Zwei Ämter, die auf den ersten Blick nicht so richtig zusammenpassen: Datenschutzbeauftragter und Betriebsratsmitglied. Jedoch hat das BAG (vom 23. März 2011 – 10 AZR 562/09) entschieden, dass beide Ämter von ein und derselben Person bekleidet werden können. Warum der Arbeitgeber dieses – durch den Vorlagebeschluss des BAG (vom 27. April 2021 – 9 AZR 383/19 (A)) – erneut höchst aktuelle Thema besonders im Blick behalten sollte, zeigen wir in diesem Beitrag.
Bereits im Jahr 2011 setzte sich das BAG mit der Frage auseinander, ob ein wichtiger Grund zur Abberufung des Datenschutzbeauftragten im Sinne des BDSG vorliegt, wenn beide Ämter von derselben Person bekleidet werden. Das BAG verneinte einen wichtigen Grund zur Abberufung des Datenschutzbeauftragten, da allein das Bekleiden beider Ämter nicht zur Unzuverlässigkeit des Datenschutzbeauftragten führe. Denn die Ämter des Datenschutzbeauftragten und des Betriebsrats seien grundsätzlich miteinander vereinbar.
Abberufung nach dem BDSG nur bei wichtigem Grund
Eine Abberufung des Datenschutzbeauftragten ist nach dem BDSG, das bekanntlich strengere Anforderungen an die Abberufung des Datenschutzbeauftragten stellt als die DS-GVO (vgl. den Blogbeitrag vom 15. Dezember 2020), nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich.
Ein wichtiger Grund wird von der Rechtsprechung insbesondere dann angenommen, wenn der Datenschutzbeauftragte die erforderliche Zuverlässigkeit nicht (mehr) besitzt, beispielweise weil er kollidierende Interessen wahrzunehmen hat.
Nach der DS-GVO hingegen kann der Datenschutzbeauftragte nur dann nicht abberufen werden, wenn die Abberufung wegen der Erfüllung seiner Aufgaben erfolgt.
Warum könnte das Bekleiden beider Ämter zu einer Interessenkollision führen?
Die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten sind vorrangig in der DS-GVO geregelt. Dem Datenschutzbeauftragten stehen Überwachungs- und Kontrollbefugnisse zu. Seine Aufgabe ist es zu prüfen, ob die datenschutzrechtlichen Vorgaben der DS-GVO und des BDSG im Unternehmen eingehalten werden. Darüber hinaus berät er den Arbeitgeber und den Betriebsrat bei Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Die entsprechenden Kontrollbefugnisse kommen dem Datenschutzbeauftragten auch gegenüber dem Betriebsrat als Teil der für den Datenschutz verantwortlichen Stelle des Arbeitgebers zu. Daran ändert auch der durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz neu einzufügende § 79a BetrVG nichts. Denn auch nach § 79a BetrVG bleibt der Arbeitgeber Verantwortlicher i.S.d. datenschutzrechtlichen Vorschriften.
Daher wird zum Teil vertreten, dass hier eine Interessenkollision bestünde. Denn der Datenschutzbeauftragte, der zugleich Betriebsratsmitglied ist, würde sich einerseits quasi bei Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen selbst kontrollieren. Andererseits könne die Rechtsstellung des Arbeitgebers dadurch beeinträchtigt werden, dass der Datenschutzbeauftragte, der zugleich Betriebsratsmitglied ist, an die Rechte BetrVG gebunden ist und somit dem Arbeitgeber als Berater nicht neutral gegenüberstehe. Unter anderem diese möglicherweise bestehende Interessenkollision hat das BAG jüngst dazu bewogen, die Frage dem EuGH vorzulegen.
Die Vorlage zum EuGH
In dem der Vorlage zugrundeliegenden Fall wurde der betriebliche Datenschutzbeauftragte unter Verweis auf seine simultane Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender und Datenschutzbeauftragter abberufen. Der Arbeitgeber war der Auffassung, beide Ämter seien grundsätzlich unvereinbar. Dagegen wandte er sich mit seiner Klage und führte aus, ein wichtiger Grund für eine Abberufung als Datenschutzbeauftragter bestehe wegen des Bekleidens beider Ämter nicht. Das ArbG und das Sächsische LAG (vom 19. August 2019 – 9 Sa 268/18) gaben der Klage mit der Begründung statt, ein wichtiger Grund für die Abberufung sei nach der DS-GVO nicht erforderlich. Das BAG hingegen nahm einen wichtigen Grund für die Abberufung – der nach dem BDSG erforderlich ist – nicht an. Daher hat das BAG unter anderem die Frage der Vereinbarkeit der strengeren Abberufungsregelung des BDSG mit der DS-GVO nun dem EuGH vorgelegt. Darüber hinaus hält das BAG es für den Fall, dass die Regelungen des BDSG mit der DS-GVO vereinbar sind, für klärungsbedürftig, ob die gleichzeitige Ausübung der Ämter als Datenschutzbeauftragter und Betriebsrat zu einer Interessenkollision führe.
Praxishinweis
Ob der EuGH die strengere Abberufungsregelung des BDSG für unionrechtskonform erachtet, bleibt abzuwarten. Sollte dies der Fall sein, so bleibt ebenfalls mit Spannung abzuwarten, ob der EuGH dann auch eine Interessenkollision annehmen wird.
Den Arbeitgebern, die ein Betriebsratsmitglied zum Datenschutzbeauftragten bestellt haben, ist zu raten, die ausstehende Entscheidung des EuGH im Blick zu behalten. Sollte der EuGH eine Interessenkollision annehmen, so empfiehlt sich bereits jetzt rein vorsorglich zu überlegen, wer alternativ zum Datenschutzbeauftragten bestellt werden könnte. Hierbei unterstützen wir Sie gerne.
Mit freundlicher Unterstützung von Canan Schneider, Wissenschaftliche Mitarbeiterin