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Zusammenarbeit mit Handelsvertretern: Worauf Unternehmen achten sollten (Teil 1)

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Handelsvertreter sind ein zentraler Bestandteil der Vertriebsstrategie vieler Unternehmen. Ihre Beauftragung hat zahlreiche Vorteile: Anders als bei fest angestellten Vertriebsmitarbeitern fallen für sie keine Personalkosten, Lohnnebenkosten oder Kosten für den Arbeitsplatz an. Das Unternehmen bleibt direkter Vertragspartner der Kunden. Was Unternehmen beachten sollten, bevor sie Handelsvertreter engagieren, erläutern wir in einer zweiteiligen Serie. Dieser erste Teil beleuchtet die wichtigsten Punkte, die bei der Beauftragung von Handelsvertretern berücksichtigt werden sollten. Im zweiten Teil werden der Ausgleichsanspruch und der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs dargestellt.

Handelsvertreter spielen eine zentrale Rolle im Vertrieb und sind häufig für den Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen verantwortlich. Ihr Erfolg ist maßgeblich an klare vertragliche Regelungen gebunden, die sowohl die Erwartungen des Unternehmens als auch die Rechte und Pflichten der Handelsvertreter definieren. Eine sorgfältige Planung und Ausgestaltung dieser Vereinbarungen ist unerlässlich, um Missverständnisse und rechtliche Konflikte zu vermeiden.

Abschluss und Inhalt des Handelsvertretervertrags

Der Handelsvertretervertrag ist das zentrale Element der Zusammenarbeit. Er sollte detailliert und klar formuliert sein. Rechtlich bedarf der Handelsvertretervertrag keiner bestimmten Form, kann also auch mündlich abgeschlossen werden. Aus Beweisgründen empfehlen wir aber, den Vertrag schriftlich abzuschließen. Wichtige Punkte, die im Vertrag geregelt werden sollten, sind die Folgenden:

Provision

Der Vertrag sollte klare Regelungen zur Höhe, Fälligkeit und Auszahlung der Provision enthalten. Für jedes vermittelte oder abgeschlossene Geschäft erhält der Handelsvertreter üblicherweise eine Provision. Die Höhe dieser Provision richtet sich in erster Linie nach der Vereinbarung zwischen den Parteien. Fehlt eine solche Vereinbarung, gilt nach § 87b Abs. 1 HGB der übliche Satz als vereinbart. Die Provisionshöhe kann grundsätzlich frei vereinbart werden, jedoch kann eine unangemessen niedrige Provision als unwirksam gelten, wenn sie in einem groben Missverhältnis zur Leistung des Handelsvertreters steht. Auch der Inhalt der Provisionsvereinbarung kann frei ausgehandelt werden. So kann die die Provisionshöhe bspw. nach Geschäftsart, Umfang des Geschäfts oder Geschäftspartner variieren.

Vertragsgebiet, Kundenkreis und Bezirksvertreterabrede

Der Vertrag sollte eine Definition des geographischen Gebiets und der Kundengruppen enthalten, für die der Handelsvertreter zuständig ist. Ferner sollte sich der Unternehmer klar sein, ob eine Bezirksvertreterabrede getroffen werden soll. Wenn ja, sollte diese klar formuliert werden.
Hintergrund ist, dass der Provisionsanspruch eines Handelsvertreters grundsätzlich nur unter der Voraussetzung entsteht, dass die Tätigkeit des Handelsvertreters für den Abschluss des Kundengeschäfts ursächlich geworden ist. Haben die Parteien jedoch eine Bezirksvertreterabrede getroffen, steht dem Bezirksvertreter eine Provision unabhängig von eigener Mitwirkung zu, soweit der Abschluss unter Beteiligung des Unternehmers mit Personen seines Bezirks zustande kommt. Ein solcher „erweiterter“ Provisionsanspruch gilt als Gegenleistung dafür, dass der Handelsvertreter es übernimmt, einen bestimmten räumlichen Bezirk in konzentrierter Weise zu betreuen.

Die Bezirksvertreterabrede muss aber zwischen den Parteien vereinbart werden. Da die Begründung einer Bezirksvertretung nicht der gesetzliche Regelfall ist, müssen sich aus der Vereinbarung hinreichende Anhaltspunkte für eine derartige Gestaltung ergeben. Insbesondere muss der Bezirk nach räumlichen oder personellen Kriterien hinreichend abgrenzbar sein, wobei die bloße Zuweisung eines Vertragsgebiets in der Regel nicht ausreicht. Wir empfehlen daher in einem schriftlichen Handelsvertretervertrag ausdrücklich zu regeln, ob der Handelsvertreter als Bezirksvertreter tätig wird oder nicht.
Wenn keine Bezirksvertreterabrede getroffen wird, sollte der Unternehmer genau festlegen, welche Kunden von der Provisionsvereinbarung erfasst werden sollen. Üblicherweise betrifft dies nur Kunden, die der Handelsvertreter ursächlich geworben hat. Es ist jedoch auch möglich, dass der Handelsvertreter Bestandskunden übernimmt. In solchen Fällen empfiehlt es sich, eine Abschlagszahlung zu vereinbaren.

Pflichten des Handelsvertreters

Der Handelsvertretervertrag sollte zudem konkrete Vorgaben zu den Aufgaben und Pflichten des Handelsvertreters, wie etwa Berichtspflichten, enthalten, wenngleich diese nicht die Selbstständigkeit des Handelsvertreters in Frage stellen dürfen. So sind bspw. konkrete Vorgaben für eine Mindestanzahl monatlicher Kundenbesuche durch den Handelsvertreter zu vermeiden, da mit solchen Klauseln die Selbständigkeit des Handelsvertreters beschränkt werden würde. Der Handelsvertreter muss in der Gestaltung seiner Tätigkeit und Bestimmung seiner Arbeitszeit im Wesentlichen frei bleiben.

Exklusivität und Gebietsschutz

Die bloße Zuweisung eines Tätigkeitsgebiets hindert das Unternehmen in der Regel nicht daran, in dem Gebiet weiter selbst oder durch Einsatz anderer Handelsvertreter tätig zu werden. Soll ein besonderer Schutz für den Handelsvertreter begründet werden, dann können die Alleinvertretung, besondere Exklusivrechte oder Gebietsschutz jedoch explizit vereinbart werden.

Vertragsdauer und Vertragsbeendigung

Die Kündigungsfrist ergibt sich grundsätzlich aus § 89 Abs. 1 HGB. Diese Regelung enthält eine Staffelung der Kündigungsfrist nach der Vertragsdauer und sieht bspw. vor, dass ein unbefristetes Handelsvertreterverhältnis nach fünf Jahren mit einer Frist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendermonats gekündigt werden kann. Die gesetzlich bestimmte Kündigungsfrist kann im Rahmen einer vertraglichen Abrede zwar verlängert, aber nicht verkürzt werden. Wird eine Verlängerung der Kündigungsfrist vereinbart, so darf diese für den Unternehmer nicht kürzer bemessen sein als für den Handelsvertreter. Alternativ kann auch eine Befristung des Handelsvertreterverhältnisses vereinbart werden.

Vanessa Meißner, LL.M.

Rechtsanwältin

Senior Associate
Vanessa Meißner berät nationale und internationale Unternehmen vorwiegend in der Gestaltung von Anstellungs-, Aufhebungs-, und Abwicklungsverträgen. Darüber hinaus konzentriert sie sich auf betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
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