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Elternteilzeit – Begründungspflicht bei Ablehnung im Konsensverfahren

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Die vom Gesetzgeber zum 24. Dezember 2022 in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/1158 neu eingeführte Begründungspflicht bei Ablehnung des Elternteilzeitwunsches von Arbeitnehmern im sogenannten Konsensverfahren wirft Fragen auf. Wir beleuchten diese und geben Tipps für den praktischen Umgang.

Arbeitnehmer können während einer Elternzeit eine Erwerbstätigkeit im Umfang von bis zu 32 Stunden pro Woche im Monatsdurchschnitt ausüben (§ 15 Abs. 4 Satz 1 BEEG) – sogenannte Elternteilzeit. Das Gesetz differenziert hinsichtlich des Verfahrens zwischen einer einvernehmlichen Inanspruchnahme der Elternteilzeit (§ 15 Abs. 5 BEEG – „Konsensverfahren“) und einem erzwingbaren Teilzeitanspruch (§ 15 Abs. 7 BEEG). Wir haben in unserem Blogbeitrag vom 18. August 2021 bereits Hinweise zur Bearbeitung von Elternteilzeitverlangen gegeben. Nunmehr soll das bereits dort erwähnte Konsensverfahren angesichts gesetzlicher Neuerungen noch einmal vertiefter in den Blick genommen werden.

Konsensverfahren nach § 15 Abs. 5 BEEG – neue Begründungspflicht bei Ablehnung

Ausweislich § 15 Abs. 5 BEEG sollen sich die Parteien des Arbeitsvertrages im Grundsatz einvernehmlich über die Beschäftigung in Teilzeit (Verringerung und Verteilung) während der Elternzeit verständigen. Die Einigung nach einem (insoweit auch formlos möglichen) Antrag des Arbeitnehmers soll innerhalb von vier Wochen erfolgen. Dieses Konsensverfahren hat praktisch vor allem in Kleinbetrieben mit 15 oder weniger Arbeitnehmern eine eigenständige Bedeutung, die grundsätzlich nicht verpflichtet sind, Elternteilzeit zu gewähren. Nur in größeren Betrieben besteht unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG ein Rechtsanspruch von Arbeitnehmern auf die Gewährung von Elternteilzeit; erklärt der Arbeitgeber in diesem Fall nicht rechtzeitig schriftlich seine Ablehnung, gilt seine Zustimmung als erteilt (§ 15 Abs. 7 Satz 5 BEEG). Auch in größeren Betrieben ist es Arbeitnehmern aber unbenommen, vorab oder allein Elternteilzeit im Konsensverfahren zu beantragen (was insbesondere vorkommen dürfte, wenn etwa mangels Einhaltung der Wartezeit die Voraussetzungen für eine zwangsweise Durchsetzung nicht vorliegen).

Während im Konsensverfahren lange keine Begründungspflicht bestand, hat sich dies durch die Einführung des § 15 Abs. 5 Satz 4 BEEG nun geändert. Danach hat der Arbeitgeber eine ablehnende Entscheidung binnen vier Wochen nach Antragstellung dem Arbeitnehmer mit einer Begründung mitzuteilen.

Form der Ablehnungsbegründung

Das Gesetz schweigt im Rahmen des § 15 Abs. 5 BEEG zur Form der Ablehnungsbegründung. Daraus könnte man schließen, dass eine schriftliche Begründung nicht erforderlich ist, sondern eine in Textform (E-Mail) gehaltene oder gar mündliche Ablehnung genügt. Dies könnte jedoch den unionsrechtlichen Vorgaben widersprechen. Denn während Art. 9 Abs. 2 Satz 2 der RL (EU) 2019/1158 über „flexible Arbeitsregelungen“ – der ausweislich der Gesetzesmaterialien umgesetzt werden sollte – eine formlose Begründung genügen lässt, sieht die weitere Regelung in Art. 5 RL (EU) 2019/1158 über den „Elternurlaub“ in seinem Absatz 6 ebenfalls eine flexible Arbeitsform („Elternurlaub in flexibler Form“) vor und verlangt dort eine schriftliche Ablehnungsbegründung. Geht man davon aus, dass § 15 BEEG den Elternurlaub insgesamt umsetzen soll, könnte man annehmen, dass die Vorgaben der Richtlinie durch den deutschen Gesetzgeber nur unzureichend umgesetzt worden sind. Vorsichtige Arbeitgeber sollten daher bis zu einer (gerichtlichen) Klärung dieser Frage vorsorglich zur Schriftform greifen. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich im Regelfall ohnehin, eine begründete Ablehnung jedenfalls vorsorglich zu dokumentieren.

Inhaltliche Anforderungen an die Begründung

Während § 15 Abs. 7 BEEG eine Ablehnung nur aus „dringenden betrieblichen Gründe“ gestattet, lässt das Gesetz im Rahmen des § 15 Abs. 5 BEEG offen, welche inhaltlichen Anforderungen an eine Begründung zu stellen sind. Im Gesetzgebungsverfahren hieß es dazu, dass an den Inhalt der Begründung keine hohen Anforderungen zu stellen seien. Dies dürfte auch mit dem Unionsrecht in Einklang stehen. Einfache sachlich nachvollziehbare (d.h. keine willkürlichen) Gründe zur Ablehnung sind damit also im Rahmen des Konsensverfahrens grundsätzlich ausreichend.

Weiterhin keine (direkten) Sanktionen

Die praktischen Konsequenzen bei Verstößen gegen die Begründungspflicht aus § 17 Abs. 5 BEEG, jedenfalls innerhalb des Konsensverfahrens selbst, dürften überschaubar sein.

(Direkte) Sanktionen sind mit einem Verstoß gegen die Begründungspflicht im Konsensverfahren aktuell nicht verbunden. Insbesondere ist – anders als in § 15 Abs. 7 BEEG – weiter kein Einigungszwang vorgesehen, sodass die Gesetzesänderung für Kleinbetriebe (in Abwesenheit anderslautender Rechtsprechung) „zahnlos“ bleibt.

Achtung in Betrieben mit mehr als 15 Arbeitnehmern!

Besondere Vorsicht ist aus unserer Sicht aktuell jedoch in Betrieben mit mehr als 15 Arbeitnehmern in zweierlei Hinsicht bereits angezeigt:

  • Stets ist sorgsam zu prüfen, ob sich ein Elternteilzeitantrag tatsächlich auf eine Geltendmachung im Konsensverfahren beschränkt oder nicht bereits (parallel) die zwangsweise Durchsetzung angestoßen wird (was dem Arbeitnehmer mangels „Rangverhältnis“ der Anträge möglich ist); ggf. wären dann (parallel) ohnehin die klar strengeren Maßstäbe des § 15 Abs. 7 BEEG zu berücksichtigen.
  • Auch wenn das Konsensverfahren tatsächlich isoliert geltend gemacht wird, sollte die ggf. spätere Durchsetzung im Anspruchsverfahren antizipiert sein.
    • So sind zunächst unbedingt widersprüchliche Angaben zu den Ablehnungsgründen in beiden Verfahren zu vermeiden.
    • Zudem ist zu beachten, dass es dem Arbeitgeber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der im Rahmen des § 15 Abs. 7 BEEG erforderlichen, schriftlichen Ablehnungsbegründung verwehrt ist, sich im Streitfall auf Ablehnungsgründe zu berufen, die er nicht bereits in seinem Ablehnungsschreiben aufgeführt hat. Angesichts der vereinheitlichten Formerfordernisse für die Ablehnung einer Elternteilzeit, ist es u.E. denkbar, dass Gerichte diese Grundsätze auch auf die Begründung nach § 15 Abs. 5 Satz 4 BEEG übertragen, d.h. praktisch vorverlagern.

Arbeitgeber sollten daher bereits im Konsensverfahren vorsorglich eine schriftliche Begründung unter Nennung aller Ablehnungsgründe verfassen. Andernfalls besteht ggf. ein Risiko, mit (weiteren) Gründen im Verfahren nach § 15 Abs. 7 BEEG ausgeschlossen zu sein.

Fazit

Die eingeführte Begründungspflicht für die Ablehnung im Konsensverfahren betrifft zwar praktisch zumeist Kleinbetriebe, die eine solche Pflicht bisher nicht kannten. Auch wenn (direkte) Sanktionen bei Nichtbeachtung aktuell nicht bestehen, sollte die Begründungspflicht schon aus Compliance-Gründen beachtet werden.

Für Betriebe mit mehr als 15 Arbeitnehmern gilt es im Konsensverfahren eine etwaige spätere zwangsweise Durchsetzung eines Elternteilzeitbegehrens bereits frühzeitig zu antizipieren.

Sabine Vorbrodt, LL.M.

Rechtsanwältin

Associate
Sabine Vorbrodt berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben Restrukturierungsprojekten berät sie ihre Mandanten zudem in Kündigungsrechtsstreitigkeiten, im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung. Sie ist Mitglied der Fokusgruppe "ESG".
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