Das Bundeskabinett hat am Dienstag eine weitere Änderung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnungen beschlossen. Die bisherigen Regelungen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung haben wir bereits auf unserem Kliemt.Blog beleuchtet.
Die aktuell erneut steigenden Corona-Infektionszahlen, die auch auf die aggressiveren Virusvarianten zurückzuführen sein dürften, verstärken derzeit erneut auch das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz. Da flächendeckende Impfungen derzeit noch (weit) entfernt scheinen, können Corona-Tests – wenn richtig eingesetzt – derzeit einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie bieten. Vor diesem Hintergrund hat das Bundeskabinett am 13. April 2021 eine Änderung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung beschlossen, welche nunmehr eine Pflicht der Arbeitgeber vorsieht, Corona-Tests im Betrieb anzubieten.
Verpflichtung der Arbeitgeber zum Angebot freiwilliger Corona-Tests
Durch die beschlossene Änderung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung wird ein neuer § 5 in die Verordnung eingefügt, nach dessen Absatz 1, Arbeitgeber ihren Beschäftigten, soweit diese nicht ausschließlich im Home Office arbeiten, mindestens einmal pro Kalenderwoche einen Test in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 anzubieten haben. § 5 Absatz 2 der neuen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung regelt, dass bestimmten Beschäftigungsgruppen abweichend dazu zweimal in der Woche ein Test anzubieten ist. Dies umfasst etwa Beschäftigte, die unter besonderen klimatischen Bedingungen mit einem erhöhten Infektionsrisiko arbeiten (etwa in der fleischverarbeitenden Industrie) ebenso wie Beschäftigte, die personennahe Dienstleistungen erbringen, bei denen direkter Körperkontakt zu anderen Personen nicht vermieden werden kann (beispielsweise Friseure). Aber auch Beschäftigte, die betriebsbedingt in häufig wechselnden Kontakt mit anderen Personen treten, sind hiervon erfasst. Daher wird auch sämtlichen Beschäftigten, die direkten persönlichen Kundenkontakt haben (beispielsweise im Einzelhandel oder auch dem öffentlichen Personenverkehr) zweimal in der Woche ein Test angeboten werden müssen.
Die Kosten für die Corona-Tests hat vollständig der Arbeitgeber zu tragen. Auch wenn die Verordnung keine Vorgaben hinsichtlich der Art des Tests enthält, dürften schon allein aus Praktikabilitätsgründen lediglich Schnelltests in Betracht kommen.
Nachweis durch Belege über Beschaffung oder Beauftragung von Dienstleistern
Nachzuweisen ist die Einhaltung der neuen Verpflichtungen für Arbeitgeber durch entsprechende Belege über die Beschaffung der Corona-Tests oder – wenn die Tests durch einen externen Dienstleister durchgeführt werden – durch die jeweiligen Vereinbarungen mit dem Dienstleister. Die Nachweise sind vom Arbeitgeber vier Wochen aufzubewahren. Dabei bleibt unklar, wann die Frist genau beginnt. Insoweit dürfte es sich empfehlen, die Nachweise jedenfalls solange aufzubewahren, wie die neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung in Kraft ist.
Arbeitsrechtliche Fragen in diesem Zusammenhang
Zunächst kann man sich die Frage stellen, ob die Zeiten, die die Durchführung der vom Arbeitgeber anzubietenden Tests in Anspruch nehmen, als Arbeitszeit anzusehen und entsprechend zu vergüten sind. Beschränkt sich der Arbeitgeber darauf, lediglich (Selbst-)Tests zu beschaffen und den Beschäftigten zur Verfügung zu stellen, können die Test unproblematisch auch außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt werden, sodass sich die Frage der Einordnung nicht stellt. Aber auch dann, wenn der Arbeitgeber die Tests selbst bzw. durch einen geeigneten Dienstleister durchführen lässt, dürfte die Testzeit nicht als Arbeitszeit anzusehen sein, da die Tests letztlich nicht überwiegend dem Interesse des Arbeitgebers dienen. Abweichende Festlegungen durch den Arbeitgeber oder – bei Bestehen eines Betriebsrates – in einer Betriebsvereinbarung sind jedoch denkbar.
Auch die Frage, inwieweit überhaupt Raum für eine Mitbestimmung des Betriebsrates (nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und ggf. Nr. 1 BetrVG verbleibt), dürfte ganz wesentlich von der Grundentscheidung abhängen, ob der Arbeitgeber lediglich (Selbst-)Tests beschaffen und den Beschäftigten zur Verfügung stellen oder diese auch selbst bzw. durch beauftragte Dienstleister durchführen möchte. In ersterem Fall dürfte für eine Mitbestimmung kaum Raum verbleiben.
Weiterhin ist auch nicht geklärt, inwieweit der Arbeitgeber Beschäftigten, die sich entsprechenden Tests verweigern, den Zugang zum Betrieb verweigern kann (s. hierzu auch unseren Beitrag zur Entscheidung des ArbG Offenbach vom 10. Februar 2021). Werden die Tests als erforderliche Maßnahme zur Pandemiebekämpfung angesehen, wäre es – auch vor dem Hintergrund der Arbeitsschutzpflichten des Arbeitgebers – nur konsequent, auch von einer entsprechenden Pflicht der Beschäftigten zur Teilnahme an den Tests auszugehen. Die in der Presse veröffentlichten Aussagen der Bundesregierung lassen jedoch erkennen, dass jedenfalls diese nicht von einer Teilnahmepflicht ausgeht.
Fazit
Die Änderungen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung treten nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger, voraussichtlich Mitte der kommenden Woche, in Kraft. Die Verordnung mit ihren weiteren Regelungen (etwa zur „Home Office-Pflicht“) wird dabei insgesamt bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Inwieweit die Testpflicht tatsächlich geeignet ist, einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie zu leisten, bleibt abzuwarten. Dies nicht sowohl vor dem Hintergrund der begrenzten Aussagekraft eines wöchentlichen Tests als auch der fraglichen Testbereitschaft der Beschäftigten. In Bezug auf letztere wäre es jedenfalls wünschenswert gewesen, die Pflicht zum Angebot eines Tests auch mit einer entsprechenden Teilnahmeverpflichtung der Beschäftigten zu verbinden. So hätte jedenfalls diese offene Rechtsfrage abschließend geklärt werden können.