Viele Arbeitgeber hat der Umgang mit der Pandemie vor Herausforderungen gestellt. Zur Verhinderung weiterer Ansteckungen und Eindämmung der Ausbreitung des Virus gerieten zunächst Homeoffice und mobile Arbeit ins Blickfeld. Mit schrittweiser Aufhebung der Reisebeschränkungen trat eine Mischung aus Arbeit, Urlaub und Reisen (Workation) in den Vordergrund. Und die bringt arbeitsrechtliche Probleme mit sich.
Mittlerweile pochen zahlreiche Unternehmen auf eine (teilweise) Rückkehr ins Büro. Aber viele Mitarbeiter möchten sich nicht von der lieb gewonnen Freiheit mobilen Arbeitens verabschieden – sondern idealerweise da arbeiten, wo andere Leute Urlaub machen. Muss der Arbeitgeber Auslandsarbeit genehmigen? Das Arbeitsgericht München hat diese Frage (Urteil vom 27.8.2021 – 12 Ga 62/21) verneint.
Worum ging es?
Pandemiebedingt hatte die Klägerin ihre Arbeit seit Juni 2020 aus ihrem Homeoffice in München heraus erledigt. Anfang Mai 2021 beantragte sie bei ihrem Arbeitgeber, ihr Homeoffice für einen Monat ab Ende Mai 2021 in die Schweiz zu verlegen. Sie wolle aus der Wohnung ihres Lebensgefährten in Basel arbeiten. Dort wolle man gemeinsam das Grundrecht auf Familie ausüben. Die Klägerin lebe seit Jahren in einer Partnerschaft mit einem Schweizer, der seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz habe. Schon vor der Pandemie habe sie mehrfach längere Aufenthalte in der Schweiz gehabt, in denen sie auch gearbeitet habe. Und viele Kollegen verrichteten ihre Arbeit aus dem Ausland, insbesondere einer ihrer Vorgesetzten aus der Schweiz heraus.
Die Beklagte, ein IT-Dienstleister mit mehreren Standorten in Deutschland, lehnte den Antrag angesichts der mit Auslandsbeschäftigung verbundenen Rechtsfragen und -risiken ab. Daraufhin beantragte die Klägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die Beklagte müsse ihr die Auslandsarbeit aus der Schweiz genehmigen.
Das Arbeitsgericht München wies den Antrag zurück – mit überzeugender Begründung.
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts München
Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, ihre Arbeit vorübergehend aus der Schweiz heraus erbringen zu dürfen. Die Beklagte habe ihr Direktionsrecht im Hinblick auf die Arbeit im Homeoffice in München beanstandungsfrei ausgeübt.
Der Arbeitgeber könne Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt seien. Weder der Arbeitsvertrag noch eine im Unternehmen geltende Betriebsvereinbarung zur Telearbeit enthielten insoweit eine Gestattung der Auslandstätigkeit. Im Gegenteil enthalte die Betriebsvereinbarung zur Telearbeit ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.
Das Ermessen der Beklagten sei auch nicht mit der Folge reduziert, dass der Klägerin die Arbeit aus dem Ausland heraus zu gestatten sei. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihre frühere – möglicherweise sorgfaltswidrige – Vorgehensweise fortsetze. Denn nicht nur gelegentliche und kurzzeitige Auslandstätigkeit von Mitarbeitern löse rechtlichen Klärungsbedarf in Spezialmaterien aus, die sich nach ausländischem und internationalem Recht richten. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte sich entschieden habe, die damit verbundenen ganz erheblichen Kosten (für Gutachten oder die Einholung rechtsverbindlicher Auskünfte) nicht tragen zu wollen.
Fazit
Das Arbeitsgericht München hat eine gleichermaßen wichtige wie praxisrelevante Frage zum Mobile Working geklärt. Ein Anspruch auf Workation bzw. Homeoffice im Ausland besteht grundsätzlich nicht. Es bleibt dabei, dass der Arbeitgeber den Arbeitsort bestimmt – nicht der Arbeitnehmer. Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern Workation gestatten wollen, sollten von Beginn an die damit einhergehenden komplexen Fragestellungen (Meldevorschriften, Arbeitserlaubnis, ggf. Visum, arbeitsrechtliche, sozialversicherungsrechtliche und lohnsteuerrechtliche Auswirkungen, etc.) im Blick behalten.