open search
close
Betriebsratswahl 2022 Neueste Beiträge

Was ist unter „Betrieb“ zu verstehen? Falscher Betriebsbegriff kann Auswirkungen auf Wahlen haben

Zwischen dem 1. März und dem 31. Mai 2022 werden im ganzen Land die neuen Betriebsräte gewählt. Nicht nur unter dem Einfluss der Corona-Pandemie, auch durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz kommen auf Arbeitgeber neue Herausforderungen zu – auf die wir Antworten finden. In diesem Artikel geht es darum, welche Risiken lauern, wenn der Betriebsbegriff verkannt wird.

Zu den zahlreichen, rechtlich komplexen Problemen, mit denen sich Unternehmen und Betriebsräte konfrontiert sehen, gehört unter anderem auch die ganz grundlegende Frage, was unter einem „Betrieb“ zu verstehen ist – und welche Folgen für die Betriebsratswahlen drohen, wenn der Betriebsbegriff verkannt wird.

Begriff des Betriebs

Ein Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ist nach der Rechtsprechung die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber gemeinsam mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Schon diese Definition stellt die Praxis regelmäßig vor erhebliche Schwierigkeiten. Weitere Sonderregelungen wie selbständige Betriebsteile, Kleinstbetriebe und gewillkürte Betriebsstrukturen machen die Rechtslage noch komplizierter. Daher kommt es häufig vor, dass im Unternehmen unklar ist, wie viele Betriebe im Sinne des BetrVG existieren und wie diese voneinander abzugrenzen sind.

Für die Durchführung der Betriebsratswahl ist es jedoch sehr wichtig, den Betriebsbegriff korrekt anzuwenden. Schließlich bestimmt sich danach, für welche rechtliche Einheit und damit für welche Arbeitnehmer der Betriebsrat überhaupt gewählt wird. Auch das Wahlrecht, die Wählbarkeit und die Größe des Betriebsrats sind hiervon abhängig.

Problem: Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl bei Verkennung des Betriebsbegriffs

Wenn eine Wahl für einen Betrieb abgehalten wurde, der gar kein „Betrieb“ im Sinne des BetrVG ist, hat das grundsätzlich nicht zur Folge, dass die Wahl nichtig ist. Es handelt sich aufgrund der hohen Komplexität der Materie nicht um einen groben und offensichtlichen Verstoß gegen die Vorschriften des BetrVG. Nur in extremen Ausnahmefällen sehen Gerichte die Wahl als nichtig an. Sie gilt dann ohne weitere Anfechtung als von Anfang an unwirksam und der Betriebsrat entsprechend als nicht gewählt.

Jedoch berechtigt eine fehlerhafte Anwendung des Betriebsbegriffs zur Anfechtung der Wahl. Hierzu berechtigt sind der Arbeitgeber, die Gewerkschaft oder drei Wahlberechtigte gemeinsam. In diesem Fall bleiben jedoch – anders als bei einer Nichtigkeit der Wahl – die gewählten Mitglieder des Betriebsrats im Amt bis ein Gericht rechtskräftig darüber entschieden hat, ob das Wahlergebnis unwirksam ist.

Lösung: Rechtsverbindliche Klärung des Betriebsbegriffs vor der Wahl

Eine Anfechtung der Wahl aus dem Grund, dass der Betriebsbegriff falsch angewendet wurde, ist meist nicht im Sinne des Arbeitgebers, da er die Kosten der Betriebsratswahl tragen muss. Vielmehr hat er oftmals ein Interesse daran, den Betriebsbegriff für die Wahl bereits im Vorfeld rechtsverbindlich klären zu lassen.

Eine solche Möglichkeit eröffnet ihm § 18 Abs. 2 BetrVG. Hiernach kann der Arbeitgeber (ebenso wie der Betriebsrat, der Wahlvorstand und eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft) überprüfen lassen, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt. In vielen Fällen kann man so rechtsverbindlich durch das Arbeitsgericht klären lassen, wie der Betriebsbegriff korrekt auf das eigene Unternehmen anzuwenden ist. An eine solche Entscheidung sind die Beteiligten dann gebunden. Sie schafft also Rechtssicherheit – insbesondere im Hinblick auf die anstehenden Betriebsratswahlen.

Verwandte Beiträge
BetriebsratBetriebsratswahl Kollektivarbeitsrecht Neueste Beiträge

Betriebsratswahl: Weniger Kandidaten als Sitze – und trotzdem gültig? Das BAG sagt: Ja!

Die Betriebsratswahlen 2026 stehen vor der Tür, viele Arbeitnehmervertretungen befinden sich bereits jetzt in den Vorbereitungen für den kommenden Wahlprozess. Die regelmäßigen Betriebsratswahlen sind jedoch nicht nur eine Möglichkeit für die Arbeitnehmer, ihre neuen Vertreter zu wählen, vielmehr bergen die Betriebsratswahlen bekanntlich auch viele rechtliche Risiken und Fehlerquellen. Dies zeigt auch eine neue Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die unter der Kategorie „Gut gemeint ist nicht gleich…
Betriebsrat Kollektivarbeitsrecht Neueste Beiträge Unternehmensführung

7 MIN. Arbeitsrecht für Entscheider (m/w/d) – Episode 80 ab sofort verfügbar!

In unserem Podcast „7 MIN. Arbeitsrecht für Entscheider (m/w/d)“ präsentieren wir Ihnen in nur sieben Minuten die neuesten Themen aus dem Arbeitsrecht im Nachrichtenformat. Ob Sie CEO, Top-Managerin oder HR-Profi sind – hier finden Sie Antworten auf die Fragen, die die Arbeitswelt heute bewegen. Von aktuellen Gesetzgebungen bis zu strategischen Überlegungen im Personalmanagement, unsere erfahrenen Anwältinnen und Anwälte bringen ihre Expertise direkt zu Ihnen. Im…
Betriebsrat Neueste Beiträge

Gefährlich bequem – Schriftliche Stimmabgabe bei Betriebsratswahlen

Im Frühjahr 2026 steht die nächste turnusmäßige Betriebsratswahl an – ein zentrales Ereignis der betrieblichen Mitbestimmung (s. schon Blog-Beträge vom 27. Mai 2025 und 24. Juli 2025). Bereits vor dem offiziellen Wahlzeitraum zwischen dem 1. März und dem 31. Mai sind deutschlandweit tausende Wahlvorstände gefordert, die Wahl ordnungsgemäß vorzubereiten und durchzuführen. Dabei rückt ein Thema zunehmend in den Fokus: die schriftliche Stimmabgabe, besser bekannt als…
Abonnieren Sie den kostenfreien KLIEMT-Newsletter.
Jetzt anmelden und informiert bleiben.

 

Die Abmeldung ist jederzeit möglich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert