open search
close
Neueste Beiträge Vergütung

Vergütung von GmbH-Geschäftsführern: Umfang und Grenzen der Vertragsfreiheit

Print Friendly, PDF & Email

Medien zufolge verdienten GmbH-Geschäftsführer in Deutschland zuletzt durchschnittlich knapp 180.000 EUR. Dieser Betrag sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Höhe der Vergütung von Geschäftsführern von Fall zu Fall ganz unterschiedlich darstellen kann. Die Größe und Branche des Unternehmens nehmen hierbei eine entscheidende Rolle ein. Ebenso kommen ganz unterschiedliche Vergütungsstrukturen in Betracht: Neben dem Festgehalt sind Sachleistungen (z.B. Firmenwagen) und variable Vergütungsbestandteile (z.B. Bonus, Tantieme) für GmbH-Geschäftsführer „Standard“. Können GmbH und Geschäftsführer die Höhe der Vergütung jedoch frei gestalten? Sind zwingende gesetzliche Regelungen zur Angemessenheit der Vergütung, wie sie aus dem Aktien- und Aufsichtsrechts bekannt sind, auch für Geschäftsführer einer GmbH relevant?

Der Grundsatz: Vertragsfreiheit

Ausdrückliche gesetzliche Regelungen zur Höhe oder Ausgestaltung der Vergütung eines Geschäftsführers existieren in Deutschland grundsätzlich nicht. Lediglich in einzelnen Bereichen wie der Kredit- bzw. Finanzdienstleistungsbranche sind zwingende Vorschriften über die Verhältnismäßigkeit von variabler und fixer Vergütung zu berücksichtigen (siehe hier unseren letzten Blogbeitrag zur Institutsvergütungsverordnung). Vorschriften wie der Deutsche Coporate Governance Kodex beinhalten ebenfalls Vergütungsregelungen, gelten allerdings nur für Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen. Auch die Vergütungsregelungen für Vorstandsmitglieder einer AG nach dem AktG sind grundsätzlich nicht auf GmbH-Geschäftsführer anzuwenden. § 87 Abs. 1 AktG beinhaltet in diesem Zusammenhang das Gebot angemessener Gesamtbezüge für Vorstandsmitglieder einer AG. Zumindest bei nicht mitbestimmten GmbHs wird diese Regelung allerdings nicht analog angewendet, weil die Entscheidung über den Abschluss des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags und die Angemessenheit der darin enthaltenden Vergütung die Gesellschafterversammlung und damit die Anteilseigner der GmbH selbst treffen. GmbH und Geschäftsführer haben bei der vertraglichen Festlegung der Vergütung somit einen entsprechend großen Gestaltungsspielraum.

Grenzen der Vertragsfreiheit

Eine vollkommen freie und von der Gegenleistung des Geschäftsführers entkoppelte Vergütung ist trotz der obigen Ausführungen allerdings nicht ohne weiteres möglich. Nach dem Gesetz und der Rechtsprechung existieren allgemeingültige Beschränkungen der Vertragsfreiheit, die auch bei der Vergütung eines Geschäftsführers zu beachten sind:

Zum einen wäre ein krasses Missverhältnis zwischen Vergütung und Gegenleistung des Geschäftsführers gemäß § 138 BGB sittenwidrig. Dies ist nach einer Entscheidung des KG Berlin (Urteil vom 12.3.1996 – 14 U 7775/94) dann der Fall, wenn der Geschäftsführer – abgesehen von einer Tantieme aufgrund eines etwaigen Jahresüberschusses der Gesellschaft – trotz umfangreicher Geschäftsführertätigkeit keinerlei Leistung zu erbringen hat bzw. bereits erbrachte Leistungen zurückfordern kann. Die Folge einer sittenwidrigen Vergütungsvereinbarung ist der gesetzliche Anspruch des Geschäftsführers auf eine angemessene Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB. Die Höhe einer angemessenen Vergütung ist sodann ganz vom Einzelfall abhängig (u.a. Aufgaben des Geschäftsführers, Größe und Branche des Unternehmens).

Bei mehreren (Fremd)Geschäftsführern ist darüber hinaus der arbeitsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten. Unterschiedliche Vergütungen nach Art und Höhe sind demnach nur dann möglich, wenn es einen sachlichen Grund für die Differenzierung zwischen den (Fremd)Geschäftsführern gibt.

Bei Gesellschafter-Geschäftsführern – also solchen, die gleichzeitig Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH sind – liegt nach einem Urteil des OLG Düsseldorf (Urteil vom 7.12.2011 – 16 U 19/10) ein Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht vor, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer eine unverhältnismäßig hohe Vergütung erhält, die über dem liegt, was ein Fremd-Geschäftsführer für die gleiche Tätigkeit erhalten würde. Bei einer derart hohen Vergütung eines Gesellschafter-Geschäftsführers besteht darüber hinaus das Risiko, dass die Vergütung nicht als Gegenleistung für die Tätigkeit als Geschäftsführer, sondern als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen ist. Die Folge wäre eine verdeckte Gewinnausschüttung, die von dem Gesellschafter an die GmbH zurückzuzahlen wäre.

Hinweise für Praxis

Die Vereinbarung über Art und Höhe der Vergütung von Geschäftsführern einer GmbH sind auf den ersten Blick keine Grenzen gesetzt. Die aus dem Aktien- bzw. Aufsichtsrechts bekannten strengen gesetzlichen Regelungen über die Angemessenheit bzw. Verhältnismäßigkeit der Vergütung finden auf „herkömmliche“ GmbHs keine bzw. nur eingeschränkte Anwendung.

Auf den zweiten Blick sind jedoch auch bei der Vergütung von Geschäftsführern die allgemeinen arbeitsrechtlichen Grenzen der Vertragsfreiheit wie Sittenwidrigkeit und Gleichbehandlung zu berücksichtigen. Bei Gesellschafter-Geschäftsführern kommen gesellschaftliche Grenzen der Vertragsfreiheit hinzu, insbesondere die Treuepflicht gegenüber der GmbH sowie das Verbot einer verdeckten Gewinnausschüttung.

KLIEMT.Arbeitsrecht




Wir sind Deutsch­lands führende Spe­zi­al­kanz­lei für Arbeits­recht (bereits vier Mal vom JUVE-Handbuch als „Kanzlei des Jahres für Arbeitsrecht“ ausgezeichnet). Rund 90 erst­klas­sige Arbeits­rechts­exper­ten beraten Sie bundesweit von unseren Büros in Düs­sel­dorf, Berlin, Frankfurt, München und Hamburg aus. Kompetent, persönlich und mit Blick für das Wesent­li­che. Schnell und effektiv sind wir auch bei komplexen und grenz­über­schrei­ten­den Projekten: Als einziges deutsches Mitglied von Ius Laboris, der weltweiten Allianz der führenden Arbeitsrechtskanzleien bieten wir eine erstklassige globale Rechtsberatung in allen HR-relevanten Bereichen.
Verwandte Beiträge
Compliance Datenschutz Individualarbeitsrecht Kollektivarbeitsrecht Neueste Beiträge Top-Management

Arbeitsrecht im Jahr 2024: Die Top 5

Rechtzeitig zu den Silvester-Vorbereitungen lesen Sie hier unseren Jahresrückblick auf eine kleine Auswahl an beachtenswerten und für das Arbeitsrecht relevanten Urteilen. Besonders bewegt haben uns im Jahr 2024: Schadensersatzforderungen nach DSGVO-Auskunftsverlangen, Zielvereinbarungs-Boni, Überstundenvergütungen von Teilzeitkräften, die Konzernleihe sowie entschädigungsfreie Wettbewerbsverbote. Top 1 – Auskunftsverlangen nach Art. 15 DSGVO – Schadensersatzrisiko entschärft Schadensersatzforderungen des Arbeitnehmers wegen eines angeblichen Datenschutzverstoßes des Arbeitgebers waren ein beliebtes Instrument, um…
ESG Neueste Beiträge Vergütung

Entgelt-Transparenz: (k)ein klarer Fall

Die Anwendung des § 22 AGG im EntgTranspG und die praktischen Auswirkungen für Arbeitgeber. Unternehmen stehen aktuell unter enormem wirtschaftlichem Druck: Kostensenkung, Mangel an Aufträgen und fehlende Fachkräfte an vielen Stellen – und damit sind hier nur einige Herausforderungen schlagwortartig genannt. Gleichzeitig sollen Arbeitgeber auch das Thema Entgeltgerechtigkeit im Unternehmen vorantreiben. Sog. „Equal-Pay-Klagen“ häufen sich. Die von der Rechtsprechung vorgenommene Übertragung der Beweiserleichterung des §…
Individualarbeitsrecht Neueste Beiträge Top-Management Unternehmensführung

Zum Geschäftsführer „befördert“ – doch wo ist der Geschäftsführerdienstvertrag?

Zeichnet sich ein als Führungskraft bewährter Arbeitnehmer besonders aus, kommt es nicht selten vor, dass er zum (Fremd-)Geschäftsführer „befördert“, d.h. zum Organ der Gesellschaft bestellt wird. Wir zeigen auf, welche Folgen die „Beförderung“ eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer für das Rechtsverhältnis zur Gesellschaft hat. Wird ein Arbeitnehmer zum (Fremd-)Geschäftsführer „befördert“, schließen der neu zu bestellende Geschäftsführer und die Gesellschaft erstaunlich häufig keinen schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag ab. Die…
Abonnieren Sie den kostenfreien KLIEMT-Newsletter.
Jetzt anmelden und informiert bleiben.

 

Die Abmeldung ist jederzeit möglich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert