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ESG-Management: Die Balance zwischen Beteiligungsrechten und operativen Anforderungen

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Viele Arbeitgeber sind bestrebt, Prozesse und Arbeitsweisen innerhalb von Betrieb und Unternehmen nachhaltiger zu gestalten. Für die ESG-Transformation werden Arbeitnehmervertretungen und Belegschaft häufig beteiligt. Unternehmen sollten dabei zusehen, dass sie einerseits die Entscheidungshoheit über den Wandlungsprozess hin zu einem „grüneren“ Unternehmen behalten und andererseits den Eifer und die Motivation der Belegschaft nicht ausbremsen.

Eine erfolgreiche Transformation zu einem nachhaltigeren Unternehmen erfordert die Bereitschaft von Betriebsrat und Belegschaft, den vom Arbeitgeber vorgezeichneten Weg mitzugehen. Hilfreich kann es daher sein, wenn die Belegschaft dazu motiviert wird, Verbesserungspotential zu identifizieren. Denn dies stärkt zugleich auch die Akzeptanz von ESG-bezogenen Projekten bei den Mitarbeitern. Allerdings muss sich die Eigeninitiative der Arbeitnehmerseite, ebenso wie die vorgeschlagenen Maßnahmen, in einem für den Arbeitgeber vertretbaren Rahmen bewegen. Herausfordernd kann es daher werden, wenn Betriebsräte selbst aktiv werden und zum Beispiel mit speziellen ESG-Apps und selbst erarbeiteten Änderungskonzepten den Weg vordiktieren wollen. Das Thema ESG sollte möglichst nicht zum Betriebspolitikum werden. Arbeitgeber sind daher gut beraten, die Rechte der Arbeitnehmerseite genau zu kennen und ihre ESG-Strategie danach auszurichten.

Mitbestimmung des Betriebsrats bei ESG-Maßnahmen

Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind Themen, die auch im Betriebsverfassungsrecht eine gewichtige Rolle spielen. Einzelne Vorhaben können dabei der erzwingbaren Mitbestimmung unterliegen. Hierzu zählen etwa die Anpassung variabler Vergütungsbestandteile auf nachhaltige Ziele, nachhaltige Verhaltensvorgaben an die Belegschaft oder flexible Arbeitszeitmodelle (siehe hierzu unseren Blogbeitrag vom 20. Juli 2022). Voraussetzung hierfür ist, dass sich der Arbeitgeber zur Implementierung derartiger Maßnahmen entschließt. Ein Initiativrecht des Betriebsrats besteht regelmäßig nicht. Er kann somit auch nicht von sich aus verlangen und durchsetzen, dass der Arbeitgeber nachhaltige Projekte und Aktivitäten umsetzt.

Aus betriebspolitischen Gründen – etwa um Beliebtheit und Unterstützung aus der Belegschaft mit Blick auf eine Wiederwahl zu erlangen – werden häufig sogenannte Kopplungsgeschäfte angestrebt, um favorisierte Angelegenheiten durchzusetzen. Arbeitgeber sollten sich hierbei nicht erpressbar machen und genau überlegen, zu welchen Themen Vereinbarungen getroffen werden sollen. Gleichzeitig müssen die Betriebsräte im Boot bleiben, um aus Unternehmenssicht sinnvolle und notwendige Nachhaltigkeitsmaßnahmen effizient umsetzen zu können. In der Praxis bietet sich dazu der Abschluss von sogenannten ESG Cooperation Agreements an. Dabei handelt es sich um Rahmenbetriebsvereinbarungen, in denen u.a. ausgewählte ESG-Themen, Workflows und Verhandlungsteilnehmer geregelt werden (siehe hierzu unseren Vlog vom 1. September 2022).

Die Rolle von Arbeitnehmern bei ESG-Transformationsprozessen

Arbeitnehmer können als Ideengeber hilfreich für den ESG-Transformationsprozess sein. Zuletzt hat die Praxis aber auch gezeigt, dass Arbeitnehmer mit ihrem Wunsch sich nachhaltig zu verhalten ebenso über das Ziel hinausschießen können. Hochbrisant ist der jüngst vor dem Arbeitsgericht Kiel am 22. Februar 2024 verhandelte Fall eines Wissenschaftlers. Gegen die ausdrückliche Anweisung des Arbeitgebers entschied er sich bei einer Dienstreise gegen eine dreitägige Flugreise und war stattdessen zwei Monate mit Bus, Bahn und Schiff unterwegs. Der Arbeitgeber sprach eine Kündigung aus, die das Arbeitsgericht für wirksam hielt.

Eine klimafreundliche Gestaltung von Dienstreisen stellt im Rahmen einer ESG-Strategie gewiss ein erstrebenswertes Ziel dar. Die Entscheidung verdeutlicht aber, dass Arbeitnehmer nicht dazu befugt sind, ihre Arbeitsleistung in einer aus ihrer Sicht klimafreundlicheren Weise zu erbringen, wenn der Arbeitgeber eine gegenläufige Weisung erteilt. Trotz legitimer Zielverfolgung verbleibt die rechtliche Entscheidungshoheit über die Sinnhaftigkeit und Durchführung von Maßnahmen stets beim Arbeitgeber. Spannend bleibt, wie sich ähnliche Sachverhalte in Zukunft entwickeln werden.

Fazit: Das betriebliche Nachhaltigkeitsmanagement als Balanceakt

ESG-bezogene Transformationsprozesse bedürfen in rechtlicher Hinsicht, je nach Regelungsgegenstand, der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats und in praktischer Hinsicht der Akzeptanz in der Belegschaft. Die Arbeitnehmerseite muss daher ins ESG-Boot geholt werden. Insbesondere sollten Wünsche und Ideen im Rahmen des Transformationsprozesses Gehör und Berücksichtigung finden.

Die Teilhabe der Arbeitnehmerseite an der Konzipierung und Umsetzung von ESG-Maßnahmen ist jedoch nicht grenzenlos und muss insbesondere mit operativen und wirtschaftlichen Aspekten vereinbar sein. Arbeitgeber sind daher gut beraten, für angemessene Kooperationsprozesse bei ESG-Themen zu sorgen. Hierfür bedarf es vor allem einer transparenten Kommunikation über die Planung, Umsetzung und Durchführung von nachhaltigkeitsbezogenen Projekten, damit die richtige Balance gemeinsam gefunden werden kann.

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