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Fristlose Kündigung – und zusätzlich Strafanzeige?

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Diebstahl, Untreue, Bestechung: Nicht selten steht bei Fehlverhalten von Arbeitnehmern der Verdacht der Begehung einer Straftat im Raum. Arbeitgeber stehen dann vor der Entscheidung, ob sie neben dem Ausspruch einer fristlosen (Verdachts-)Kündigung die Strafverfolgungsbehörden einschalten. Wir geben einen Überblick, welche Vorteile und welche Risiken eine Strafanzeige in einer solchen Konstellation mit sich bringen kann.

Grundsatz: Kein direkter Einfluss der strafrechtlichen Beurteilung

Die kündigungsrechtliche Bewertung der Pflichtverletzung ist zunächst einmal unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung. Heißt: Die Kündigung kann wirksam sein, selbst wenn die Strafverfolgungsbehörden keine Straftat erkennen. Umgekehrt kann die Kündigung unwirksam sein, obwohl eine Straftat vorliegt. Damit ist zugleich klar, dass aus arbeitsrechtlicher Sicht jedenfalls keine zwingende Notwendigkeit besteht, bei Vorliegen eines strafrechtlich relevanten Kündigungssachverhalts Strafanzeige zu erstatten.

Vorteile einer Strafanzeige

Das Einschalten der Strafverfolgungsbehörden kann allerdings einen indirekten Einfluss auf die kündigungsrechtliche Situation haben und auch im Übrigen gewisse Vorteile mit sich bringen. Hierzu zählen u. a.:

  • Strafverfolgungsbehörden helfen bei der Aufklärung: Die Staatsanwaltschaft kann auf ihre besonderen Ermittlungsbefugnisse zurückgreifen (Durchsuchung, Beschlagnahme etc.), die teilweise weiter reichen als die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel. Dadurch kann der Sachverhalt möglicherweise schneller und umfassender aufgeklärt werden. Die Ermittlungsergebnisse können wiederum in einen möglichen Kündigungsschutzprozess einfließen und ggf. sogar den Ausspruch einer erneuten (Tat-)Kündigung aufgrund neu gewonnener Erkenntnisse aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren rechtfertigen.
  • Klares Signal des Arbeitgebers: Das Einschalten der Strafverfolgungsbehörden bringt zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber das (mögliche) Fehlverhalten des Arbeitnehmers mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln aufklären und verfolgen will. Diese konsequente Vorgehensweise kann im möglichen Kündigungsschutzprozess durchaus einen Eindruck zugunsten der Position des Arbeitgebers beim Richter hinterlassen. Im Übrigen kann ein solches Signal auch gegenüber der Belegschaft gewollt sein.
  • Reduzierung des Risikos eigenen Fehlverhaltens: Das Einschalten der Strafverfolgungsbehörden kann aus Sicht der für den Arbeitgeber handelnden Personen notwendig sein, um selbst compliant zu sein. Sollte es zum Beispiel später um die Durchsetzung möglicher Schadensersatzansprüche des Unternehmens gegen den gekündigten Mitarbeiter gehen, kann relevant sein, wie intensiv der Sachverhalt aufgeklärt wurde. Hierbei kann es – auch mit Blick auf internen Rechtfertigungsdruck – darauf ankommen, dass Unternehmensverantwortliche belegen können, durch Einschalten der Strafverfolgungsbehörden alle zur Verfügung stehenden Mittel zur Aufklärung genutzt zu haben.

Risiken einer Strafanzeige

Andererseits birgt eine Strafanzeige auch gewisse Risiken. Hierzu zählen u. a.:

  • (Frühzeitige) Einstellung des Strafermittlungsverfahrens: Manchmal lösen Anzeigen bei Strafverfolgungsbehörden nicht die vom Arbeitgeber erwarteten Ermittlungsmaßnahmen aus. Wenn das Strafermittlungsverfahren mangels bestehenden Anfangsverdachts eingestellt wird, kann dies eine negative Indizwirkung im möglichen Kündigungsschutzprozess haben nach dem Motto: „Na, dann war der Verdacht wohl nicht begründet …“.
  • Höheres Aufsehen: Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden laufen nicht immer geräuschlos ab. Möglicherweise bleiben Ermittlungsmaßnahmen in der Belegschaft oder bei Kunden nicht unbemerkt, zum Beispiel wenn Durchsuchungen oder Zeugenbefragungen stattfinden. Darunter können Arbeitsatmosphäre und Unternehmensimage leiden – gerade wenn der Vorwurf lautet, der Arbeitgeber hätte mit der Strafanzeige völlig übertrieben reagiert und „aus einer Mücke einen Elefanten“ gemacht.

Fazit

Strafanzeige ja oder nein? Die Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Vorteile und Risiken sollten in jedem Einzelfall ausführlich abgewogen werden.

Dr. Jan Heuer

Rechts­an­walt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Principal Counsel
Jan Heuer berät deutsche und internationale Unternehmen sowie öffentlich-rechtliche Institutionen umfassend in allen Fragen des Arbeitsrechts. Einen Schwerpunkt bilden die Begleitung von Reorganisationen und Restrukturierungen sowie die Vertretung in Arbeitsgerichtsprozessen. Besondere Expertise hat er außerdem im Datenschutzrecht (z. B. DS-GVO-Checks, Abschluss von IT-Betriebsvereinbarungen) und im Bereich arbeitsrechtlicher Compliance (z. B. interne Untersuchungen bei Fehlverhalten von Mitarbeitern, Vermeidung von Scheinselbständigkeit und illegaler Arbeitnehmerüberlassung, Einhaltung Betriebsverfassungsrecht). Jan Heuer ist bei KLIEMT.Arbeitsrecht verantwortlich in den Fokusgruppen "Whistleblowing und interne Untersuchungen" sowie "Digitalisierung und Mitbestimmung".
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