Mobiles Arbeiten hat sich im Berufsleben fest etabliert. Dennoch bleibt der persönliche Austausch im Büro wichtig. Daher entscheiden sich immer mehr Unternehmen dafür, ihre Präsenzquoten im Büro zu erhöhen (siehe Blog-Beitrag vom 13. Februar 2024). Ein verbreiteter Ansatz ist die unternehmensweite Anordnung, mobiles Arbeiten auf ein bis zwei Tage pro Woche zu beschränken. Doch muss man hierbei den Betriebsrat beteiligen? Was ist zu beachten, wenn ein Arbeitgeber eine solche Änderung vornehmen möchte? Und inwiefern kann der Betriebsrat bei der Rückkehr der Mitarbeiter behilflich werden?
Einführung und Beendigung der mobilen Arbeit ohne Beteiligung des Betriebsrats möglich
§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG verleiht Betriebsräten ein Mitbestimmungsrecht bei der „Ausgestaltung von mobiler Arbeit“. Ausweislich der Gesetzesbegründung verbleibt die Entscheidung, „ob“ mobiles Arbeiten überhaupt eingeführt wird, beim Arbeitgeber. Das Mitbestimmungsrecht beschränkt sich auf die Ausgestaltung und damit die Frage, „wie“ mobiles Arbeiten erfolgt. Daraus ergibt sich: Auch die Entscheidung, ob mobiles Arbeiten vollständig beendet wird, trifft allein der Arbeitgeber.
Anteil an der Gesamtarbeitszeit als mitbestimmungspflichtige Ausgestaltungsfrage?
Zu Abgrenzungsproblemen führt die Frage, ob die Reduzierung des Anteils mobiler Arbeit an der Gesamtarbeitszeit (z.B. nur noch 1 Tag Home-Office/Woche anstatt vorheriger 3 Tage Home-Office/Woche) bereits als inhaltliche Ausgestaltungsfrage gilt und daher der Betriebsrat zu beteiligen ist, oder ob es noch unter die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers fällt, ob mobiles Arbeiten überhaupt erlaubt wird. Während die vollständige Beendigung mobiler Arbeit eindeutig mitbestimmungsfrei erfolgen kann, gibt es unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen darüber, ob der Betriebsrat bei der Reduzierung des Anteils an mobiler Arbeit beteiligt werden muss. Das Landesarbeitsgericht (LAG) München sieht in seinem Beschluss vom 10. August 2023, Az. 8 TaBVGa 6/23 die Festlegung eines bestimmten Anteils mobiler Arbeit als nicht mitbestimmungspflichtig an, während das LAG Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 30. Januar 2024, Az. 8 TaBV 748/23 eine Beteiligung des Betriebsrats für notwendig erachtet. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist zu dieser Thematik noch nicht ergangen.
Dabei streiten gewichtige Argumente für die Auffassung des LAG München. Der Wortlaut des § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG und die Absicht des Gesetzgebers sprechen dafür, nur die konkrete Ausgestaltung der Arbeit einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu unterwerfen. Die Festlegung eines bestimmten Anteils mobiler Arbeit an der Gesamtarbeitszeit ist eng mit der mitbestimmungsfreien unternehmerischen Entscheidung verbunden, ob überhaupt mobil gearbeitet werden darf und sollte deswegen nicht der erzwingbaren Mitbestimmung unterliegen dürfen.
Gestaltungsoption: freiwillige betriebliche Regelungen
Unabhängig davon, ob eine Mitbestimmung des Betriebsrats rechtlich erforderlich ist, kann es sinnvoll sein, den Betriebsrat einzubinden und mit ihm eine freiwillige Betriebsvereinbarung zu vereinbaren (§ 88 BetrVG). Denn gemeinsam können die Betriebsparteien in einer Betriebsvereinbarung einheitliche Regelungen über einen verringerten Anteil der mobilen Arbeitszeit treffen. Gerade wenn Arbeitgeber bei der Einführung der mobilen Arbeit keine Regelungen in Bezug auf Einschränkungs- und Beendigungsmodalitäten getroffen haben, kann eine Betriebsvereinbarung das Mittel der Wahl darstellen, um eine höhere Anwesenheitsquote im Büro zu erreichen. Dabei kann der Betriebsrat den Arbeitgeber dabei unterstützen, durch die Betriebsvereinbarung – die für alle Mitarbeiter gilt – eine höhere Akzeptanz zur Rückkehr ins Büro durch die Mitarbeiter zu erlangen.
Abänderung individueller Regelungen durch Betriebsvereinbarung
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können dabei ihre einzelvertraglichen Vereinbarungen so gestalten, dass Betriebsvereinbarungen die Regelungen im Arbeitsvertrag oder Ergänzungsvereinbarungen überlagern. In den zu ändernden Vereinbarungen muss eine betriebliche Änderungsmöglichkeit nicht ausdrücklich vereinbart sein. Es reicht aus, wenn der Arbeitgeber einheitliche Arbeitsbedingungen gewährleisten möchte und die Arbeitnehmer schon beim Abschluss des Arbeitsvertrages oder einer etwaigen Zusatzvereinbarung damit rechnen mussten. Entscheidend ist, ob für die Arbeitnehmer erkennbar war, dass einheitliche Vertragsbedingungen im Betrieb gelten sollen. In diesen Fällen können in einer Betriebsvereinbarung Abweichungen auch zuungunsten der Arbeitnehmer erfolgen.
Regelungen zur mobilen Arbeit gelten in der Regel als übliche Vertragsbedingungen, bei denen Arbeitnehmer mit Änderungen zur Angleichung der Arbeitsbedingungen rechnen müssen. Wenn eine Betriebsvereinbarung deswegen festlegt, dass wöchentlich an maximal zwei Tagen mobil gearbeitet wird, überlagert die Betriebsvereinbarung den Arbeitsvertrag oder eine Ergänzungsvereinbarung dahingehend, auch wenn vorher beispielsweise drei oder vier Tage an mobiler Arbeit einzelvertraglich zugesichert wurden.
Fazit
Bei der Rückkehr ins Büro haben betriebliche Regelungen bisher wenig Beachtung gefunden. Bei näherer Betrachtung offenbaren sie sich als wirkungsvolles Gestaltungsinstrument und sollten von Arbeitgebern ins Repertoire aufgenommen werden, wenn sie die Präsenzquote der Arbeitnehmer erhöhen möchten. Dabei können insbesondere Betriebsvereinbarungen, die für alle Mitarbeiter Geltung entfalten, die Akzeptanz in der Belegschaft für die Rückkehr ins Büro stärken.
Vielen Dank an Timm Weingartz (wissenschaftlicher Mitarbeiter im Düsseldorfer Büro) für die Mitwirkung bei der Erstellung des Beitrags.