers und ist in einer Bestellungsurkunde oder auch im schriftlichen Arbeitsvertrag niederzulegen. Die Urkunde ist vom Betreiber zu unterzeichnen und dem Beauftragten auszuhändigen oder auf andere Weise zuzuleiten (vgl. BAG v. 26.3.2009 – 2 AZR 633/07). Die dem Beauftragten obliegenden Aufgaben sind genau zu bezeichnen. Die Bestellung und die Bezeichnung seiner Aufgaben sind der zuständigen Behörde anzuzeigen. Auch der Betriebsrat ist vor der Bestellung des Immissionsschutzbeauftragten zu unterrichten (§ 55 Abs. 1, 1a BImSchG). Die Bestellung bedarf der Zustimmung des Beauftragten.
Sonderkündigungsschutz des Immissionsschutzbeauftragten
Ist der Immissionsschutzbeauftragte einmal bestellt, genießt er Sonderkündigungsschutz. Dabei ist zwischen dem Amt als Immissionsschutzbeauftragter und dem Arbeitsverhältnis zu unterscheiden: Die Stellung als Immissionsschutzbeauftragter ist nur durch das Verbot der Benachteiligung wegen der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben geschützt (§ 58 Abs. 1 BImSchG). Eine Abberufung als Immissionsschutzbeauftragter ist daher schon bei Vorliegen sachlicher Gründe zulässig, etwa wenn der Beschäftigungsbedarf für die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit des Beauftragten entfallen ist und die Abberufung erfolgt, weil das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen beendet werden soll (vgl. LAG Hamm v. 9.2.2012 – 16 Sa 1195/11).
Dagegen ist die ordentliche Kündigung des betriebsangehörigen Immissionsschutzbeauftragten während seiner Amtszeit ausgeschlossen. Zulässig ist nur eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Ein wichtiger Grund kann etwa eine schwere Pflichtverletzung des Arbeitnehmers sein. In Betracht kommen aber auch dringende betriebliche Gründe wie z.B. die Stilllegung des gesamten Betriebes. Auch nach seiner Abberufung genießt der frühere Immissionsschutzbeauftragte nachwirkenden Kündigungsschutz für die Dauer eines Jahres, innerhalb dessen ebenfalls nur eine Kündigung aus wichtigem Grund zulässig ist (§ 58 Abs. 2 BImSchG). Eine ordentliche Kündigung kann daher erst nach Ablauf eines Jahres seit der Abberufung erfolgen. Kein nachwirkender Sonderkündigungsschutz besteht dagegen, wenn der Immissionsschutzbeauftragte sein Amt aus freien Stücken selbst niederlegt (BAG v. 22.7.1992 – 2 AZR 85/92).
Praxisempfehlung
Gerade bei Restrukturierungen sollte der Arbeitgeber nicht nur die „üblichen“ Arbeitnehmergruppen mit Sonderkündigungsschutz (Betriebsratsmitglieder, Schwangere, Schwerbehinderte usw.), sondern auch den Sonderkündigungsschutz betriebsangehöriger Immissionsschutzbeauftragter im Blick haben. Allerdings: Fällt der reguläre Arbeitsplatz des Abfallbeauftragten weg, kann dieser grundsätzlich von seinem Amt abberufen werden. Zur Abberufung – nicht nur zur späteren Kündigung – ist vorab der Betriebsrat anzuhören (§ 55 Abs. 1a Satz 2 BImSchG). Eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist freilich erst nach Ablauf des einjährigen nachwirkenden Kündigungsschutzes zulässig, weshalb die Abberufung eines Immissionsschutzbeauftragten, dessen Arbeitsplatz von der Restrukturierung betroffen ist, möglichst frühzeitig schon zu Beginn des Restrukturierungsprozesses erfolgen sollte (bei gleichzeitiger Bestellung eines Ersatz-Beauftragten). Bei vollständiger Betriebsstilllegung kommt auch eine außerordentliche Kündigung auf den Zeitpunkt der Betriebsstilllegung in Betracht, sofern mit der Betriebsstilllegung zugleich die gesetzliche Verpflichtung zur Bestellung eines Immissionsschutzbeauftragten entfällt.