Die pandemiebedingte Ausnahmesituation stellt Unternehmen vor Herausforderungen. Dies hat dazu gefüht, dass unternehmerische Entscheidungen teilweise pauschal mit den Auswirkungen der Pandemielage begründet wurden. Es ist aber nicht Sache der Arbeitsgerichte, solche unternehmerischen Entscheidungen von Arbeitgebern zu hinterfragen, wie unlängst das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in einem Kündigungsschutzverfahren klargestellt hat.
Der Fall
Die schwerbehinderte Klägerin war seit 2001 in der Versicherungsagentur des Beklagten im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fand das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, da die Klägerin die einzige Mitarbeiterin des Beklagten war.
Da sich der Beklagte coronabedingt mit einer sehr schlechten Auftragslage konfrontiert sah, die Kundentermine seines Erachtens stark zurückgegangen waren und die Anbahnung von Neugeschäften erschwert war, beabsichtigte er, die verbliebenen Aufgaben künftig selbst zu erledigen und das Arbeitsverhältnis zur Klägerin zu beenden.
Nach Zustimmung des Inklusionsamtes zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin ordentlich. Mit ihrer Klage machte die Klägerin die Treuwidrigkeit der ordentlichen Kündigung geltend. Sie trug insbesondere vor, die Begründung des Beklagten, die ernste wirtschaftliche Situation seiner Versicherungsagentur zwinge ihn zu einer Umstrukturierung, sei nur vorgeschoben.
Die Entscheidung
Das LAG Köln bestätigte das Urteil des Arbeitsgerichts Köln und wies die Berufung der Klägerin als unbegründet zurück (Urteil vom 5. März 2021 (Az.: 10 Sa 803/20). Die Klägerin habe keinen Sachverhalt schlüssig vorgetragen, der darauf hindeuten würde, dass die Kündigung nach § 242 BGB treuwidrig war. Hinweise für ein willkürliches oder auf sachfremden Motiven beruhendes Handeln des Beklagten bei Ausspruch der Kündigung seien nicht zu erkennen.
Die unternehmerische Entscheidungsfreiheit versetze den Arbeitgeber in die Lage, den Aufgabenbereich, der bislang von Mitarbeitern erledigt worden ist, selbst zu übernehmen. Der Beklagte habe darlegt, dass er mit Rücksicht auf die besondere wirtschaftliche Situation aufgrund der Pandemielage den Betrieb der Versicherungsagentur alleine betreibe. Anhaltspunkte dafür, dass dies vom Beklagten nur vorgeschoben werde, habe die Klägerin nicht konkret vorgetragen, und sie seien damit nicht erkennbar.
Offenbleiben könne, so das LAG Köln, ob im Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich bereits eine ernsthafte wirtschaftliche Situation durch die Pandemielage gegeben war, die die Kündigung der Klägerin erforderlich machte. Außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes sei dies nicht zu prüfen.
Fazit
Mit seiner Entscheidung stellt das LAG Köln klar, dass eine Kündigung außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes auch während der Pandemielage lediglich der Willkürkontrolle nach §§ 138, 242 BGB unterliegt und der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen trägt, aus denen sich die Treuwidrigkeit der Kündigung ergeben soll.
Auch wenn es sich das LAG Köln nicht nehmen ließ, im Rahmen eines obiter dictum klarzustellen, dass auch eine Prüfung von betriebsbedingten Gründen gemäß § 1 Abs. 2 KSchG im vorliegenden Fall zu keiner abweichenden Entscheidung geführt hätte, ist es erfreulich, dass hier der Arbeitnehmerschutz aufgrund der pandemiebedingten Ausnahmesituation nicht unzulässig ausgeweitet wurde.