Das LAG Köln bestätigt: Ein Arbeitgeber muss seinen Arbeitnehmer ohne Mund-Nase-Bedeckung nicht tätig werden lassen.
Können Arbeitgeber die Maskenpflicht am Arbeitsplatz durchsetzen? Bereits im Januar 2021 haben wir mit unserem Beitrag Maskenbefreiung am Arbeitsplatz – Nur mit nachvollziehbarer Begründung! über einen Fall in einem Rathaus berichtet. Nach Auffassung des ArbG Siegburg (Urteil v. 16. Dezember 2020 Az. 4 Ga 18/20) überwog der Gesundheits- und Infektionsschutz aller Mitarbeiter und Besucher des Rathauses das Interesse des Klägers an einer Beschäftigung ohne Gesichtsvisier oder Mund-Nase-Bedeckung. Dies bestätigte nunmehr das LAG Köln in letzter Instanz.
Sachverhalt
Der Kläger ist seit Juli 2014 bei der beklagten Kommune beschäftigt. Bis zum Beginn der Corona-Pandemie hatte der Kläger einen Arbeitsplatz im Rathaus der Gemeinde inne. Wobei die Tätigkeiten des Klägers im Bauamt größtenteils direkt vor Ort erbracht werden müssen, da die zu bearbeitenden Bauakten noch nicht digitalisiert wurden. So werden zur Erbringung der Arbeitsleistung teilweise große Pläne benötigt, die auf Kartentischen liegen. Im Mai 2020 ordnete die Kommune aufgrund der engen Räumlichkeiten im Rathaus das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung an. Der Kläger legte ein Attest vor, nachdem ihm das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung nicht möglich ist. Auch der Aufforderung im Oktober, die Tätigkeiten im Rathaus mit Gesichtsvisier als milderes Mittel des Infektionsschutzes zu erbringen, wurde vom Kläger abgelehnt. Ab dem 19. Oktober 2020 ist der Kläger nahezu durchgehend arbeitsunfähig.
Entscheidung
Das LAG Köln bestätigte mit Urteil vom 12. April 2021 (Az. 2 SaGa 1/21) die Entscheidung des ArbG Siegburg und wies die Berufung des Klägers zurück.
1. Keine Pflicht zur Duldung eines Arbeitens ohne das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung
Nach Auffassung des LAG Köln sei die Anordnung zum Tragen der Maske grundsätzlich vom Direktionsrecht umfasst und im Einzelfall auch angemessen. Das Tragen einer FFP2- Maske diene dem Infektionsschutz in beide Richtungen. Die Maske verringere zum einen die Anzahl der abgegebenen Aerosole durch den Kläger und verändere deren Ausbreitungsverhalten. Zum anderen diene sie auch dem Gesundheitsschutz des Klägers, da sie helfe, Infektionen durch das Einatmen von krankmachenden oder potenziell tödlichen Aerosolen zu vermeiden. Auch sei die Anordnung verhältnismäßig unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger an einer psychischen Erkrankung leide, die es ihm unmöglich mache, der Maskenpflicht nachzukommen. Denn das Interesse der beklagten Kommune, den Ausstoß von Aerosolen auf dem geringstmöglichen Niveau zu halten, gehe in der Abwägung dem Interesse des Klägers, ohne Maske arbeiten zu können, vor.
2. Maskenbefreiungsattest löst Entgeltfortzahlungsansprüche aus
Zwar hatte das LAG Köln in der Sache nicht über Entgeltfortzahlungsansprüche wegen Krankheit zu entscheiden, führte aber im Rahmen der Interessenabwägung des Beschäftigungsanspruchs aus, dass der Kläger auf Grund einer psychischen Erkrankung die Maske nicht tragen könne und deshalb Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Krankengeld
3. Kein Anspruch auf das Einrichten eines mobilen Arbeitsplatzes
Mit seiner Entscheidung stellte das LAG Köln zudem fest, dass der Einrichtung eines mobilen Arbeitsplatzes zwingende betriebsbedingte Gründe (i. S. d. § 28b Abs. 7 IfSG) entgegenstünden. Die dem Kläger zugeordnete Tätigkeit sei nicht vollständig durch technische und organisatorische Maßnahmen so zu ändern, dass dieser seine vollständige Arbeitsleistung von zu Hause aus erbringen könne. Da das mobile Arbeiten nur die Bürotätigkeiten erfassen würde, die ohne Austausch von Bauakten und Plänen und ohne Besuch des Rathauses möglich seien, bliebe es für die restlichen Arbeiten bei einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Da das deutsche Entgeltfortzahlungsgesetz keine Teilarbeitsunfähigkeit kenne, wäre die Investition in den mobilen Arbeitsplatz mithin unnütz, da sie die Arbeitsfähigkeit des Klägers nicht wieder herstellen könne.
Klare Botschaften
Mit seiner Entscheidung klärt das LAG Köln offene Fragen rund um die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung am Arbeitsplatz. Zu begrüßen ist insbesondere, dass das Gericht bestätigt, dass der Gesundheits- und Infektionsschutz dem Interesse eines einzelnen Arbeitnehmers, ohne Gesichtsvisier oder Mund-Nase-Bedeckung zu arbeiten, vorgeht. Auch finden sich in der Entscheidung weitere Anhaltspunkte für den Umgang mit Mitarbeitern, die ein ärztliches Attest gegen die Anordnung der Maskenpflicht am Arbeitsplatz vorlegen oder ein Arbeiten von zu Hause beanspruchen.