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„Entschuldigung, sprechen Sie Deutsch?“ – Zum wechselseitigen Verständnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat

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Kann der Betriebsrat den Arbeitgeber verpflichten, nur auf Deutsch mit ihm zu sprechen? Hat der Betriebsrat einen Anspruch auf „einfache“ Kommunikation mit dem Arbeitgeber? Kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber seine Vorstellungen von der „richtigen“ Unternehmenssprache aufzwingen? Über diese Fragen hatte kürzlich das LAG Nürnberg (Beschluss vom 18.6.2020 – 1 TaBV 33/19) zu entscheiden.

Was war der Hintergrund der Entscheidung?

Ein internationales Modeunternehmen mit 80 Filialen und ca. 4.500 Mitarbeitern in Deutschland setzte in Nürnberg in einer Filiale eine Filialleiterin ein, die kaum Deutsch sprach. Eine Vorgabe zur Unternehmenssprache gab es bei dem Arbeitgeber nicht. Die Filialleiterin hatte u.a. Vorstellungsgespräche und Personalgespräche auf Englisch geführt. Außerdem waren die kurzen täglichen Mitarbeiterbesprechungen, wenn die Filialleiterin anwesend war, auf Englisch geführt worden.

Der Betriebsrat behauptete, zwar sei ein Teil der Englischen Kommunikation von einer Abteilungsleiterin übersetzt worden, jedoch nur, wenn ihr dies leicht gefallen sei. Der Betriebsrat machte geltend, der Arbeitgeber habe gegen das Gebot zur Verwendung der deutschen Sprache verstoßen und damit seine Mitbestimmungsrechte verletzt.

Der Arbeitgeber argumentierte dagegen, das Begehren des Betriebsrats würde letztlich bewirken, dass nur deutschsprachige Mitarbeiter als Führungskräfte eingesetzt werden könnten. Dies wiederum sei ein unzulässiger Eingriff in ihre unternehmerische Freiheit und diskriminiere die Filialleiterin wegen ihrer Herkunft. Zudem sei gewährleistet, dass immer jemand für die Filialleiterin übersetze.

Keine Behinderung der Betriebsratstätigkeit bei mangelnder Sprachkenntnis der Führungskraft

Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass der Arbeitgeber bzw. seine Vertreter nur auf Deutsch mit ihm kommunizieren. Wesentliche Behinderungen der Betriebsratsarbeit lägen nicht vor, wenn gewährleistet sei, dass sämtliche Erklärungen der Filialleiterin in verständlicher Form gegenüber den Betriebsratsmitgliedern abgegeben und auch Erklärungen von Betriebsratsmitgliedern von der Filialleitung wahrgenommen werden können.

Hierzu gehöre, dass Erklärungen in Textform zumindest auch in deutscher Sprache den Betriebsratsmitgliedern bekannt gegeben werden, wenn die Betriebsratsmitglieder nicht ausreichend Englisch sprechen. Wer den Text in deutscher Sprache verfasse, d.h. ob dieser von jemandem übersetzt werde, sei unerheblich. Denn letztlich gehe es zu Lasten des Arbeitgebers, wenn möglicherweise bei Übersetzungen etwas verloren gehe. Denn abzustellen sei auf den Empfängerhorizont derjenigen Person, die Deutsch spreche und die Übersetzung erhalte bzw. (bei Übersetzung von Deutsch auf Englisch) die Übersetzung für die Betriebsratsmitglieder vornehme.

Kein Anspruch des Betriebsrats auf „einfache“ Kommunikation mit dem Arbeitgeber

Das LAG Nürnberg hatte Verständnis dafür, dass die Kommunikation mit der Filialleitung schwierig sei, wenn diese kein Deutsch spreche und nicht sämtliche Betriebsratsmitglieder (ausreichend) des Englischen mächtig seien. Letztlich sei dies jedoch nicht anders zu bewerten, als wenn die Arbeitgeberin jemanden mit ihrer Vertretung in der Filiale beauftrage, der keine Entscheidungen treffen dürfe und jeweils erst bei der Unternehmensleitung nachfragen müsse. Auch hier sei der unmittelbare Austausch erschwert. Aber auch dies müsse von den Betriebsratsmitgliedern hingenommen werden. Sie könnten nicht durchsetzen, dass Gespräche nur mit derjenigen Person geführt werde, die auch Entscheidungsbefugt sei.

Kommunikation in Fremdsprache kann Betriebsratsarbeit erleichtern

Letztlich sei nicht auszuschließen, dass die Betriebsratsarbeit durch Kommunikation in einer anderen Sprache als Deutsch auch erleichtert werden könne. Denn bei einem internationalen Modekonzern mit vielen nicht-deutschsprachigen Mitarbeitern sei es nicht unwahrscheinlich, dass ein Betriebsratsmitglied besser Englisch als Deutsch spreche und damit die Kommunikation in der Fremdsprache einfacher gelingen könne.

Praxistipp (nicht nur für internationale Arbeitgeber)

Die vorliegende Entscheidung zeigt: Arbeitgeber können fremdsprachige Führungskräfte auch als Ansprechpartner gegenüber dem Betriebsrat einsetzen. Selbst wenn sich der Betriebsrat über mangelnde Deutschkenntnisse beschweren sollte – solange gewährleistet ist,dass die Kommunikation zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber wechselseitig verstanden wird – stellt dies kein Hindernis dar.

Um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat zu gewährleisten, empfiehlt es sich jedoch, dem Betriebsrat, wenn er der Fremdsprache nicht (ausreichend) mächtig ist, neben der fremdsprachigen Führungskraft einen deutschsprachigen Ansprechpartner, der für entsprechende Übersetzungen sorgen kann, zur Verfügung zu stellen.

Sandra Fredebeul

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Senior Associate
Sandra Fredebeul berät nationale und internationale Unternehmen vorwiegend in der Gestaltung von Anstellungs-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen. Darüber hinaus konzentriert sie sich auf betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
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