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Mitarbeiterbefragungen im Rahmen von Internal Investigations – Keine Regeln, keine Planung?

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Wesentliches Aufklärungsinstrument im Rahmen interner Ermittlungen („Internal Investigations“) sind Mitarbeiterbefragungen. Trotz ihrer großen Bedeutung existieren derzeit keine speziellen gesetzlichen Vorschriften für die Durchführung dieser. Was trotzdem zu beachten ist, zeigt dieser Beitrag.

Zu einer Befragung im Rahmen von Internal Investigations ist jeder Mitarbeiter verpflichtet. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Weisungsrecht des Arbeitgebers. Dass gesetzliche Vorschriften zur Durchführung fehlen, bedeutet nicht, dass Befragungen „konzeptlos“ durchgeführt werden sollten. Denn die durch die Untersuchung angestrebte Aufklärung des Sachverhalts hängt maßgeblich mit dem Verlauf und Ergebnis der Mitarbeiterbefragungen zusammen. Damit die Ergebnisse der Untersuchung (ausreichend) belastbar sind, sollten einige Grundsätze beachtet und eingehalten werden.

Wie ist eine Befragung vorzubereiten?

Eine gute Planung von Internal Investigations ist (fast) alles. Dazu habe wir bereits in unserem Beitrag vom 12. Januar 2022 berichtet. Bezogen auf die Befragung der Mitarbeiter sollten insbesondere folgende Aspekte bei der Vorbereitung beachtet werden:

  • Überprüfung, ob wegen einer im Raum stehenden außerordentlichen Kündigung wegen in § 626 Abs. 2 BGB enthaltenden Zwei-Wochen-Frist Zeitdruck besteht. Hierzu haben wir bereits in unseren Beiträgen vom 7. April 2022 und 3. Januar 2021 berichtet.
  • Bestimmung der Anzahl und Auswahl der zu befragenden Mitarbeiter sowie Festlegung der Reihenfolge der Befragungen.
  • Auswahl des Orts der Durchführung sowie Entscheidung, ob die Befragung in Präsenz oder z.B. per Videocall stattfindet.
  • Erstellung eines (individuellen) offenen Fragenkatalogs.
  • Entscheidung darüber, wer die Befragung durchführt und wie die Befragung protokolliert werden soll.
  • Entscheidung darüber, ob der Mitarbeiter das Recht hat, für die Befragung einen Rechtsanwalt und/oder ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen. Hierauf hat der Mitarbeiter zwar in der Regel keinen Anspruch. Es kann aber aus Sicht des Arbeitgebers unter Umständen empfehlenswert sein, dies (proaktiv) zuzulassen (z.B. um die Aussagebereitschaft zu erhöhen oder Vertrauen zu schaffen).

Wie ist eine Befragung des Mitarbeiters durchzuführen?

Für die Durchführung gilt, dass je mehr diese sich an allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen orientiert, desto belastbarer auch die Erkenntnisse aus der Untersuchung sind. Daher sollten insbesondere folgende Aspekte beachtet werden:

  • Die Interviewer sollten geeignet in die Befragung einleiten. Dazu gehören insbesondere die Erläuterung der Funktion der Interviewer im Rahmen der Untersuchung sowie die (grobe) Darlegung des Sachverhalts, um den es geht.
  • Die Befragung ist anschließend anhand des erstellten offenen Fragenkatalogs durchzuführen. Auch bei der Befragung ist unbedingt darauf zu achten, die Fragen nicht zu eng zu stellen. Wenn möglich sollte es sich um die sogenannten „W-Fragen“ handeln. Keinesfalls sollten Suggestivfragen gestellt werden.
  • Der Mitarbeiter sollte bei der Schilderung seiner Wahrnehmung und des ihm bekannten Wissens möglichst nicht unterbrochen werden. Denn dadurch kann verhindert werden, dass die Interviewer die Befragung (unbewusst) in eine bestimmte Richtung „lenken“.
  • Damit die Erkenntnisse ausreichend verwertbar sind, sollte das Gespräch möglichst genau protokolliert werden. Im Idealfall erfolgt eine wortlautgetreue Protokollierung.

Insgesamt…

… lässt sich festhalten: Es existieren keine zwingenden Vorschriften, die der Befragung von Mitarbeitern bei einer internen Untersuchung einen „Rahmen“ geben. Das macht es für den Arbeitgeber umso wichtiger, sich durch eine gute Planung und strukturierte Durchführung der Befragungen selbst einen solchen Rahmen zu schaffen. Denn nur so kann gewährleistet werden, dass die – in der Regel umfangreiche – Untersuchung auch die gewünschten Erkenntnisse liefert und bei Bedarf arbeitsrechtliche (Disziplinar-)Maßnahmen ausgesprochen werden können.

Christiane Adam


Rechtsanwältin
Associate
Christiane Adam berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben Restrukturierungsprojekten berät sie ihre Mandanten zudem in Kündigungsrechtsstreitigkeiten, im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung.
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