Die fortschreitende Globalisierung beeinflusst das gesamte Wirtschaftsleben und so auch das deutsche Arbeitsrecht. In grenzüberschreitenden Unternehmen und Konzernen kommt es nicht selten zu Konflikten zwischen den deutschen Betriebsverfassungsorganen, ihrem inländischen Gegenüber und der ausländischen Steuerungsebene. Doch kann man in internationalen Unternehmen und Konzernen einen Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat, Wirtschaftsausschuss und Konzernbetriebsrat überhaupt errichten?
Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat, Wirtschaftsausschuss und Konzernbetriebsrat sind die zentralen Arbeitnehmervertretungsgremien des BetrVG. Sie üben Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte gegenüber der Arbeitgeberseite aus. Immer häufiger sind Unternehmen und Konzerne jedoch nicht auf Deutschland beschränkt, sondern haben ihren Sitz oder einzelne Betriebe im Ausland. Dann stellt sich die Frage, ob die genannten Betriebsverfassungsorgane hier wirksam gebildet werden können.
Betriebsrat
In inländischen Betrieben, welche die allgemeinen Schwellenwerte des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrVG erreichen, können die Arbeitnehmer einen Betriebsrat wählen. Ausgeschlossen ist die Errichtung eines Betriebsrats nach dem BetrVG hingegen in Betrieben außerhalb Deutschlands. Der Sitz des Unternehmens oder Konzerns spielt insoweit keine Rolle.
Gesamtbetriebsrat und Wirtschaftsausschuss
Für den Wirtschaftsausschuss hat das BAG entschieden, dass dieser in einem ausländischen Unternehmen gebildet werden kann. Jedoch ist – zusätzlich zu den in § 106 Abs. 1 BetrVG normierten Voraussetzungen – für die (mehreren) deutschen Betriebe eine einheitliche organisatorische Zusammenfassung im Inland erforderlich. Betreffend den Gesamtbetriebsrat gem. § 47 Abs. 1 BetrVG fehlt es zwar bislang an einer entsprechenden Entscheidung des BAG. Jedoch spricht alles dafür, die zum Wirtschaftsausschuss genannte Voraussetzung einer einheitlichen organisatorischen Zusammenfassung im Inland zu übertragen. Für beide Gremien gilt dabei: Sie repräsentieren nur die Arbeitnehmer deutscher Betriebe. Ausländische Arbeitnehmervertretungsgremien können bei der Bildung von Gesamtbetriebsrat und Wirtschaftsausschuss folglich nicht mitwirken.
Konzernbetriebsrat
Die Errichtung eines Konzernbetriebsrats (§ 54 Abs. 1 BetrVG) bei einer ausländischen Konzernspitze ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG ausgeschlossen. Zulässig ist es jedoch, einen Konzernbetriebsrat bei einer inländischen Teilkonzernspitze zu bilden. Man spricht von einem „Konzern im Konzern“. Erforderlich hierfür ist eine inländische Tochtergesellschaft, bei der arbeitsrechtlich relevante Entscheidungen getroffen werden und die mindestens eine Enkelgesellschaft hat. Auch für den Konzernbetriebsrat gilt im Übrigen: Er repräsentiert nur die Arbeitnehmer deutscher Betriebe und ausländische Arbeitnehmervertretungsgremien können bei seiner Bildung nicht mitwirken.
Praxishinweis
Die Arbeitgeberseite hat zahlreiche Möglichkeiten, durch geschickte Strukturierung des internationalen Unternehmens oder Konzerns Einfluss darauf zu nehmen, ob die Voraussetzungen für die Errichtung der einzelnen Betriebsverfassungsorgane vorliegen. Zudem gibt es Gestaltungsmodelle, mit denen man in grenzüberschreitenden Sachverhalten die einzelnen Beteiligungsrechte von Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat, Wirtschaftsausschuss und Konzernbetriebsrat gezielt (und legal) einschränken kann. Gut beratene „Entscheider“ wissen, diese Handlungsoptionen zu nutzen.